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Spurlos in der Nacht

Spurlos in der Nacht

Titel: Spurlos in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unni Lindell
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Mann ihm mit dem Stock drohte. Die Wolken verzogen sich jetzt und plötzlich war der Himmel fast blau. Die viel zu scharfe Frühlingssonne legte sich wie eine warme Decke über den Wagen.
    Maiken Stenberg, Kathrines beste Freundin, wohnte mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder in einem gelben Holzhaus, das ein Stück von der Hauptstraße entfernt lag, so war es ihm berichtet worden. Er fuhr an einer Baumschule vorbei und dann über eine kleine Brücke. Er folgte einem Kiesweg und erreichte nach einigen hundert Metern das Haus, das zwischen kleinen Gartenstücken lag, die mit Maschendraht eingezäunt waren. An den Parzellenrändern waren kleine Erdhaufen aufgeworfen. Offenbar versuchte jemand das ganze Grundstück zu entwässern. Am Rand der Grundstücke erhob sich der Wald wie eine Mauer. Die Vögel zwitscherten, als Cato Isaksen aus dem Wagen stieg. An der Haustür hing ein handgefertigtes Holzschild, das vier Köpfe und daneben vier Namen zeigte.
    Maiken Stenberg öffnete die Tür. Sie war schmächtig und sah traurig aus. Sie trug Jeans und einen hellblauen Angorapullover. Der Ermittler stellte sich vor und im selben Moment verzog sich das Gesicht des Mädchens ängstlich.
    «Habt ihr sie gefunden?», fragte sie. Cato Isaksen verneinte sofort und sagte beruhigend, er wolle sich nur kurz mit ihr unterhalten.
    «Glaubst du, es ist deinen Eltern Recht, wenn ich dir ein paar Fragen stelle?»
    «Das ist doch schon einige Male passiert», sagte sie.
    «Das weiß ich, aber ich komme von einer anderen Abteilung. Ich muss mich vor allem um den Mord an ihrer Großmutter kümmern.»
    Maiken Stenberg schluckte. Sie bat ihn in die Küche, die ein großes Fenster mit Blick nach Süden hatte.
    «Hier ist es aber gemütlich», sagte Cato Isaksen freundlich und bat sie, ihre Eltern anzurufen und die Erlaubnis für dieses Gespräch einzuholen.
    «Ich weiß, dass es ihnen Recht ist», sagte Maiken Stenberg leise. «Alle wollen doch, dass Kathrine wieder nach Hause kommt.»
    «Ja», sagte der Ermittler traurig.
    Sie setzten sich an den Tisch aus Kiefernholz. Maiken spielte zerstreut an der blaukarierten Tischdecke herum.   
    Dann fing sie unaufgefordert an zu erzählen. Sie berichtete, dass sie an dem Abend, als Kathrine verschwand, viel mit ihr geredet habe. «Wir haben zwei-, dreimal telefoniert und uns außerdem auch noch getroffen. Das habe ich auch dem anderen Polizisten erzählt», betonte sie. Cato Isaksen lächelte sie an. «Das weiß ich», sagte er, ehe sie weiterreden konnte. «Das war nichts Besonderes, wir haben uns dauernd gegenseitig angerufen.»
    Cato Isaksen konnte sich durchaus vorstellen, dass Mädchen in diesem Alter fast symbiotische Beziehungen zueinander eingingen.
    «Kannst du mir ein wenig über diesen Abend erzählen?»
    Maiken Stenberg zuckte mit den Schultern. «Eigentlich ist nichts Besonderes passiert. Wir waren unten bei Kenneth, aber dann wollte er uns plötzlich lossein.»   
    «Warum das?»
    Wieder zuckte sie mit den Schultern. «Er ist einfach so, plötzlich wird er eben sauer.»
    «Wollte er auch Kathrine lossein?»
    «Nein. Aber sie ist trotzdem mitgekommen. Kenneth ist so seltsam.»
    «Kannst du das ein wenig genauer erklären?»
    «Das ist ziemlich schwer, es ist ja eigentlich nichts passiert. Es passiert einfach ab und zu, dass alle sauer sind. Deshalb sind wir gegangen.»
    Cato Isaksen sah Maiken Stenberg an. Er überlegte, dass sie Kathrine wohl ziemlich ähnlich sah. Blond und schmächtig, blaue Augen, hübsches Gesicht.
    Er ließ sie weiterreden.
    «Kenneth ist so träge. Er hat zu fast nichts Lust. Er hat noch nie ein Buch gelesen, er liest nur Micky Maus. Und dabei ist er schon sechzehn. Er weiß nicht mal, was die Hizbollah ist.» Sie schaute den Ermittler lange an. «Wissen Sie, was die Hizbollah ist?», fragte sie.
    Cato Isaksen lächelte. «Eine libanesische Guerillagruppe», sagte er.
    Maikens Gesicht öffnete sich zu einem fröhlichen kleinen Lächeln. «Genau», sagte sie. «Das wissen doch alle.»
    «Weißt du denn, was NATO bedeutet?» Cato Isaksen konnte sich diese Frage nicht verkneifen.
    «Bedeutet?» Maiken schaute ihn besorgt an. «Wie meinen Sie das, ich weiß doch, was die NATO ist.»
    «Ja, aber wofür stehen die Buchstaben?»
    Maiken Stenberg wurde rot.
    «North Atlantic Treaty Organization», sagte Cato Isaksen und kam sich im selben Moment schrecklich dumm vor. Er wollte sie doch dazu bringen, ihm ganz entspannt alles Mögliche zu erzählen. Stattdessen

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