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Spurlos in der Nacht

Spurlos in der Nacht

Titel: Spurlos in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unni Lindell
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nickte. «Ja», sagte er. «So spät.»
    Er fuhr zur Wache und setzte sie ab. Sie nickten einander kurz zu, dann stieg Ellen aus und knallte die Tür zu. Es war kurz nach neun. Cato Isaksen versuchte sich zu sammeln, als er nach Asker fuhr. Er sah ein, dass er verloren hatte. Oder vielleicht auch gewonnen. Sollte Ellen doch heiraten. Im Grunde war das nur gut so. Für ihn bedeutete das ein Problem weniger.
    Er schloss die Tür auf, ging mit einer um Entschuldigung bittenden Geste auf Bente zu, nahm ihre Hand und zog sie aufs Sofa.   
    «Du wolltest rechtzeitig zu Hause sein», sagte sie gereizt.
    «Wo ist Vetle?», fragte er.
    «Unterwegs. Ich glaube, er sucht den Kater.»
    Er seufzte. «Ich hab es einfach nicht geschafft», sagte er. «Du weißt, wie das ist.» Seine Gefühle vermischten sich. Schuldbewusstsein und Zärtlichkeit. Und Resignation.
    Sie holte Luft und nickte verständnisvoll. «Vetle war enttäuscht», sagte sie. «Er hat sich auch nach dem Handy erkundigt. Hast du ihm ein neues versprochen?»
    Er nickte. «Das besorg ich morgen», sagte er.
    Zwischen ihnen wuchs die Stille. Bente schaltete den Fernseher an. Ein Bild der Bewohner des Big-Brother-Containers füllte den Bildschirm. Cato Isaksen stand auf, ging ins Badezimmer, drehte den Wasserhahn auf und ließ den Strahl auf seine Finger treffen. Er schob die Unterlippe vor und blies sich Luft ins Gesicht.

13
    Cato Isaksen fuhr nach Ullevål Hageby, um sich Brenda Moens Wohnung anzusehen. Ellen war schon dort. Sie lächelte ihm kurz zu. Er hatte nicht das Bedürfnis mit ihr zu sprechen.
    Alf Boris Moen war nicht zu Hause. Sicher ging er jetzt wieder zur Arbeit. Brenda Moens Wohnung zu betreten war wie ein Schritt in eine andere Welt, wie eine Reise zurück in der Zeit. Die Zimmer waren ganz einfach überfüllt. Die siebzig Quadratmeter wirkten kleiner als die im Obergeschoss. Die Wände waren mit geblümten Tapeten bedeckt. An der einen Wand hing ein großer alter Spiegel in dickem Goldrahmen. An der Wand gegenüber hing das Bild, das die alten Damen bereits erwähnt hatten. Es zeigte Königin Maud in einem senfgelben Kleid. Andere große Gemälde in schweren Goldrahmen hingen dicht an dicht. Alte Möbel, ein fliederfarbenes Rokokkosofa mit einem verschlungenen Goldmuster, ein weißer runder Tisch, ebenfalls golden verziert, und zwei dazu passende Stühle standen vor der einen Wand. Vor den Fenstern hingen schwere Portieren aus goldenem Stoff. In einer Ecke stand auf einem Gestell eine altmodische Schneiderpuppe.
    «Meine Güte», sagte Cato Isaksen überwältigt und ging zu einer großen Kommode, deren heruntergelassene Klappe mit gerahmten Fotos besetzt war. «Das ist ja überwältigend», sagte er und ließ den Finger durch den Staub wandern, der in unregelmäßigen Flächen zwischen den Bildern lag.
    Ellen Grue schaute zu ihm herüber und lächelte. «Hier würde ich ungern wohnen», sagte sie.
    Cato Isaksen konnte sie verstehen. Während ihrer vagen Beziehung hatte er Ellens Wohnung einige Male besucht. Er dachte an die weißen Wände, an die minimalistischen Möbel und die wenigen, aber geschmackvollen Lithografien.
    «Hier gibt es wohl auch einen Speicher und einen Keller, aber da ist der Mord ja nicht passiert, also sind sie wohl nicht weiter interessant.» Er trat an ein Fenster und hob die Gardine an. Er schaute hinaus in den Garten und entdeckte eine junge Frau, die in der Parzelle harkte, die von Brenda Moens am weitesten entfernt lag.
    «Die können wir uns ja ein andermal ansehen», sagte Ellen Grue und schaute kurz auf die Uhr.
    «Nicht so ungeduldig», sagte er. «Nimm ein bisschen Rücksicht.»
    «Willst du damit sagen, ich sollte hier die Gedankenleserin spielen? Willst du mich in eine Art Mutterrolle drängen?»
    «Mutterrolle? Meine Güte.» Cato Isaksen dachte, das hier könne schwierig werden. Er drehte sich um und musterte sie resigniert. Er merkte, dass ihr Tonfall ihn verletzte.
    «Wonach sollen wir suchen?», frage sie.
    Er zuckte mit den Schultern. «Ich weiß nicht», erwiderte er. «Das hier ist nicht der Tatort», erklärte er noch einmal. «Aber wir müssen trotzdem alles untersuchen.»
    «Ja.»
    Unbewusst suchte er nach Zeichen. Es konnte etwas in einer Kommodenschublade verborgen sein, in einem Brief oder in einem Küchenschrank. Brenda Moen war auf offener Straße niedergeschossen worden. Der Mord war vermutlich unmotiviert und zufällig geschehen. Und was half es dann, in Staub und in Schubladen nach Gespenstern

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