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Spür die Angst

Spür die Angst

Titel: Spür die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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gut drei Monaten nicht mehr im Fitness Club gewesen. Trainierte stattdessen bei World Class, kannte aber keinen dort. Es machte nicht so viel Spaß. Die Motivation ließ nach. Der Bizeps und die anderen Muskeln hielten ihre Form nicht mehr. Es schmerzte ihn, es mit anzusehen.
    Er zog sich das Hemd an, ein beigefarbenes von Hugo Boss.
    Darüber: ein dunkles Leinenjackett.
    Heute kein Halfter. Wenn die Bullen zuschlugen, wollte er sich möglichst schnell seiner Waffe entledigen können, ohne erklären zu müssen, warum er ein Pistolenhalfter bei sich trug. Er war froh darüber, dass seine S & W so klein war.
    Noch glücklicher war er über die Munition, die er besaß: Starfire, innen hohle Patronen, die beim Aufprall explodierten. Sie funktionierten besonders gut bei Waffen mit kurzem Lauf, in denen die Geschwindigkeit des Projektils geringer war und die Ausdehnung bei einem Treffer größer.
    Hielt den Revolver in der Hand. Er war frisch gereinigt. Blank. Schön anzusehen, in rostfreiem Stahl. Das Emblem an der Seite glänzte, über dem Handgriff, oberhalb des Abzugs stand eingraviert: Airweight.
    Mrado erinnerte sich daran, wie sie ihm die Waffe am Skisprungturm Fiskartorpet abgenommen hatten. Nach dem heutigen Tag: Reue wird ihr Erbe sein.
    Er steckte sie in seine Innentasche.
    Schnürte sich die Schuhe. Gewissenhaft.
    Bereit für den größten Coup seines Lebens – hundert Millionen auf der Straße.
    Ein gewisses Risiko wert.
     
    Nenad wartete unten im Wagen. Er hatte seine vorherige Luxuskarosse verkauft. Sie erregte zu viel Aufmerksamkeit. Jetzt fuhr er einen roten Mercedes CLS 55 AMG , das Kraftpaket mit den weichen Formen.
    Nenad trug einen Leinenanzug. Einstecktuch in der Brusttasche. Gegeltes Haar. Ein großer Tag erforderte entsprechende Kleidung. Der Koks- und Bordellkönig ließ es nie an Stil mangeln.
    Die Innenausstattung des Benz war elegant.
    Sie fuhren auf dem Södra Länk, der Stadtautobahn, aus der Stadt heraus. Dann in Richtung Westen. Zu den Kühlhallen.
    Diskutierten den Bruch mit Radovan. Die Genugtuung. Radovans Versuch, sie zu erniedrigen.
    Der verdammte Mistkerl war am Ende. Die Initialen der Herren, die ab jetzt das Sagen hatten, lauteten M & N. Eine Umschichtung innerhalb der Jugomafia stand unmittelbar bevor. In wenigen Stunden würden sie die neuen Kokskönige der Stadt sein. Schwedens. Ganz Europas.
    Am Gullmarsplan hielten sie kurz an, um Bobban zu treffen. Ratko hatte nicht mitkommen können. Mrado fragte sich, warum. Stand Ratko etwa nicht auf seiner Seite?
    Bobban wartete wie abgesprochen vor dem Busbahnhof oberhalb der U-Bahn-Station. Er fuhr einen Volvo XC 90 und trug wie gewohnt seine schwarze Jeansjacke. Mrado dachte: Der Typ wird seinen Kleiderstil nie ändern.
    Alle versammelt: drei Männer gegen Radovan.
    Oder eher: drei Profis gegen einen chaotischen und zugekifften Araber, Abdul.
    Außerdem hatten sie einen Insider auf ihrer Seite. Den Stureplantypen mit Durchblick.
    Sie fuhren im Konvoi nach Västberga.
    Nenad hatte Fitnessstudiotechno auf hoher Lautstärke laufen. Trommelte mit den Händen den Takt auf dem Lenkrad.
    Geballte Energie.
    Ein leichtes Spiel.
    Ein schöner Tag.
     
    Das Industriegebiet von Västberga war schon von weitem zu sehen. Lagerdepots. Logistikzentralen. Kühlhallen. Die Betriebe auf dem Gelände umfassten eine Schlüsselfabrik, ein paar heruntergekommene IT -Unternehmen, Gebrauchtwagenhändler, Recyclinganlagen und Ersatzteilwerkstätten.
    Mrado musste an Christer Lindberg denken. Der Ultraschwede, der in persönlichen Konkurs gehen musste, um die Steuerschulden der Videotheken zu begleichen. In diesen Betrieben arbeiteten genau solche Typen wie er.
    Mrado tat er nicht leid. Wer sich die Suppe einbrockte, musste sie auch wieder auslöffeln, so war das nun mal. Der Typ hatte selber Schuld.
    Sie fuhren auf die Kühlhallen zu. Der Gebäudekomplex war riesig. Mehr als siebzig Lagerräume mit Kühlflächen von weniger als fünf Quadratmetern bis hin zu zweihundert. Fleisch, Gemüse, Obst, Nerze – alles Mögliche hielt sich länger frisch, wenn es kühl gehalten wurde. Gerüchten zufolge: In gewissen Räumen befanden sich gekühlte Organe vom Karolinska Institutet, der medizinischen Universität.
    Das Gebäude bestand aus weißem Blech mit Flachdach. Extrem langweilig. Davor Flaggen: Willkommen im Industrie- und Logistikgebiet Västberga.
    Sie parkten den Wagen außerhalb des Zauns, der die Verladerampen umgab. Nenad überreichte Mrado einen Schlüssel.

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