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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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arbeitet an der Ausfahrt 9 der Schnellstraße, wo er die Straßenbenutzungsgebühr kassiert, und ich kann nicht erwarten, daß ihm der Altersunterschied zwischen uns gefällt. Vicki ist dreißig. Ich bin achtunddreißig. Er selbst ist erst in den Fünfzigern. Aber ich hoffe doch, daß ich ihn für mich einnehmen kann, und ich bin so erpicht darauf, wie das unter den Umständen nur möglich ist. Vicki ist eine liebenswerte, kesse kleine Person mit schwarzen Haaren, reizvoll breiten Backenknochen, einem starken texanischen Akzent und in ihren leidenschaftlichen Momenten von einer lockeren Selbstverständlichkeit, die einen Mann wie mich nachts vor Verlangen stöhnen lassen kann.
    Soll keiner glauben, der Ausstieg aus einer Ehe gebe einem die Freiheit, fortan den unbeschwerten Schürzenjäger zu spielen oder irgendein exotisches Leben zu führen, das man vorher nie ganz gepackt hat. Weit gefehlt. Niemand kann das lange durchhalten. Der örtliche »Klub der Geschiedenen Männer«, dem ich angehöre, hat mir das mehr als alles andere klargemacht – wir reden nicht viel über Frauen, wenn wir zusammen sind, und fühlen uns einfach erleichtert, unter Männern zu sein. Was der Ausstieg aus einer Ehe mir – und den meisten von uns – gebracht hat, war Enthaltsamkeit und größere Treue als je zuvor in meinem Leben, nur eben mit niemandem in der Nähe, dem diese Treue und Enthaltsamkeit gilt. Nichts als ein langer leerer Augenblick. Allerdings sollte jeder irgendwann in seinem Leben eine Zeitlang allein sein. Nicht so, wie man als Kind in den Sommerferien allein ist oder im Einzelzimmer eines Wohnheims an irgendeiner idiotischen Schule, aber wenn man erwachsen ist. Dann sollte man allein sein. Es kann das Richtige sein. Am Ende ruht man vielleicht stärker in sich selber – wie die besten Sportler –, und dann hat es sich gelohnt. (Ein Basketballspieler, der zu seinem Spezialwurf von außerhalb der Zone ansetzt, ist nur noch die Verkörperung des einfachen Wunsches, der Ball möge durch den Ring fallen.) Jedenfalls ist es nicht leicht – kann es vermutlich auch nicht –, sich unerschrocken zu behaupten. Ich erledige meine Arbeit und erledige sie gut und erwarte weiterhin das Beste, ohne im entferntesten zu wissen, was es sein wird. Und die Dreingabe ist, daß dir ein hübsches kleines Ding wie Schwester Arcenault wie ein Geschenk des Himmels erscheint.
    Die letzten paar Monate war ich nicht mehr unterwegs, und das Magazin hat für mich genügend Arbeit in New York gefunden. Vor Gericht wurde von X’ tranigem Anwalt Alan vorgebracht, meine Reisen seien der Anlaß für unsere Schwierigkeiten gewesen, vor allem nach Ralphs Tod. Und obwohl das strenggenommen nicht stimmt – es war eine von X und mir gemeinsam erfundene Begründung für das Gericht –, ist richtig, daß ich die mit meiner Arbeit verbundenen Reisen schon immer genossen habe. Vicki hat in ihrem ganzen Leben nur zwei Landschaften kennengelernt: zum einen die flachen, nichtssagenden, trübseligen Prärien um Dallas und zum anderen New Jersey – eine seltsame Weltfremdheit in unseren Tagen. Aber ich werde ihr demnächst den mittleren Westen zeigen, wo gute alte Normalität noch sozusagen in der feuchten Luft liegt und wo ich meine Studentenzeit verbracht habe.
    Es stimmt schon, daß meine Arbeit als Sportreporter in vielen Punkten genauso aussieht, wie es sich wohl die meisten vorstellen: Ich sitze in Flugzeugen, betrete und verlasse Flughäfen, gehe in zentral gelegenen Hotels ein und aus, warte oft Stunden in Gängen und Umkleideräumen, besorge mir Mietwagen, habe Auseinandersetzungen mit unfreundlichen Portiers. Ich sitze spätnachts in fremden Bars, bin immer vor Tagesanbruch auf den Beinen, so wie heute morgen, und versuche, die Dinge im richtigen Verhältnis zu sehen. Aber das alles enthält auch ein Versprechen, ohne das ich, glaube ich, nicht glücklich wäre. Man kommt sehr früh zu der Erkenntnis, daß einen nichts jemals von sich selbst entfremden wird. Doch in diesen prosaischen und anonymen Großstädten des Landes, den Milwaukees, den St. Louises, den Seattles, den Detroits, sogar den New Jerseys, kann sich etwas Vielversprechendes und Unerwartetes abspielen. Eine Frau, die ich an dem College kennenlernte, an dem ich kurz unterrichtete, sagte einmal zu mir, ich könne unter zu vielen Möglichkeiten wählen, ich werde zu wenig von schierer Notwendigkeit zum Handeln gezwungen. Aber das ist nur eine Illusion und ihr eigener Fehler. Möglichkeiten

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