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Sprengstoff

Sprengstoff

Titel: Sprengstoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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schaltete das Radio aus.
    Jetzt, da er es bei Tageslicht gehört hatte, sah alles nicht mehr so schlimm aus. Er konnte die Dinge vernünftig betrachten. Natürlich brauchte die Polizei nicht alle Hinweise im Radio preiszugeben, doch wenn sie wirklich nach einem Chevrolet und nicht nach einem Ford suchten und wenn sie auf Augenzeugen angewiesen waren, durfte er sich sicher fühlen. Wenigstens für den Augenblick. Und wenn es tatsächlich einen Augenzeugen geben sollte, dann würde er es auch nicht dadurch ändern, daß er sich große Sorgen machte.
    Er würde Marys Putzeimer mitsamt dem Deckel wegwerfen und die Garage kräftig lüften, um den Benzingestank zu vertreiben. Dann würde er sich eine Geschichte ausdenken, um das Loch im hinteren Wagenfenster zu erklären, falls ihn jemand danach fragte. Vor allem aber würde er sich innerlich auf den Besuch der Polizei vorbereiten. Als letzter Anwohner an der Crestallen Street West war es nur allzu natürlich, daß sie ihn zumindest überprüften. Und sie brauchten nicht lange in seiner Vorgeschichte rumzuwühlen, um herauszufinden, daß er sich in letzter Zeit ziemlich unberechenbar benommen hatte. Er hatte die Wäscherei ruiniert, seine Frau hatte ihn verlassen, und einer seiner früheren Angestellten hatte ihn in einem Kaufhaus niedergeschlagen. Und er besaß einen Kombiwagen. Zwar keinen Chevrolet, aber immerhin. Das sprach alles gegen ihn. Aber es war alles noch kein Beweis.
    Und wenn sie dann doch noch einen Beweis ausgraben sollten, nun, dann würde er eben ins Gefängnis gehen. Es gab Schlimmeres. Das Gefängnis bedeutete nicht den Weltuntergang. Er würde dort Arbeit und genug zu essen kriegen und brauchte sich keine Sorgen mehr zu machen, was passierte, wenn das Versicherungsgeld zu Ende ging. Es gab wesentlich schlimmere Dinge als das Gefängnis. Selbstmord, zum Beispiel, das war gemeiner. Er ging nach oben und duschte.
    Später am Nachmittag rief er Mary an. Ihre Mutter war am Telefon und ging Mary mit einem hochmütigen Schnauben holen; als sie dann selbst am Apparat war, klang sie ganz fröhlich.
    »Hallo Bart. Merry Christmas im voraus.«
    »Nein, Mary Christmas«, sagte er lachend. Es war ein alter Scherz zwischen ihnen, der mit der Zeit Tradition geworden war.
    »Ja, sicher«, antwortete sie. »Was willst du, Bart?«
    »Ich hab’ hier ein paar Geschenke … nur ein paar Kleinigkeiten … für dich und deine Neffen und Nichten. Ich wollte fragen, ob wir uns irgendwo treffen können, damit ich sie dir geben kann. Die Geschenke für die Kinder hab’ ich noch nicht eingepackt, aber …«
    »Das mach’ ich gern für dich. Aber das hättest du nicht tun sollen, Bart. Schließlich bist du ohne Arbeit.«
    »Aber ich arbeite daran«, erwiderte er.
    »Bart, hast du … hast du etwas in der Sache unternommen, über die wir gesprochen haben?«
    »Du meinst - den Psychiater?«
    »Ja.«
    »Ich habe zwei angerufen. Der eine ist bis Juni ausgebucht.
    Der andere bleibt bis Ende Mai auf den Bahamas, aber er hat gesagt, danach würde er mich nehmen.«
    »Wie heißen sie?«
    »Wie sie heißen? Himmel, Liebling, da müßte ich noch mal im Telefonbuch nachsehen, um dir das sagen zu können. Ich glaube, einer hieß Adams. Nicholas Adams …«
    »Bart!« sagte sie traurig.
    »Es könnte auch Aarons gewesen sein«, fuhr er heftig fort.
    »Bart.«
    »Na gut. Glaub doch, was du willst. Das tust du ja sowieso.«
    »Bart, wenn du doch nur …«
    »Was ist nun mit den Geschenken? Ich habe wegen der Geschenke angerufen und nicht wegen dieses gottverdammten Seelendoktors.«
    Sie seufzte. »Wie war’s, wenn du sie Freitag hierherbrächtest? Ich kann …«
    »Was? Damit dein Vater und deine Mutter Charles Manson anheuern können, um mich an der Tür abzufangen? Treffen wir uns doch lieber auf neutralem Boden.«
    »Sie werden nicht zu Hause sein«, erklärte sie. »Sie ver-bringen die Weihnachtsferien bei Joanna.« Joanna St. Ciaire war Jean Calloways Cousine, die in Minnesota lebte. Sie waren seit ihrer Kindheit enge Freundinnen (seit der Zeit zwischen dem Krieg von 1812 und der Konföderation, dachte er manchmal), und Joanna hatte im letzten Juli einen Schlaganfall erlitten. Sie erholte sich allmählich, aber Jean hatte ihm und Mary erzählt, die Ärzte wären der Ansicht, daß sie jeder-zeit sterben könnte. Muß lustig sein, dachte er, mit so einer Zeitbombe im Kopf zu leben. Hallo, Bombe, ist es heute soweit? Bitte nicht, Bombe, ich hab’ meinen Victoria-Holt-Roman noch nicht

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