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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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verdanken, dass die entführten Frauen aus Gentners Umfeld stammten. Er war in der Tat Lindenaus Patient gewesen, und in seinen Sitzungen war es primär um Gentner gegangen, den Petersen in krankhaftem Übermaß gleichermaßen bewundert und verabscheut hatte. Wo Gentner sich Petersen gegenüber lediglich mit seinen Schikanen gebrüstet hatte, hatte Petersen nach dem Nutzen gefragt, und hierin hatte Lindenau ihn bestärkt, bis sein Frauenbild, sofern es nicht seit jeher verkorkst gewesen war, dem eines Mannes aus dem vorvorigen Jahrhundert entsprochen hatte. Zu den Entführungen, die Petersen mit Hilfe der Substanz GHB durchgeführt hatte, war es nur ein kleiner Schritt gewesen, der durch die wechselseitige Erpressbarkeit seit einer Steuerprüfung bei Lindenau begünstigt worden war.
    Dennoch konnten sie über Petersens Motiv, sich dafür herzugeben, nur spekulieren. Zinkel nahm an, dass er gehofft hatte, von der »Behandlung« zu profitieren und eine willfährige Frau zu finden. Dazu würde passen, dass Schuchs Ehemann ausgesagt hatte, dass Claudia damals keinen Ehering getragen hatte. Wie bizarr, dass möglicherweise ein Ring über Wohl oder Wehe entschieden hatte, überlegte er. Und wie traurig. Denn bei Claudia Schuch hatte nicht nur eine tief greifende Wesensveränderung stattgefunden, sondern sie litt außerdem unter beträchtlichen Nebenwirkungen des Medikaments.
    Sophie Rehberg, die junge Kunststudentin aus Kassel, hatte sich ihrem Martyrium durch Selbstmord entzogen, was Lindenau in seinen Aufzeichnungen mit geharnischten Kommentaren bedacht hatte. Wie sie an den Baum in Heftrich gekommen war, entzog sich ihrer Kenntnis, doch er nahm an, dass auch dabei Petersen zu Hilfe geeilt war. Die Konsequenz, die Lindenau daraus gezogen hatte, war lediglich der Austausch Bett gegen Matratze gewesen. Dass ausgerechnet ein Psychologe und Mediziner nicht gewusst hatte, dass man sich durchaus auch sitzend erhängen konnte, war nur ein weiterer tragischer Aspekt dieses elenden Falles.
    Zinkel seufzte abermals. Blieb Inka. Sie würde durchkommen, so viel wusste er immerhin, aber welche dauerhaften Schäden sie davontragen würde, war derzeit nicht absehbar. Ihr Pech war es letztlich gewesen, dass sie aus Ostfriesland kam und somit nicht der Kontrolle und der weiteren medikamentösen Behandlung durch Lindenau unterworfen war. Ohne ihre Flashbacks hätte es keinen Grund gegeben, sie zu ermorden.
    Er hasste diese Was-wäre-Wenns. Am schwersten wog, dass, wäre nicht vor Franziska schon die Praktikantin aus demselben Betrieb verschwunden, sie vermutlich nie dahintergekommen wären, dass es sich um eine Serie handelte. Pech für Petersen und Lindenau, zumal sie mit Birgit Kainz’ Verschwinden nichts zu tun gehabt hatten. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass doch jemand Methode hinter den Entführungen vermutet hätte, wäre stets Gentner verdächtig gewesen, da er nicht nur Kontakt zu allen Frauen gehabt hatte, sondern zumeist auch sein Wagen verwendet worden war, zuletzt bei Marilenes Entführung.
    Die Tür wurde aufgestoßen, knallte gegen die Wand und riss ihn aus seiner Grübelei. »Mann, das hat vielleicht gedauert«, monierte er. »Hatte Fromm was auszusetzen?«
    »Nee«, sagte Hartmann und pfefferte einen Pappkarton auf seinen Schreibtisch, bevor er begann, diverses Zeug hineinzustopfen.
    »Was um Himmels willen machst du da?«, erkundigte er sich.
    Hartmann hielt inne und sah ihn zum ersten Mal seit Tagen, so kam es ihm vor, direkt an. »Ich habe soeben den Dienst quittiert«, erklärte er.
    Zinkel öffnete den Mund, sprachlos vor Überraschung, bis er den Kopf schüttelte und sich fing. »Mannomann, das ist ja ein Ding«, sagte er, »da überlege ich ewig, wie ich dir beibringen soll, dass ich mich auf eine Stelle in Leer beworben habe, und dann kommst du mir zuvor. Jetzt sind wir quitt. Keine Geheimnisse mehr.«
    Hartmann brach in schallendes Gelächter aus und konnte sich gar nicht wieder einkriegen.
    »Was ist so komisch?«, fragte er.
    »Nach Leer«, bellte Hartmann, »in Ostfriesland, ja?«
    Zinkel nickte.
    »Das ist der Treppenwitz unserer Geschichte«, erläuterte Hartmann. »Jetzt hast du die Anwältin am Hals. Marilene zieht nämlich auch dorthin.«
    »Echt? Scheiße!«, entfuhr es ihm. »Ich hatte angenommen, dass du aufhörst, weil das sonst nie was wird mit euch.«
    »Es ist geworden.« Hartmann verzog das Gesicht zu einem traurigen Grinsen. »Und dann sagte sie mir, dass sie wegzieht. Neuanfang. Keine

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