Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung
Handlungen, wie alle Kinder in seinem Alter, ständig wiederholt, wiederholen sich auch die Geräusche. Entscheidend ist, dass er die Geräusche selbst erzeugt. So erfährt er, dass jedes Geräusch eine bestimmte Ursache hat und
was wie
klingt. Außerdem lernt er keine sinnentleerten Geräusche, wie dies oft bei Geräusche-Spielzeugen der Fall ist. Wenn er später aus der Küche ähnliche Geräusche hört, weiß er, dass jemand in der Küche arbeitet, auch wenn er aus dem anderen Zimmer niemand sehen kann – er entnimmt den Geräuschen die wichtige Information: »Ich bin nicht allein«. Die Mutter in unserem Beispiel weiß, dass es für Luka wichtig ist, viel mit ihm sprachlich zu kommunizieren. Dennoch nimmt sie sich in dieser Situation zurück, um ihm die Möglichkeit zu geben, ausgiebig die Gegenstände und die damit verbundenen Geräusche zu erkunden. Durch begleitendes Sprechen, wie z. B. »Du kannst aber schon schön kochen. Machst du den Topf zu? Pass auf, der Topf ist heiß!« würde sie mit ihrer Stimme die Geräusche überdecken und Luka würde vermutlich in dieser Situation auch nicht auf ihre Sprache achten, weil er intensiv in seine Handlungen vertieft ist. Sobald er zeigt, dass er bereit ist für eine Interaktion, in dem er einen Gegenstand der Mutter gibt, Blickkontakt aufnimmt und kommunikativ lautiert, beginnt die Mutter, mit ihm zu sprechen.
Da hörgeschädigte Kinder zu Beginn sicherer auf Geräusche als auf Sprache reagieren, liegt der Schwerpunkt der frühen Hörförderung oft zu sehr und zu lange auf Spielen mit Geräuschen. »Das in vielen Videoaufzeichnungen zu beobachtende Anbieten von einem Spielzeug nach dem anderen, das Geräusche erzeugt, vermag nicht wirklich die Aufmerksamkeit des Kindes zu fesseln, der Höreindruck ist oftmals nur ein Stimulus, auf den das Kind kurz reagiert, der ihn jedoch nicht weiter interessiert. Es führt zu keinem echten Austausch zwischen Mutter und Kind, die Situationen wirken oft hektisch, weil mit den Spielsachen häufig auch die Formate gewechselt werden. Dadurch zerfällt die Situation, die Chance, sinnerfüllt hören zu lernen, ist vertan« (Horsch 2007).
Ein akustisch gutes Hörumfeld ist für jeden Menschen die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche und mühelose sprachliche Kommunikation. Natürlichhat man nicht immer Einfluss darauf, ob gerade Geräusche, Stimmen oder Musik im Hintergrund die Hör-Wahrnehmung erschweren. Hörgeschädigten Kindern fällt das Filtern von Stör- und Nutzschall grundsätzlich jedoch schwerer als normal hörenden Kindern, auch wenn die sprachliche Entwicklung sehr gut ist und man den Eindruck hat, dass das Kind mit Hörgeräten und/ oder CI sehr gut hört. Es sollte daher im häuslichen Umfeld und auch in Krippe und Kindergarten auf eine gute Raumakustik und Lärmreduzierung geachtet werden.
Zusammenfassend ist zur Förderung der Hörentwicklung mit Geräuschen zu beachten: Die Kinder erkunden die Geräusche ihres persönlichen Lebensumfeldes selbst. Wenn dies nicht möglich ist, zeigen die Eltern dem Kind die Ursache, indem sie es z. B. mit zur Wohnungstüre nehmen, wenn es geklingelt hat. Dazu kommen die frühen Erfahrungen mit einfachen Musikinstrumenten und die Interaktion bei Liedern, Versen und Fingerspielen. Schwerpunkt der Hör-Frühförderung ist jedoch von Anfang an der Dialog mit dem Kind!
Die Beratung und Begleitung der Eltern: Die beste Therapie für das Kind
»Eine
Haltung des Nichtwissens,
nämlich mit Neugier und Interesse an ihren bisherigen Lösungswegen auf Familien zuzugehen, bedeutet eine deutliche Abkehr und Rollenveränderung von einer eher gehörlosenpädagogischen Haltung, die ein breites Spektrum ›bester Wege‹ kennt und nahe legt« (Tsirigotis 2005). Der kontinuierliche Dialog auf Augenhöhe zwischen Therapeutin und Eltern ist daher von großer Bedeutung. Dies beinhaltet u. a., dass die Eltern durch ihre Themen, Fragen, Vorschläge und Ideen die Therapiestunde entscheidend mitgestalten. Dazu gehört auch, dass Anregungen der Therapeutin in Frage gestellt werden dürfen, wenn diese nicht geeignet erscheinen oder nicht vollständig nachvollziehbar sind. Voraussetzung dafür ist ein gutes Vertrauensverhältnis, in dem die Kompetenz der Eltern ernst genommen wird.
Der Spracherwerb geschieht bei hörgeschädigten Kindern von Anfang an im Dialog. Ein natürlicher Dialog kann nicht vorgeplant werden. Auch die Kinder gestalten durch ihre momentanen Interessen und Ideen die Förderstunde
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