Spurlos in der Nacht
konnte anfangen.
Cato Isaksen schaute in die Runde. «Ich muss in einer halben Stunde los», sagte er. «Zur Beerdigung von Brenda Moen.»
«Das wissen wir», sagte Randi Johansen. «Ich wollte mitkommen.»
Cato Isaksen nickte. «Ich glaube, Kenneth Hansen weiß etwas», sagte er. «Irgendwas an seinem Verhalten stimmt nicht.»
«Du glaubst, dass er etwas mit Kathrines Verschwinden zu tun hat?» Randi Johansen musterte ihn gespannt.
«Das weiß ich nicht.»
«Macht er einen ängstlichen Eindruck?» Preben Ulriksen kratzte sich mit einem Kugelschreiber hinter dem Ohr.
«Ängstlich eigentlich nicht. Ich weiß nicht, wie ich das nennen würde», sagte Cato Isaksen und schrieb neue Wörter auf den weißen Bogen. Wahrheit. Sehen. Sehen wagen.
15
Die Trauerfeier für Brenda Elise Moen fand auf dem Friedhof Vestre Gravlund statt. In der Kapelle war es kalt. Die dicken Mauern sperrten die Frühlingssonne aus. Randi Johansen und Cato Isaksen setzten sich diskret in eine der hintersten Bankreihen. Die dünnen Orgelklänge füllten das Lokal. Die Familie saß mit gesenkten Köpfen auf der vordersten Bank. Cato Isaksen erkannte Helena Bjerke, die zwischen ihrem Bruder und Tage Wolter saß. Ein gut aussehender blonder Mann und eine ältere Dame saßen ebenfalls in der ersten Bank. Die Freundinnen aus dem royalistischen Club waren vertreten, dazu Bekannte von Kathrine. Maiken saß zwischen Kenneth und Lars Lofthus.
Cato Isaksen staunte darüber, dass es fast keine Blumen gab. Auf dem Sarg lag ein Strauß in den unpassenden Farben grün, weiß und orange. Daneben standen zwei kleine Kränze. Aber ansonsten waren auf dem Boden nur vier oder fünf kleine Sträuße verstreut.
Der Pastor kam leise herein und begrüßte die fünf Menschen in der ersten Reihe. Helena Bjerke senkte den Kopf. Der Pastor sprach darüber, wie plötzlich ein Leben enden könne und wie ungerecht das alles sei. Helena Bjerke schluchzte laut. Ihr Freund und ihr Bruder legten beide den Arm um sie.
Randi beugte sich zu Cato herüber und flüsterte, dass Helena Bjerke sicher doppelt trauere. «Vielleicht stellt sie sich vor, dass Kathrine dort im Sarg liegt. Das muss entsetzlich sein.»
Cato Isaksen hatte sich das auch schon überlegt. Nachdem der Pastor gesprochen und sie einige Choräle gesungen hatten, läuteten die Glocken, um das Ende der Trauerfeier anzukündigen. Im Namen der Familie dankte der Pastor allen Anwesenden. Randi und Cato warteten, bis alle anderen die Kapelle verlassen hatten.
Einar Bjerke, Kathrines Vater, arbeitete in einer Firma, die Gewerberäume vermietete. Das Büro lag in Skoyen, in einem eleganten Gebäude. Die Fassade bestand aus Glas, Stein und Stahl.
Cato Isaksen hatte Preben Ulriksen mitgenommen, der gut in diese Umgebung passte. In seiner Zivilkleidung sah er aus wie ein Börsenmakler.
Sie fuhren mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock und betraten eine Rezeption, deren große Fenster auf die Bucht Frognerkilen schauten.
«Hier könnte ich es auch aushalten», sagte Preben Ulriksen lächelnd. «Warum haben wir nicht auch solche Büros?»
«Gute Frage», sagte Cato Isaksen und lächelte.
Nachdem sie fünf Minuten auf runden minimalistischen Sesseln mit Stahlbeinen gewartet hatten, wurden sie zu Einar Bjerke geführt, der sich für diese Verspätung entschuldigte. Cato Isaksen erkannte ihn von Brenda Moens Beerdigung her.
«Hier ist im Moment schrecklich viel los», sagte Bjerke und bat die Gäste, sich zu setzen. Dann rief er in der Rezeption an und orderte Kaffee und Mineralwasser. Vielleicht auch einen Happen zu essen? Er schaute die Ermittler fragend an. Beide lehnten höflich ab, obwohl Cato vor Hunger schon der Magen knurrte.
Er überlegte, dass der Anzug, den Kathrines Vater trug, sicher sehr teuer gewesen war. Der Mann machte überhaupt einen ganz anderen Eindruck als seine kettenrauchende Ex-Frau mit ihrem verschlissenen Trainingsanzug und den ungepflegten Haaren. Es fiel ihm schwer, sich die beiden zusammen vorzustellen. Einar Bjerke war natürlich über den Mord an seiner ehemaligen Schwiegermutter erschüttert. «Meine Mutter und ich waren gestern bei der Beerdigung», sagte er. Cato Isaksen nickte.
«Es ist schwer zu begreifen, was im Moment mit uns geschieht.» Bjerke fuhr sich müde durch das Gesicht.
Die Ermittler betrachteten den blonden Mann, der tiefe dunkle Ringe unter den Augen hatte. «Leider habe ich Kathrine nicht sehr oft gesehen», sagte er. «Sie hatte kein Interesse daran, wenn ich
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