Spur der Flammen. Roman
Verwerfungen, als hätte sich hier vor Millionen von Jahren ein furchtbares Drama zwischen Felsen und Lavamassen abgespielt. Wie gebannt saßen Glenn, Ian und Candice in ihren Sitzen und spähten durch die Wagenfenster, denn nun hatten sie das Gebiet erreicht, das Scheich Abdu ihnen auf der Landkarte markiert hatte.
Gegen Mittag stießen sie auf den ersten Orientierungspunkt – eine unerwartete Ansammlung von Klippen und steil aufragenden Bergen, als hätte die Hand eines Riesen sie auf das Plateau gesetzt. Der Anblick war atemberaubend. Die Fahrzeuge hielten an, und alle kletterten ins Freie.
Durch ihre Ferngläser sondierten sie den mächtigen Bergrücken, bis Glenn meinte: »Das muss Dschebel Mara sein, genauso hat Scheich Abdu ihn beschrieben. Aber es deckt sich nicht mit Baskows Skizze.«
Sie stiegen wieder ein und fuhren weiter, bis sie zu einem gewaltigen Felsmassiv gelangten, das sich tausend Fuß hoch vor ihnen auftürmte und wie das Rückgrat eines Dinosauriers endlos in beide Richtungen erstreckte.
Stumm schauten sie sich um. So trostlos und unwirklich musste es wohl auf dem Mond aussehen, dachten sie im Stillen. Hier und da ein ausgetrocknetes Rinnsal, hin und wieder kümmerliche Grasbüschel, ansonsten nur karge Wildnis.
Sie versuchten sich anhand Baskows Karte zu orientieren, aber ohne Erfolg. Keines seiner Symbole, nicht ein Detail seiner Skizze passte zu der Topographie.
In südlicher Richtung entdeckten sie ein ausgetrocknetes Flussbett, das sich in das Kalksteinplateau eingegraben hatte und am Fuß des Felsmassivs endete.
»Das ergibt keinen Sinn«, meinte Glenn, der den Verlauf des Wadi mit dem Fernglas studierte. »Das Wasser kommt aus dem Süden, aber es kann nirgendwo ablaufen.«
Daraufhin suchten sie die Südwand des Felsmassivs ab, um herauszufinden, wohin sich die Regenfluten aus dem Wadi ergossen.
Bis dann doch einer der Fahrer fündig wurde und die anderen durch lautes Rufen aufmerksam machte.
Die Kluft im Felsen war so unauffällig, dass sie nur aus einem bestimmten Winkel einsehbar wurde. Die Fahrzeuge konnten den schmalen Hohlweg nicht passieren, so machten sie sich zu Fuß auf den Weg. Doch die beiden Fahrer zögerten, weigerten sich weiterzugehen. »Sie wollen da nicht durch«, klärte Ian die anderen auf. »Sie sagen, hier spukt es. Böser Zauber. Sie haben Angst vor diesem Ort.«
Die drei wagten sich allein in den gewaltigen Felsspalt vor, traten auf kalten Sand, der Spuren von Skorpionen und Schlangen zeigte. Im Dunkeln tappend, folgten sie blind dem mäandernden Tunnel. Glenn, der die Führung übernommen hatte, tastete sich an den kühlen Wänden voran. Wenn er die anderen vor einem Felsvorsprung warnte, hallte seine Stimme gespenstisch von den kahlen Wänden wider. Hin und wieder hielten sie an und lauschten ins Dunkel, und bei dem Gedanken an Horden von haarigen Spinnen und Nestern von Schlangen sträubten sich Candice die Haare.
»Hoffe nur, dass uns das irgendwohin führt«, bemerkte Ian in seiner unerschütterlichen Art. »Hier wollte ich nicht lebendig begraben sein.«
Und dann, vor ihnen – Licht.
»Großer Gott«, stieß Ian aus, als sie ins helle Sonnenlicht traten.
Sie mochten ihren Augen kaum trauen. Sie standen praktisch am Grund eines Berges, der sich dem Himmel zu öffnete. Die Höhlung bildete ein unendlich langes Tal, das von Steilhängen und Klippen flankiert wurde. Hierhin also hatten sich die Wassermassen des alten Wadi ergossen, hatten über Jahrtausende den Felsen ausgewaschen und im Laufe der Zeit dieses sagenhafte versteckte Tal geschaffen.
Und doch war es kein gewöhnliches Tal. An einigen Stellen wies der sandige Boden Spuren von Kopfstein und gepflasterten antiken Gehwegen auf. Hin und wieder stießen sie auf Bruchstücke von Säulen, verwitterte Steinbögen über einer vormals prächtigen Straße. Zu beiden Seiten des Tals entdeckten sie in die Felswände gegrabene merkwürdige Öffnungen, die nur Türen und Fenster gewesen sein konnten. Ein unheimlicher Wind pfiff durch das Tal, trug feinen Silt herbei und klang wie das Stöhnen unglücklicher Geister. Die Eindringlinge blieben andächtig stehen.
Sie hatten eine verlorene Stadt entdeckt.
Kapitel 18
S ieht wie eine kleinere Ausgabe von Petra aus«, meinte Ian. »Eindeutig nabatäisch.«
»Von diesem Ort habe ich noch nie gehört«, sagte Candice beeindruckt.
»Moment mal.« Ian schnippte mit den Fingern. »Ich glaube, ich weiß, was es ist. Ja, natürlich! Dschebel Mara ist nicht
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