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Sprechende Maenner

Sprechende Maenner

Titel: Sprechende Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxim Leo , Jochen-Martin Gutsch
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Füße sind nur ein kleiner persönlicher Fetisch. Frauenfüße dürfen nicht dick, groß oder hart sein. Der große Zeh und der dazugehörige Große-Zeh-Knochen sollten nicht nach innen gebogen sein wie ein Krummsäbel. Die Ferse sollte möglichst frei von Hornhaut sein.
    Mit großen Brüsten bin ich überfordert. Deshalb bevorzuge ich die kleinen. Außerdem wird aus jeder Gegenwart auch mal Zukunft, viel Masse ist viel Schwerkraft ausgesetzt. Aber ich will gar nicht über Brüste reden. Wir schreiben erst seit zwei Tagen und sind schon bei Brüsten. Das ist ein Männerklischee.
    re:
    Du drängst mich in eine Ecke, Jochen. Ich klinge schon wie mein eigener Vater. Das stört mich übrigens an diesem Mail-Schreiben mit dir, dass ich mich auf einmal alt und uncool fühle. Obwohl ich das, glaube ich, gar nicht bin.
    aw:
    Doch. Ich denke, es ist nicht von Nachteil, wenn du für dich erkennst: Du bist alt und uncool. Ich meine das nicht herablassend. Dein Vorteil ist ja: Du kannst ruhig alt und uncool sein. Du kannst alles ein bisschen schleifen lassen. Die Frau ist im Haus, die Kuh vom Eis.
    Manchmal wache ich morgens auf und denke: Ich muss jetzt was machen, schnell irgendwas machen, gründen, eröffnen, anlegen, zeugen. Dabei weiß ich gar nicht genau: Was eigentlich? Und warum?
    Ich bin 39. Ich habe aber keine Ahnung, was das bedeutet. Bedeutet es etwas? Gibt es adäquate Verhaltensweisen, einen adäquaten Umgang?
    Ich muss gar nichts. Ich muss nur mit dem Gefühl klarkommen, mit 39 an einem Samstagabend um 3.30 Uhr in einem Club zu stehen, zu sammen mit anderen 39-Jährigen, und zu denken: »Wetten dass?!« und ein bisschen Selbstbefriedigung hätten es heute Abend auch getan.
    Ich hätte gerne eine Frau mit Soul. Wie soll ich das definieren?
    Sie ist davon überzeugt, dass ich der großartigste Typ der Welt bin. Und gleichzeitig so klug zu wissen, dass ich das natürlich nicht bin.

Tag 4
    An dem es um Gebrauchsliebe und ein Ticket nach Rio geht
    Lieber Jochen, Catherine wollte gestern Abend noch mit mir reden. Aber ich war müde, fertig, leer. Ich habe den ganzen Tag mit dir geredet. Es ist fast so, als würde ich fremdgehen. Mit einem traumatisierten Single.
    Normalerweise stelle ich mir nicht viele Fragen. Ich lebe dahin im Rhythmus der Familie, die mir nicht viel Zeit für störende Gedanken lässt. Die Routine schafft Geborgenheit, Catherine und die Kinder bilden meinen Lebensrahmen. Aber vielleicht ist das alles nur Bequemlichkeit.
    Ein Bekannter von mir, auch Familienvater, ist von der Idee fasziniert und erschreckt, dass er jeden Tag zum Flughafen fahren, sich ein Ticket nach Rio de Janeiro kaufen könnte und genau in diesem Moment ein neues Leben beginnen würde. Einfach so. Die allermeisten haben vergessen, dass man sich jeden Tag neu entscheiden kann. Ich auch.
    Ich weiß nicht, wie viel du von alldem verstehst. Vielleicht verstärkt das auch nur deine Ahnung, dass ich ein frustrierter Mann bin. Was ich nicht bin. Ich bin manchmal glücklich und fühle mich meist gut.
    Aber zurück zu unserem gestrigen Gespräch. Wenn ich sage, ich klinge wie mein Vater, dann ist das Blödsinn. Mein Vater hat nämlich ein neues Leben begonnen. Er ist nicht bis nach Rio gekommen, aber er lebt jetzt mit häufig wechselnden Sexualpartnerinnen in einem alten Bauernhaus in Mecklenburg. Letztens erzählte er von einer Theaterstudentin, die wahrscheinlich deutlich jünger als Catherine ist. Mit ihr hat er Silvester gefeiert, allein auf einem Kirchturm in Wustrow. Mit einer Kerze und zwei Flaschen Sekt. Um sie herum explodierten die Silvesterraketen, die Kirchenglocken läuteten. Er sagte, sie hätten sich geküsst, bis sie fast erfroren wären. Er hätte noch nie so einen schönen Jahresanfang gehabt. Mein Vater ist 69.
    Wir haben Silvester zusammen mit drei befreundeten Familien in unserem Wochenendhaus gefeiert. Wir haben gekocht, Blei gegossen und sogar ein bisschen getanzt. Es war schön. Aber nachdem ich mit meinem Vater telefoniert hatte, kam ich mir so vernünftig vor. So konsequent erwachsen.
    Mein Vater ist wie der Teufel, der mir zuruft, er hätte auch mal an die Familie und das Glück der Beständigkeit geglaubt. Ich höre seine Stimme, selbst wenn er gar nicht spricht: »Mein lieber Sohn, es gibt immer noch mehr im Leben, als man gerade hat. Du musst dich nicht mit einer Sache

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