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Spurlos in der Nacht

Spurlos in der Nacht

Titel: Spurlos in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unni Lindell
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Küchentisch. «Dann habe ich mich versprochen. So war das nicht gemeint.» Wie um Versöhnung bittend kam sie wieder auf ihn zu. Eine Weile blieben sie so stehen und sahen ihrem Bruder zu.
    «Sie waren schon alt, als wir auf die Welt gekommen sind. Meine Mutter war bei meiner Geburt neununddreißig und bei Alexanders einundvierzig. Deshalb ist er so.» Sie nickte kurz zum Fenster hinüber. In diesem Moment drehte der Bruder sich zu ihnen um. Es war deutlich zu sehen, dass er mongoloid war. Cato Isaksen hörte die Trauer in ihrer Stimme. Er schaute auf sie hinab. Hielt den Augenblick für Geständnisse für gekommen. «Gibt es etwas, das du der Polizei nicht erzählt hast?», fragte er ernst. «Etwas, das Kathrine dir anvertraut hat, was du versprochen hast, nicht weiterzusagen?»
    Maiken Stenberg schwieg. Sie schaute einige Sekunden schräg zu ihm hoch, dann schlug sie die Augen nieder. «Nein», sagte sie, schob den Zeigefinger in den Mund und biss ein Stück Nagel ab. Dann fuhr sie sich unruhig mit der einen Hand über den Hals.
    Cato Isaksen ließ ihr Zeit. Die Stille im Zimmer wurde nur vom Bruder unterbrochen, der sie plötzlich entdeckt hatte, und der ans Fenster trat und mit offenem Mund laut lachte und dabei seine schiefen Zähne zeigte. Er presste sein Gesicht an die Fensterscheibe. Maiken lachte nicht. Sie wandte sich halbwegs ab.
    Cato Isaksen hatte deutlich das Gefühl, dass es etwas gab, das sie gern gesagt hätte.
    «Kannst du eine Liste ihres Freundeskreises machen? Und von Bekannten, von allen, die dir einfallen?»
    «Aber das habe ich doch schon gemacht. Für die anderen Polizisten.»
    «Das weiß ich. Aber kannst du auch für mich eine machen?»
    «Okay», sagte sie kurz.
    Als er gehen wollte, stieg sie in ein Paar Gummistiefel und ging mit ihm hinaus. Sie zeigte auf die kleinen Grundstücke, die unterhalb des Hauses eingezäunt waren.
    «Hier pflanzen wir Kohl und Erdbeeren.»
    «Und wer gräbt am Grundstückrand um?»
    «Mein Vater. Er will überall Entwässerungsgräben anlegen.»
    Alexander kam auf sie zugelaufen, sobald er sie entdeckt hatte.
    «Huhn», sagte er mit belegter Stimme. «Dich zeigen?» Eifrig packte er Cato Isaksen am Arm.
    «Alexander füttert sie», sagte Maiken Stenberg ernst. «Das macht er gut.»
    «Sehr gut. Komm», sagte der mongoloide Bruder und verzog den Mund zu einer Grimasse.
    Cato Isaksen lächelte dem Jungen zu und ging mit ihm zum Hühnerstall. Das rotangestrichene kleine Bretterhaus war vielleicht zwei Meter lang. Der Maschendraht, der es umgab, bildete auch ein Dach, so dass die Hühner nicht herausflattern konnten.
    «Mein zunander.» Alexander ging zum Hühnerstall und zeigte auf zwei Hühner, die aufeinander einhackten.
    «Mein», wiederholte er.
    «Sie hacken aufeinander ein», erklärte Maiken. «Bringen sich gegenseitig um. Fressen einander. Sie sind Raubtiere.»
    «Mussöten.»
    «Alexander tötet sie, wenn sie zu viele werden. Fünf oder sechs pro Jahr.»
    «Ach», sagte Cato Isaksen. «Ist das normal so?»
    «Ja», sagte Maiken.
    «Fümf sechs po Jahr», sagte Alexander stolz.
    Cato Isaksen musterte die drei Vögel, die hin und her stolzierten und im Boden pickten.
    «Atz Minogga», sagte Alexander, «Aerhühner.»
    «Schwarze Minorkas und Jaerhühner», wiederholte Maiken.
    «Wie tötest du sie?» Cato Isaksen schaute Alexander interessiert an.
    «Oh.» Er hob die Hände und zeigte, wie er ihnen den Hals umdrehte.
    «Nur, wenn Papa das sagt», erklärte Maiken. «Ab und zu muss das sein, damit Ruhe im Hühnerstall herrscht. Sogar Papa findet das schrecklich, aber Alexander gefällt es. Sie wehren sich, sie wollen einfach nicht sterben, sie halten erst still, wenn ihnen der Kopf abgehackt worden ist. Und auch dann nicht immer.» Sie lächelte zaghaft.   
    «Woll nich Stäben.» Alexander lachte laut. Seine schmalen Augen wurden noch schmaler. «Woll nich Stäben, aber wir essen sie.»
    «Ich nicht», sagte Maiken. «Ich weigere mich. Das ist einfach widerlich.»
    «Ist das das Gartenhaus?», fragte Cato Isaksen und zeigte auf ein altes rotes Haus, das ein wenig im Hintergrund lag. Eine kurze Laufplanke führte zu einer Tür hoch, von der die weiße Farbe abgeblättert war. Maiken Stenberg nickte.
    «Ihr wart an dem Abend also dort?»
    «Ja. Wir haben ein altes Sofa und allerlei Kram reingestellt.»
    «Darf ich mal reinschauen?»
    Maiken nickte und ging vor ihm die Planke hoch. Sie öffnete die Tür und knipste das Licht an.
    Viel war hier nicht zu

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