Spur der Flammen. Roman
Krankenhaus. Sein Vater hatte das Bewusstsein wiedererlangt, er war ansprechbar, sein Zustand nach wie vor kritisch. Der Arzt bat Glenn sofort zu kommen.
Kapitel 5
G lenn trat so hart auf die Bremse, dass der Wagen ins Schleudern geriet und Candice in ihren Sicherheitsgurt gepresst wurde.
»Was ist los?«, rief sie und schaute sich um, ob sie jemanden angefahren hätten.
»Dieser Mann«, sagte Glenn nachdenklich. »Ich kenne ihn.«
Sie folgte seinem Blick zu einer langen schwarzen Limousine, die in der Kurzparkzone des Krankenhauses parkte. Gerade traten drei Männer auf den Wagen zu. Ein merkwürdiges Trio, dachte Candice bei sich, während sie ihre Körperhaltung studierte. Der in der Mitte schien der Boss zu sein, die beiden Männer neben ihm, mit dunklen Sonnenbrillen an einem trüben Tag, waren offensichtlich Untergebene. Der eine war Afro-Amerikaner, groß und sehnig, der andere ein Weißer um die fünfzig, mit einem auffallend roten Mal an der linken Wange, ungefähr die Größe einer menschlichen Hand, als ob ihn jemand hart geschlagen hätte, und der Abdruck geblieben sei.
Beide trugen legere Kleidung: beige Slacks und weiße Hemden mit offenem Kragen.
Der Mann in der Mitte war kleiner, er musste so um die sechzig sein, mit weißem Haar und einem weißen, sauber gestutzten Bart. Sein Aufzug mutete, selbst für südkalifornische Verhältnisse, im Regen seltsam an: weiße Shorts mit Bügelfalte, weiße Sneakers und weiße Kniestrümpfe, weißes Polohemd, um die Schultern einen weißen Pullover mit V-Ausschnitt geschlungen, als sei er gerade vom Tennisplatz oder von seiner Jacht abberufen worden.
Candice wandte sich Glenn zu. Er hatte einen seltsamen Gesichtsausdruck. »Wer ist das?«, fragte sie.
»Jemand aus meiner Vergangenheit. Vor langer, langer Zeit …« Glenn wählte die erstbeste Parklücke, und als er aus dem Wagen sprang, nahm der ältere Mann ihn sofort wahr.
Er kam zu ihm herüber, die beiden anderen Männer folgten ihm wie Schatten. Bodyguards? überlegte Candice. Aufgrund ihrer körperlichen Vorzüge schienen sie jedenfalls nicht angeheuert worden zu sein. »Hallo, mein Sohn«, grüßte der Mann mit sanfter Stimme und streckte eine sehnige, sonnengebräunte Hand aus.
»Philo«, sagte Glenn. Es war zwanzig Jahre her.
Sie gaben sich die Hände. »Ich kam, so schnell ich konnte. Wie bedauerlich das ist.« Philo Thibodeau sprach mit einem weichen Südstaaten-Akzent. »Meine geliebte Frau ist erst vor drei Jahren verstorben. Erinnerst du dich an Sandrine? Und jetzt dein Vater.« Er tat einen tiefen Atemzug und spähte zu dem Krankenhaus hinüber, als ob seine verschatteten grauen Augen durch die Betonmauern bis in die Intensivstation dringen könnten, und es ihn betrübte, was er dort sah. »Als ich von dem Unfall deines Vaters erfuhr, fielen mir die alten Zeiten wieder ein, die wir …« Von seinen Gefühlen übermannt, schlug er sich die teuer behandschuhten Hände vors Gesicht. »Sie haben mich nicht zu ihm gelassen. Nur Familienangehörige, wurde mir beschieden.«
Unterdessen beobachtete Candice die anderen beiden Männer und musste zu ihrem Schrecken feststellen, dass beide sie ungeniert hinter ihren Sonnenbrillen fixierten. Sie schaute weg, dann wieder hin. Unsichtbare Blicke schienen sie zu durchbohren. Es verursachte ihr eine Gänsehaut, und mit einem Mal hatte sie ein ungutes Gefühl, was dieses Trio betraf.
»Ruf mich an, wenn du irgendetwas brauchst, mein Sohn. Ich bleibe so lange wie nötig in der Stadt. Ich bin im Beverly Hills Hotel.«
Als sie die Limousine davonrollen sahen, fragte Candice: »Wer war dieser Mann?«
»Philo Thibodeau. Ein Texas-Milliardär. Seiner Familie gehört halb Houston, seiner Firma die andere Hälfte. Er war vor langer Zeit ein enger Freund meiner Eltern. Seine Frau und meine Mutter gehörten der selben Studentinnenverbindung an. Das letzte Mal habe ich ihn beim Begräbnis meiner Mutter gesehen, das ist zwanzig Jahre her. Ich hatte ihn ganz vergessen. Merkwürdig …«
Candice war der Name nicht unbekannt. Philo Thibodeau besaß, soweit sie sich erinnerte, mehrere Firmen, ganze Städte, ein Football-Team, eine Fernsehstation, die Kassenknüller produzierte, eine Hotelkette und die meisten Rinder in Texas. Er war einer jener Männer, die immer im Hintergrund agierten, der allgegenwärtige menschenfreundliche Förderer, der bei Wohltätigkeitsbällen, bei politischen Veranstaltungen und wichtigen Events zugegen war. War er nicht auch ein enger
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