Sprechende Maenner
zurück. Ich würde dir das Gefühl gönnen, eines Tages eine kleine Hand in deiner groÃen Hand zu halten, eine Gutenachtgeschichte vorzulesen und vor dem Einschlafen noch mal am Kinderbett vorbeizugehen, zusammen mit der Frau, die du liebst. Glaube mir, das ist geiler als diese ganze Ich-will-das Leben-spüren-ScheiÃe.
aw:
Lieber Maxim, schön, dass du deine Zufriedenheit in GroÃbuchstaben geschrieben hast, die FROHE BOTSCHAFT . Ich habe sie vernommen. Wir können uns Namen geben von nun an: Mr. Happy und Mr. Unhappy.
Ich finde, um dir diese Angst zu nehmen, dein Leben, dein Wochenendhaus, deinen Garten, deine Regentonne und auch alles andere überhaupt nicht spieÃig, auch wenn das Wort spieÃig in deinen Mails oft auftaucht, verbunden mit dem Hinweis: »Du findest es vielleicht spieÃig â¦Â« Das ist aber allein dein Problem, denn nichts finde ich so spieÃig, wie jemandem vorzuwerfen, er sei spieÃig.
Ich finde es schön, dass du mir das Gefühl »gönnen« würdest, mal nicht weiterzuwollen. Das ist nett. Und gönnerhaft.
Du schreibst, ich hätte Angst davor, erwachsen zu werden. Ja, in ge wisser Weise hast du vollkommen recht. Ich habe Angst vor dem au tomatischen Reinrutschen in ein Lebensmodell. Erwachsensein wird ja meist nicht damit verbunden, eine Suche zu beginnen, sondern die Suche abzuschlieÃen. Der Satz: »Du bist jetzt erwachsen« bedeutet meist nur: Du bist jetzt da. Aber nie: Jetzt kannst du losgehen. Erwachsensein wird verbunden mit: Vati, Mutti, Kind, Beruf, Haus, Urlaub â ein Jahr im Voraus gebucht. Das ist aber nicht Erwachsensein, Maxim, sondern erst mal nur Konformität.
Wer vermisst, bestimmt, legt fest, was erwachsen ist? Das ist ja der ewige Vorwurf, der ewige Spruch: Werd doch mal erwachsen! Weitergegeben von Generation zu Generation, unausrottbar. Aber er meint eigentlich nur: Leb doch endlich so wie wir alle. Keine Extrawurst. Aber warum? Für die zehn Sekunden Glück pro Woche, von denen du schreibst?
Auf zehn Sekunden komme ich auch. In guten Wochen sogar auf 30 Sekunden.
re:
30 Sekunden?
aw:
Problemlos. Lässig.
re:
Wie?
aw:
Mein letztes Glück entsprang einem Tor, das ich schoss. Ich schob den Ball ruhig links unten rein. Dabei tippte ich den Ball leicht an, drehte das FuÃgelenk zur Seite, 35 Grad vielleicht, unsichtbar für den Torwart, der auf dem rechten Bein verharrte wie eine angeschossene Ente. AnschlieÃend jubelte ich zwanzig Sekunden, blickte nach oben Richtung Gott, dann lief das Spiel weiter, aber das Gefühl hielt an, auch noch am nächsten Morgen. Ich will es mal so sagen: Ein Tor ist ein Glück, das man nur schwer ermessen kann. Orgastisch in vielerlei Hinsicht, mit dem Vorteil, dass man sich an einen Orgasmus in zehn oder 15 Jahren nicht mehr erinnert. Niemand sagt: An den Orgasmus im Oktober 1997 bei Inge im Bett gegen 23.40 Uhr muss ich manchmal denken. Er füllt mein Herz mit viel Freude und Wärme, selbst heute noch im Frühjahr 2011.
Das ist das Gute an Toren: Sie werden mit den Jahren immer besser, schöner.
Ãber welche Sache auf dieser Welt lässt sich Ãhnliches sagen?
re:
Jochen: Ich spreche von Glück. Nicht vom AmateurfuÃball in der Kreis liga B. Zweiter Versuch: Was war dein vorletztes 30-Sekunden-Glück?
aw:
Mein vorletztes 30-Sekunden-Glück erwuchs aus dem fleischlichen Mühen der Autoerotik.
re:
Auto-Erotik? Verchromte Auspuffe?
aw:
Autoerotik. Nicht Auto-Erotik. Mit anderen Worten: Wichsen. Ein-Mann-Party. Fräulein Faust bemühen. Die Gurke schälen. Kapiert?
re:
Okay, kapiere.
aw:
Keulen. Rütteln. Kloppen. Den Kasper schnäuzen. Stangentraining. Sich einen von der Palme wedeln.
re:
Kapiert!
aw:
Die Pfeife ausklopfen. Den Jürgen würgen. Mütze-Glatze spielen.
re:
Kapiert!! Ich habe jetzt eine ungefähre Vorstellung. Du bist Profi.
aw:
Ich glaube, es gibt mehr Begriffe für die männliche Selbstbefriedigung als für »Baum«, »Kind«, »Auto«, »Frau«, »Liebe«, obwohl sich Männer ja auch für Baum, Kind, Auto, Frau und Liebe interessieren. Aber anscheinend nicht so sehr wie für Autoerotik. Faszinierend.
re:
Ich begreife, dass hier einer deiner Kompetenzkernbereiche liegt. Ich habe eine Frau. Du hast eine Hand. Aber was mich viel mehr interessiert als deine Freude an der Autoerotik: Warum sprichst du von »Liebesterror« und
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