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Spion auf der Flucht

Spion auf der Flucht

Titel: Spion auf der Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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jetzt 40 — Meter zurückgefallen. „Manche Maler sehen Gespenster, wo gar
keine sind. Und du beeilst dich umsonst.“
    „Immer mir nach!“ rief Tim und legte
noch einen Zahn zu.

4. Das Foto im Klo
     
    Ludwig Dröselhoff, Konstrukteur bei
WBCB und Lattmanns Nachbar, spürte, wie Furcht in ihm aufstieg.
    Sein Foto fehlte.
    O ja, es fehlte.
    Mittags war er im werkeigenen Ruheraum
gewesen, um nach dem Kantinen-Menü ein Zehn-Minuten-Nickerchen runterzupofen.
    Da hatte er gesehen: Sein Foto hing
nicht mehr an der Bildtafel.
    Natürlich merkte das niemand außer ihm.
    Das Foto zeigte nur ihn: Ludwig
Dröselhoff, 36 Jahre, 181 cm — eigentlich nur 180,01 cm; aber da kann man ja
mogeln — , mittelblond, mit höhensonne-braunem Gesicht und dem nach innen
gekehrten Blick des technischen Tüftlers.
    Er war eitel genug, sein Foto täglich
mit einem Blick zu streifen.
    Jetzt fühlte er sich beunruhigt,
alarmiert, Angst war im Verzug.
    Etwa 40 Fotos waren auf der Bildtafel
mit Reißzwecken befestigt. Sie zeigten leitende Angestellte, gewichtige
Führungskräfte von WBCB, dem weltbeherrschenden Computer-Hersteller.
    Während des WBCB-Sommerfestes hatte ein
Fotograf die Bilder geschossen. Und hier Muster zur Ansicht aufgehängt, wo sie
nun immer noch hingen. Weil sich keiner dafür verantwortlich fühlte — außer dem
Fotografen. Aber der hatte seinen Auftrag längst erledigt. Was danach war,
interessierte ihn einen Dreck.
    Dröselhoff schlurfte zweimal an der
Bildtafel vorbei, holte dann eine Flasche Bier aus dem Automaten und spürte,
wie sich seine gebräunte Haut verspannte.
    Sofort — es konnte nicht anders sein —
bewegten sich seine Gedanken in eine bestimmte Richtung.
    Rödermeyer! Ottmar-Jürgen Rödermeyer!
Ging der diesmal aufs Ganze?
    Argwöhnisch sah Ludwig sich um.
    Nur eine ältliche Chefsekretärin war
anwesend. Zum Entspannen hatte sie sich auf einer Liege ausgestreckt. Natürlich
schlief sie sofort ein, und jetzt gurgelten Schnarchlaute aus dem
halbgeöffneten Mund.
    Ludwig nahm sein Bier — und allen Mut
zusammen. Eilig tigerte er in sein Büro zurück.
    Rödermeyer! 44 Jahre hatte der auf dem
Speckbuckel. Er war Junggeselle, Golfspieler und — Chefingenieur.
    Nach außen hin verkörperte er ein
beneidenswertes Dasein, denn an Freundinnen fehlte es ihm nicht.
    Aber Ludwig hatte den Typ in der Hand.
Wie eine gefangene Fliege hielt er ihn in der geschlossenen Faust.
    Und die Erpressung ging jetzt bereits
in den vierten Monat.
    Von seinem Gehalt — und das konnte sich
sehen lassen — mußte Rödermeyer ein volles Drittel bei Ludwig Dröselhoff
abliefern. Heimlich, selbstverständlich.
    Einem Zufall verdankte Ludwig dieses
Zubrot.
    Denn zufällig hatte er beobachtet, wie
Rödermeyer sich mit Jacques Perrigon, genannt Chippy — was von Chip ( Halbleiterplättchen
in der Mikroelektronik) abgeleitet war — wie Rödermeyer sich mit Perrigon
traf.
    Das Vertrackte daran war, daß es sich
bei dem Franzosen Perrigon um den Chef-Konstrukteur von Ashburn-Centre,
Computer-Bau, handelte — dem zweitgrößten Konzern und schärfsten Konkurrenten
von WBCB.
    Rödermeyer hatte Chippy geheime Pläne
ausgehändigt.
    Dröselhoff, der fast immer seine
winzige Pocket-Kamera bei sich trug, hielt die Szene fest.
    Ein lupenreiner Fall von Verrat im Zuge
der Industrie-Spionage.
    Anfangs war Ludwig empört gewesen.
Entlarven wollte er den miesen Typ — ihn an allerhöchster Konzernstelle zum
Abschuß freigeben. Aber dann meldete sich plötzlich die Versuchung in Ludwigs
Gemüt. Der Teufel Geldgier flüsterte ihm einen Plan ein; und statt den Verrat
aufzudecken, wurde Ludwig zum Erpresser.
    Rödermeyer, dem Golfspieler, blieb
nichts anderes übrig, als sich zu fügen.
    Anfangs schwitzte er blutigen
Angstschweiß. Aber dann fing er seine galoppierenden Nerven wieder ein und nahm
die Sache nicht ohne Gegenwehr hin.
    Am Freitagabend vor vier Wochen hatte
ein Muskelmann auf Ludwig Dröselhoff im Parkhaus gelauert. Nur ganz knapp war
Ludwig entkommen.
    Rödermeyer bestritt zwar, daß er damit
was zu tun habe. Und der Vorfall wiederholte sich nicht, aber Dröselhoff war
auf der Hut.
    Von den Fotos, die Rödermeyer und
Perrigon zeigten, besaß er mehrere Abzüge. Einige verwahrte er zu Hause, einige
an einem geheimen Ort, einige in der Brieftasche.
    15.30 Uhr. Dienstschluß.
    Wegen gleitender Arbeitszeit war das
möglich. Jedenfalls für Ludwig. Für Rödermeyer sowieso.
    Im allgemeinen blieb Ludwig zwar
länger. Immer so, daß

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