Splitterseelen
mir niemand gesagt, dass ich es mit einem Seeelenzwilling zu tun bekomme, der einen Hörschaden hat? Also noch einmal für taube Mitglieder der Menschheit: Willkommen in Udeah, bevölkert …“
Jason hob die Hand und Mijo unterbrach sich sofort. „Ja bitte? Der Herr dort in der ersten Reihe?“
„Wo genau liegt Udeah?“
„Jenseits der Spiegel.“
„Wie sind wir hierher gekommen?“
„Durch einen Spiegel.“
Jason seufzte und Mijo musterte ihn gespannt.
„Ist das Quiz bereits vorbei?“, fragte er, als Jason nichts mehr sagte, sondern sich inzwischen mit allen zehn Fingern die Schläfen rieb. Mijo lachte leise. Es war ein dunkler Laut, der Jasons Nervenbahnen zum Schwingen brachte. Der merkwürdige Kerl zog seine Lederjacke aus und hängte sie über den Stuhl, auf den er sich verkehrt herum setzte. Die Arme stützte er lässig auf der Rückenlehne ab. Ohne die Jacke gewährte er Jason einen freien Blick auf eine breite Brust, die von einem weißen Feinripp-Muscle-Shirt bedeckt wurde, das ein wenig spannte. Mit einem auffälligen Tattoo auf einem Arm schaute er wie ein zäher Straßenkämpfer aus. Irgendwie sexy. Unter anderen Umständen hätte Jason ihn wahrscheinlich angeflirtet. Aber da waren noch die saphirblauen Augen, denen er verfallen war. Und die Tatsache, dass Mijo ihn entführt und er keinen Schimmer hatte, wo dieses U… irgendwas lag. Unter Mijos wachsamen Blick erhob er sich und ging zu dem Spiegel hinüber. Langsam hob er die Hand und berührte die kühle Oberfläche. Ganz normales Glas, stellte er fest. Er hinterließ sogar Fingerabdrücke.
„Dahinter soll meine Wohnung liegen?“, fragte er und drehte sich zu Mijo um.
„Nicht auf die Weise, wie du es dir vorstellst. Es ist kein Fenster, das man öffnet und es befindet sich jedes Mal die gleiche Landschaft dahinter. Der Spiegel ist vielmehr ein Tor in andere Welten. Er kann dich an verschiedene Orte bringen. Und nicht nur der Spiegel. Das funktioniert auch mit einer Pfütze oder einer besonders blank polierten Oberfläche.“
„Wie ein Portal?“
Mijo grinste zufrieden. „Jetzt kommt der Student der Sache schon näher.“
„Wie bei Stargate?“
„Mit dem feinen Unterschied, dass bei deiner Fernsehserie jeder das Portal bedienen kann.“
„Und hier gibt es bloß einen Scotty, der mich irgendwo hin beamen kann?“
„Dein Scotty ist in diesem Fall das Tribunal und die werden dich demnächst auf ihre Kommandobrücke zitieren, sobald sie Wind davon bekommen, dass ich dich hierher gebracht habe. Das war vielleicht nicht gerade die schlaueste Idee, aber wo wärst du sicherer als direkt unter der Nase des Feindes?“
Dieses blöde Geschwafel machte Jason ganz verrückt.
„Bring mich zurück.“
„Das kann ich nicht.“
„Dann bring mich zu Calael.“
„Das werde ich nicht.“
Mijo blieb ganz ruhig, während Jason spürte, dass sich seine Wangen vor Wut erhitzten. Er verpasste gerade eine wichtige Vorlesung und er wollte pünktlich zum Mittagessen bei seinen Pflegeeltern erscheinen. Sicherlich gab es Apfelpfannkuchen. Sybilla, seine Pflegemutter, wusste, wie gerne er die aß. Außerdem war da noch die Party. Sie wollten reinfeiern und er musste noch Bier besorgen. Das hatte er gestern nicht geschafft, weil sein uralter Ford wieder einmal gestreikt hatte und er die olle Rostlaube in die Werkstatt schieben musste. Halb Maine hatte zugesehen, wie er sich mit dem Wagen abgemüht hatte, dennoch es gab nicht einen einzigen mitleidigen Bürger im ganzen Bezirk, der ihm geholfen hätte.
„Du wirkst, als wolltest du mir eine reinhauen“, erklärte Mijo fröhlich.
„Gewalt ist keine Lösung“, murmelte Jason.
„Oh, darüber denke ich anders. Nur zu, wenn es dich glücklicher macht.“ Das Angebot war verlockend, trotzdem gab es einen guten Grund, warum sich Jason für eine Sportart wie Aikido entschieden hatte. Er wollte sich verteidigen können, ohne selbst aggressiv werden zu müssen. Jason tastete noch einmal prüfend über den Spiegel, ehe er fragte: „Was passiert, wenn ich ihn zerschlage?“
„In diesem Fall gibt es Scherben“, antwortete Mijo belustigt.
„Und wie komme ich nach Hause zurück?“
„Es gibt andere Spiegel, das habe ich soeben versucht dir beizubringen. Hörst du mir eigentlich zu?“ Mijo erhob sich und schlenderte auf Jason zu, um sich dicht vor ihm aufzubauen. Jason war nicht gerade klein, doch Mijo überragte ihn um mehr als einen halben Kopf.
„Ich will jetzt gehen“, sagte Jason
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