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Spion auf der Flucht

Spion auf der Flucht

Titel: Spion auf der Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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zum weit
geöffneten Fenster.
    „Besser, ich schließe das, wie?“ Er
lachte.
    Klößchen kam mit einem großen Glas aus
der Küche. Er hatte das Wasser ablaufen lassen, bis es kühl wurde. Das Glas
beschlug, das Wasser perlte als wäre es mit Kohlensäure versetzt. Klößchen
schlürfte geräuschvoll.
    Falls ich mich irre, dachte Tim, werde
ich mich mit meiner Entschuldigung schwertun.
    Ein gepolsteter Lederhocker stand im
Weg.
    Tim hob ihn hoch, trat hinter
Blassmüller und schlug ihm das Sitzmöbel über den Schädel.
    „Ähhhhh...“, ächzte der Kerl.
    Ihm knickten die Knie ein. Aber er war
wie aus Eisen. Er wollte sich umdrehen. Tim mußte die Kopfnuß wiederholen.
    Der Getroffene grunzte. Vor dem Fenster
streckte er sich der Länge nach aus. Mit verdrehten Augen und Atmung auf
Sparflamme.
    Klirrend zerschellte Klößchens Glas auf
dem Boden.
    „Tim!“ schrie er. „Bist du... bist
du... Was...“ Er stotterte, hatte vor Schreck runde Augen und geblähte Nüstern.

    Tim stellte den Hocker ab.
    „Wir brauchen was, womit wir ihn
fesseln können, Willi. Schnell!“
    Er rannte an seinem dicken Freund vorbei
in die Diele. Von dort ins Atelier.
    „Du solltest dem Maler helfen“, quäkte
Klößchen, „nicht ihn... ihn k. o. schlagen. Was ist los?“
    Im Atelier sah Tim sich um.
    Hier gab es Malutensilien wie Flach-,
Haar-, Rund- und Grundierpinsel, Tuben mit Ölfarbe zuhauf, Firnis, ein
Palettenmesser, Malspachtel und Keilrahmen. Malleinen — noch ohne Rahmen — war
gestapelt. Neben den Atelierstaffeleien stand eine Feldstaffelei.
    Aber er sah kein Stück Strippe, keinen
Bindfaden, kein Seil, keinen Riemen.
    „Begreifst du denn nicht?“ sagte Tim.
„Das ist nicht Blassmüller, sondern der Schlägertyp. Der hat nur gleich
gecheckt, daß ich den Maler nicht kenne und mit uns sein Spielchen versucht,
weil er Minderjährige nicht für voll nimmt. Klar?“
    Klößchen kam herein und ließ immer noch
den Mund offen.
    „Aber wieso denn? Du kennst doch beide
nicht.“
    „Gib mal das Beil, das da liegt. Hinter
dir! Auf der Kiste. Ich muß mich bewaffnen.“
    Klößchen, der davor stand, aber
Verwirrung im Blick hatte, fand das Beil nicht sofort. Tim mußte sich selbst
bemühen.
    „Du hast recht“, erklärte er. „Ich
kenne weder Blassmüller noch den Schläger. Aber von dem Maler weiß ich, daß er
zur Zeit nur Selbstporträts malt. Sie hängen überall. Da! Da! Da! Da! Na, ist
das vielleicht der blonde Gorilla?“
    Klößchen glotzte die Bilder an.
    Sie zeigten einen hageren, finster
blickenden, dämonischen Wuschelkopf, in dessen nachtschwarzen Kräuselbart für
100 Motten Platz war.
    „Hab mich schon gewundert“, murmelte
Klößchen. „Dachte, soviele Verwandte kann der doch nicht haben. Zumal die sich
alle so ähnlich sind.“
    „Das ist Blassmüller. Immer wieder
Blassmüller. Und jetzt wollen wir den Gorilla mal fragen, was er mit Meister
Klecksel gemacht hat.“

    Tim lief zum Wohnraum, packte das Beil
fest am Stiel und war überzeugt, daß es als Drohung genügte.
    Auf der Schwelle stoppte er.
    Scheibenkleister! dachte er ärgerlich.
    Klößchen stolperte hinter ihm her,
bremste zu spät und stieß ihn ins Kreuz.
    Der Gorilla war verschwunden.
    Bevor ihn die erste Kopfnuß traf, hatte
er einen Fensterflügel geschlossen. Jetzt war auch der weit geöffnet, als hätte
der Typ viel Platz gebraucht bei seiner Flucht. Die Geranien im Blumenkasten
waren abgeknickt, teilweise. Durch das Nachtschattenfeld, das auch an der
Rückfront wuchs, führte ein getrampelter Pfad bis unter die Bäume.
    Tim beugte sich hinaus.
    „Er ist nicht mehr zu sehen“,
berichtete er. „Muß der einen harten Schädel haben! Natürlich habe ich nur mit
halber Kraft hingelangt. Ich wollte ja nicht seine graue Masse aus der Bahn
werfen oder ihn auf Spätschäden programmieren. Wie bei Nante, dem
Stehauf-Tiger. Nach 101 Niederschlägen in seiner langen Boxerlaufbahn hatte er
zum Schluß das Buchstabieren verlernt.“
    „Vielleicht hätte er beim 99.
Niederschlag aufhören sollen“, grinste Klößchen. „Wo ist denn nun Blassmüller?“
    Sie fanden ihn im Keller.
    Er war gefesselt und geknebelt, hatte einen
Liter Angstschweiß verloren und nicht nur mit seiner schwachen, selbstsüchtigen
Periode abgeschlossen, sondern auch mit dem Leben.
    Auf Tim und Klößchen gestützt,
schleppte er sich die Kellertreppe hinauf. Im Wohnraum sank er aufs Sofa. Mit
schwacher Stimme verlangte er Wein. Klößchen fand zwei Flaschen in der

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