Splitternest
trafen, warst du längst verflucht … Drafurs Maske, Drafurs Mantel hatten dich der Welt entrissen. Aber blicke ich in dein Gesicht, dann sehe ich dieselben Wunden, die auch ich trug. Ich hätte dich niemals auf Sternengängers Welt zurückgelassen. Wir beide, die so viel erduldet haben, gehören nicht dorthin. Wir kehren heim nach Gharax … siehst du die Lichter in der Ferne, den Feuerschein?
Es ist das Auge der Glut.
Ich werde den Weg finden.
Und dann waren die Flammen nah, ganz nah. Sie leckten über seine Haut, streichelten und begrüßten Nhordukael mit lautem Knistern, Züngeln, Prasseln. Das Auge der Glut hieß ihn willkommen, reichte ihm die roten Hände und trug ihn aus der Sphäre.
Die Luft um Nhordukael flimmerte. Glühender Staub wehte über das Palidonische Hochland. Der Brennende Berg spie Feuer; doch um ihn war die Lava erkaltet. Graues, wuchtiges Gestein, bedeckt mit Asche.
Über ihm schwebten die Nebelkinder, ihre weißen, schlanken Körper wie Schwaden aus Dampf. Sie beobachteten Nhordukael, als die Flammen ihn zum Fuß des Berges trugen. Seine Zehen streiften den Grund. Hitze wallte auf.
Behutsam bettete Nhordukael das tote Kind auf die Steine. Asche tanzte um den Leichnam, sank auf das bleiche Gesicht nieder, deckte die Wunden zu.
Nhordukael kniete sich neben ihn. Er schwieg. Das Herz war ihm schwer, als er Laghanos betrachtete.
Wir kehren heim, Laghanos.
Drei der Nebelkinder näherten sich; es waren die Scaduif Sazeeme, Aquazzan und Quazzusdon. Nhordukael hörte sie wispern. Ihre Stimmen waren erfüllt von Trauer.
»Hast ihn zurückgebracht, den Auserkorenen.« Aquazzan, der Rotgeschuppte, beugte sich über den Leichnam. »Hast ihm Drafurs Maske abgenommen … wie du versprochen hast.«
»Er hat sie lange genug getragen.« Nhordukael sah den Scaduif feindselig an. »Ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt. Sternengänger ist besiegt, die Quellen sind frei, und der Pakt ist erneuert.« Er klaubte einen erkalteten Lavabrocken vom Boden auf und legte ihn auf die Brust des toten Kindes. »Geht nun. Was ihr Laghanos angetan habt, könnt ihr nicht ermessen. Lasst ihn in Frieden ruhen.«
Aquazzan widersprach nicht. Er kehrte zu den anderen Scaduif zurück, und die aufwirbelnde Asche schmiegte sich um ihre Körper.
Nhordukael nahm einen weiteren Stein, einen dritten, einen vierten, und deckte Laghanos mit ihnen zu. Er wollte weinen und konnte es doch nicht.
Wer der Sphäre zu nahe kommt, den zeichnet sie für immer. Sie dringt in uns, verändert uns, fesselt uns an ihre Magie … dich, Laghanos, und mich und Baniter Geneder. Wir alle tragen diesen Keim in uns und müssen ihn erdulden.
Mit düsteren Gedanken begrub er Laghanos, Stein um Stein am Fuß des Brennenden Berges. Und oben vom Gipfel sahen die Weißstirne auf ihn herab, mit glühenden Augen, ihre Körper verkohlt wie der seine.
Seine treuen Anhänger warteten auf ihn.
Tief im Erdreich, unter der verbrannten Kruste, schlummerte die Saat. Sie würde ruhen, begraben unter den Splittern der zerstörten Welt, verschüttet und vergessen.
Doch eines Tages, in einer fernen Zukunft, würde sie den Weg nach oben finden und erneut gedeihen.
Auf diesen Tag würde sie warten, und schlafen.
Die Saat stirbt nie.
DANKSAGUNG
Das Zeitalter der Wandlung endet, und damit ein Abschnitt meines Lebens, der fast sieben Jahre umfasst.
Am Ende bleibt mir nur, den vielen Menschen Dank auszusprechen, ohne die es diese umfangreiche Tetralogie nicht in der vorliegenden Form gäbe:
An erster Stelle den Lesern, die mich durch die Welt Gharax begleitet haben und durch Nachfragen, Anregungen und Hinweise selbst zu ihrer Wandlung beigetragen haben.
Weiterhin meinen Freunden, die mir stets Mut gemacht haben und mit denen ich immer wieder über die Splitter meiner Geschichte sprechen konnte – vor allem Asysa und Marco.
Dann natürlich dem Piper Verlag, der diese ungewöhnliche Buchreihe unterstützt und herausgebracht hat. Ein besonderer Dank geht dabei an Carsten Polzin, der das »Zeitalter der Wandlung« betreut hat.
Meiner Lektorin Angela Kuepper, die sich all die Jahre auf die verschlungenen Pfade meiner Formulierungskunst begeben hat und mir manches Mal Zuversicht gab.
Martina Vogl vom Heyne Verlag für ihre Entdeckung der Welt Gharax, des Nebelrisses und des Autors.
Meiner Schwester Hjördis für ihre schönen Karten, meiner Mutter für die Bilder auf der Webseite, meiner Schwester Dagmar für tröstende Worte in
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