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Spur der Flammen. Roman

Spur der Flammen. Roman

Titel: Spur der Flammen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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hatte John Masters erklärt, würde die Menschen in ihrem Glauben eher bestärken als ihn zu schmälern.
    An jenem schicksalhaften Abend vor acht Jahren, als Professor Masters Fragen der Zuhörer beantwortete, war Candice unvermittelt aufgestanden und hatte gefragt: »Professor Masters, wie stehen Sie zu der Tatsache, dass die Kartusche von Pharao Echnatons Gott – und ›himmlischem Vater‹ Aton – den Namen Amram trägt, den selben Namen, der in der Bibel Moses’ Vater zugeschrieben wird?«
    Die Zuhörer missbilligten diesen Einwurf, einige murmelten tatsächlich abschätzige Bemerkungen, John Masters hingegen war entzückt. Hier war jemand mit Chuzpe, wie er konstatierte, eine junge Frau, die ohne Scheu eine unpopuläre Theorie aufgriff und dazu noch den Mut hatte, sie laut auszusprechen. Er hatte sie auf Anhieb erkannt. Und er glaubte auch nicht, dass sie an Barney Faircloths Fall irgendwelche Schuld trug. Sie hatte Recht daran getan, die unmoralischen Methoden dieses Burschen aufzudecken, und sie verdiente eine zweite Chance.
    Das hatte den Beginn ihrer Freundschaft markiert. Aufgrund ihrer Sachkenntnis in Hieroglyphen hatte der Professor sie für sein König-Salomo-Projekt engagiert, und es war eine perfekte ›Ehe‹, wie er sich auszudrücken pflegte – die Ehe ihrer beider Disziplinen, der Bibelanalyse und der Ägyptologie. Candice war nicht an der Bibel interessiert, und John Masters hatte keinerlei Interesse an Ägypten, solange es nicht in der Bibel erwähnt wurde, in ihrer Zusammenarbeit jedoch ergänzten sich ihre jeweiligen Kenntnisse auf das Beste.
    »Professor«, wisperte Candice an seinem Ohr. »Was ist der
Stern von Babylon?
«
    Seine Augenlider flatterten. Sein Atem kam nur mühsam, seine Worte waren ein lautloses Flüstern. »Bringen Sie ihn her. Der
Stern von Babylon
wird hier sicher sein. Jetzt schlafen.«
    »Ja«, antwortete sie, da sie ohnehin nicht wusste, wovon die Rede war. »Ich werde den
Stern von Babylon
finden und ihn zurückbringen. Ruhen Sie sich aus.«
    Der Professor schloss die Augen und sank in einen tiefen Schlaf. Candice blieb noch eine Weile an seinem Bett sitzen, in Erinnerungen versunken. Sie sah sich mit John Masters unter einer heißen Sonne auf Grabungsfeldern herumgehen, hörte ihn hebräisch und arabisch sprechen, liebte den Klang dieser Sprachen. Sie wünschte, er wäre ihr Vater, denn ihr eigener Vater war in Vietnam im Alter von neunzehn Jahren gestorben, bevor sie geboren war. Sie hatte den Geruch der ledergebundenen Bücher in seinem Arbeitszimmer in der Nase, hörte das Knistern des Kaminfeuers, während sie beide über Steininschriften brüteten – »Ist das das
hetep-
Symbol, Candice?« –, und sie wiederum war stolz darauf, ihm das eine oder andere erklären zu können, das
er
nicht wusste. In den brennend heißen Tagen in Israel und in den Regennächten von Santa Monica hatten sie beide die Bruchstücke für das Mysterium des Königs Salomo zusammengefügt.
    In diesem Moment fiel Candice der Sohn dieses Mannes wieder ein, der Detective, und sie machte sich Sorgen. Als sie die Intensivstation eilig verließ, lief sie geradewegs einem Mann in die Arme. »Ian!«, rief sie aus.
    Sir Ian Hawthorne. Einer von Englands angesehensten Archäologen. Dreiundvierzig Jahre alt, von imposanter Größe, rotbackig, blondes Haar, das, wie gewöhnlich, unbedingt einen Frisör brauchte. Bei seinem Anblick musste Candice jedes Mal an einen alternden Rettungsschwimmer denken. Sein Aufzug passte auch nicht recht ins Bild: zerknitterte Khakihosen, verwaschenes Jeanshemd, Goldrandgläser mit Schmutzfilm.
    »Was für eine Überraschung«, sagte sie. »Ich wusste nicht, dass du in der Stadt bist.«
    Hawthorne küsste sie auf die Wange. »Ich nehme an dem Symposium über Neutestamentliche Archäologie an der Universität von Los Angeles teil.«
    »Trägst du auch etwas vor?«
    »Lieber Himmel, nein! Candice, du siehst großartig aus. Wie lange ist es her, dass wir uns gesehen haben?«
    »Vier Jahre. Das Seminar in Hawaii.« Sie schaute sich fragend um. »Ist Melanie auch hier?«
    »Die Sache mit Melanie und mir ist vorbei.«
    »Tut mir Leid.«
    »Conroy drüben an der Universität hat mir von John Masters berichtet. Einfach schrecklich. Die Schwestern wollten mich nicht zu ihm lassen. Sie bestanden darauf, ich müsste entweder ein Angehöriger oder die Königin von England sein. Leider bin ich keines von beiden.«
    Die Fahrstuhltür öffnete sich, und Glenn trat heraus. Er

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