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Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Titel: Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Schneeweiß , Theodor Hellbruegge
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Sprachstörung. In der frühen Sprachtherapie hörgeschädigter Kinder geht es daher nicht primär um die Korretur von Fehlern in der Sprachentwicklung, sondern um die Begleitung der Sprachentwicklung unter den Bedingungen einer Hörschädigung. Ob sich eine Sprachstörung als Folge einer Hörstörung entwickelt, hängt u. a. entscheidend vom Diagnosezeitpunkt ab. Doch auch bei Kindern mit später Diagnose ist unbedingt zu beachten, dass sie mit ihren Hörgeräten und Cochlea-Implantaten (CI) erst ausreichend Hörerfahrungen im Alltag machen müssen, bevor später evtl. vorstrukturierte Übungsbehandlungen zur Verbesserung der Grammatik und Artikulation angewandt werden. Grundsätzlich handelt es sich bei der frühen Sprachtherapie hörgeschädigter Säuglinge und Kleinkinder daher mehr um eine präventive Maßnahme, damit aus der Hörstörung nicht zusätzlich eine Sprachentwicklungsstörung entsteht.
    Direkten Einfluss auf die Hör- und Sprachentwicklung haben ausschließlich Bezugspersonen, die viel Zeit mit dem Kind verbringen, wie Eltern, Großeltern, Tagesmütter, Erzieherinnen in Krippe und Kindergarten, Geschwister und Freunde. Die Sprachtherapie oder die Frühförderung des Kindes über eine Pädagogisch-Audiologische Beratungs- und Frühförderstelle findet in der Regel einmal pro Woche für ca. 60 Minuten statt. Damit gehören diese Fachleute nicht zu der Personengruppe, die direkt Einfluss nehmen können. Abgesehen vom Zeitfaktor ist auch noch der Beziehungsaspekt zu berücksichtigen. Der Hör- und Spracherwerb findet nicht in Frühförder- oder Therapiestunden, sondern im täglichen Leben statt. Alle Bezugspersonen müssen daher begleitet und dahingehend unterstützt werden, dass die Kommunikation mit dem hörgeschädigten Kind im Alltag so optimal wie möglich verläuft. Dies ist der primäreArbeitsauftrag für die frühe Sprachtherapie. So kann das Kind über das Hören zunächst Sprachverständnis erwerben und daraus folgend aktive Sprache entwickeln. Wichtig ist, dass die Kommunikationssituationen für das Kind interessant sind und es so Freude am Hören und dadurch eine gute Höraufmerksamkeit für Sprache entwickelt. Neben der Beratung und Begleitung der Eltern ist auch der kontinuierliche fachliche Austausch mit den Erzieherinnen in Krippe und Kindergarten ein wesentlicher Bestandteil der therapeutischen Arbeit mit hörgeschädigten Kindern in den ersten Lebensjahren. Da die Hör- und Sprachentwicklung eines Kindes mit allen anderen Entwicklungsbereichen verknüpft ist, muss die Therapie und Förderung des Kindes immer ganzheitlich verlaufen. So muss das Kind von Beginn an auch besonders in seinen Stärken und Talenten unterstützt werden – eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung eines guten Selbstbewusstseins. Dies ist die Grundlage dafür, dass es dem Kind langfristig gelingt, die Hörschädigung gut in sein Leben zu integrieren. Auch bei Kindern, die sich trotz ihrer hochgradigen Hörschädigung sprachlich altersgemäß entwickeln, darf nicht übersehen werden, dass sie auch mit Hörgeräten und/oder CI schwerhörig bleiben. Das Hören bleibt grundsätzlich anstrengender und ungünstige akustische Bedingungen erschweren die Kommunikation im Alltag deutlich mehr als bei normalem Hörvermögen.
    Im Folgenden werden exemplarisch Teilbereiche der frühen Sprachtherapie hörgeschädigter Säuglinge und Kleinkinder beschrieben.
Die akustische Welt entdecken
    Die Hörentwicklung wird durch eine interessante Hörumgebung angeregt, nicht durch ein Hörtraining erarbeitet. Dazu gehört in erster Linie der Dialog mit dem Kind, aber auch, besonders zu Beginn, das aktive Erkunden von Geräuschen im Spiel und Alltag:
    Luka, 14 Monate alt und bilateral mit CI versorgt, sitzt auf dem Boden und exploriert verschiedene Gegenstände aus der Puppenküche. Er macht kleine Töpfe auf und zu, wirft Kastanien in einen Topf und schüttet sie wieder aus, klopft mit einem kleinen Kochlöffel auf den Teppich und auf einen Topf … Die Mutter sitzt dabei, greift nicht in das Spiel ein und spricht erst mit ihm, als er ihr einen Topfdeckel geben möchte.
    Luka macht in dieser Spielsequenz umfangreiche Erfahrungen zu Geräuschen im Alltag: »Was höre ich, wenn ich eine Kastanie in einen Topf lege oder wenn ich sie hineinwerfe? Wie klingt es, wenn ich die Kastanien auf den Teppich schütte, den Deckel auf den Topf lege oder mit dem Kochlöffel auf den Plastikteller, den Topf oder den Teppich klopfe?« Da er seine

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