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ST - New Frontier 5: Ort der Stille

ST - New Frontier 5: Ort der Stille

Titel: ST - New Frontier 5: Ort der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter David
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ihr Name fiel. Es war schon merkwürdig, dass man aus dem Lärm einer Menge problemlos den eigenen Namen heraushören konnte. Wenn man berühmt war, lernte man, seine Reaktionen zu beherrschen, wenn sich der geflüsterte Name durch eine größere Menge ausbreitete. Es wäre unklug, nach außen sichtbar darauf zu reagieren; es vertrug sich nicht mit der Besonnenheit, die man als berühmte Person an den Tag legte. Riella hatte nicht allzu viel Erfahrung im Umgang mit anderen, aber sie besaß zumindest genügend Selbstbeherrschung, sich nicht umzuschauen, wenn sie hörte, wie ihr Name hin und her flog. Es wäre außerdem völlig überflüssig gewesen, da sie auch so wusste, wer über sie sprach.
    Es waren die Jungen. Es waren immer die Jungen.
    Manchmal schaute sie aus dem Fenster ihres Hauses (ihres Heims, es war ihr Heim!) und sah, wie die Jungen vorbeiliefen. Dann zeigten sie auf ihr Fenster und flüsterten und lachten, und sie hörte, wie die Worte »fremdartig« oder »unheimlich« im Zusammenhang mit ihrem Namen fielen. Zugegeben, auch die Worte »hübsch« oder »exotisch« tauchten gelegentlich auf, was ihr einen gewissen Trost gab. Doch sie wünschte sich, nicht wegen ihres Aussehens oder ihrer Fremdartigkeit berühmt zu sein, sondern aus einem anderen Grund, nur dass sie sich nie entscheiden konnte, aus welchem.
    Sie lief die Hauptstraße entlang, die quer durch die kleine Ansiedlung verlief, und sah ihr Spiegelbild im Schaufenster eines Geschäfts. Und sie sah, dass die Jungen ihr folgten. Sie hatte nicht das Gefühl,
verfolgt
zu werden. Die Jungen waren nur neugierig und versuchten, den Eindruck zu erwecken, zufällig in diese Richtung zu schlendern und ihr keinerlei Aufmerksamkeit zu schenken. Sie wünschte sich, es würde ihr schmeicheln oder sie wenigstens belustigen. Doch sie empfand überhaupt nichts, als wären sie ihr völlig gleichgültig.
    Sie fragte sich allmählich, ob es irgendetwas auf der Welt gab, das ihr nicht gleichgültig war.
    Unvermittelt blieb sie stehen und drehte sich zu ihnen um. Es waren vier Jungen, die die Köpfe zusammengesteckt hatten und sich etwas zuflüsterten, als sie plötzlich »bemerkt« wurden und wie angewurzelt stehen blieben. Sie kannte den größten von ihnen, sein Name war Jeet. Sein Körper und sein Gesicht waren ein Puzzle, aus dem sich im Laufe der Zeit vielleicht einmal ein gutaussehender Mann entwickeln mochte. Jetzt wirkte er einfach nur schlaksig. »Kann ich dir irgendwie helfen, Jeet?«
    Jeet blickte sich unbehaglich zu den anderen um. »Nein«, sagte er nach kurzem Zögern. »Wir … gehen nur spazieren.«
    »Ihr habt mich nicht zufällig verfolgt?«
    Die Jungen schüttelten energisch die Köpfe, um diesen Verdacht weit von sich zu weisen. Riella fragte leicht amüsiert: »Seid ihr euch ganz sicher?«, woraufhin sie ebenso energisch nickten.
    Sie musterte die Jungen noch einen Moment. Niemand rührte sich von der Stelle, als ginge es hier um eine Art Blickduell. »Na gut«, sagte sie schließlich. »Dann wünsche ich euch noch einen schönen Abend.«
    »Wir dir auch, Riella«, sagte Jeet, dann zogen sich die Jungen hastig zurück.
    Riella bedauerte diese Entwicklung. Um ehrlich zu sein, hätte sie nichts dagegen gehabt, wenn einer oder sogar alle ihr Gesellschaft geleistet hätten. Aber seltsamerweise sehnte sie sich gleichermaßen nach Gesellschaft wie nach Einsamkeit. Sie versuchte gar nicht erst, diese Anwandlungen zu verstehen. Sie fragte sich, ob es ihr überhaupt möglich war, jemals etwas zu verstehen.
    Die Träume umschwirrten ihr Bewusstsein wie Insekten.
    Riella ging weiter, und nachdem sie die schlichten Gebäude der kleinen Stadt hinter sich gelassen hatte, war außer Riella nichts und niemand mehr auf oder neben der Straße. Die Sonne war inzwischen untergegangen, doch die Monde spendeten genügend Licht, damit sie ihren Weg fand.
    Aber wohin führte ihr Weg?
    Vor ihr lag eine kleine Felsgruppe, in der moosähnliche Pflanzen wuchsen und eine schwammartige Oberfläche bildeten, auf der man bequem sitzen konnte. Sie kam häufig an diesen Ort, nur um allein zu sein und über ihr Leben nachzudenken. Sie kam hierher, um nach Antworten zu suchen, nach Absolution oder … Sie wusste es selbst nicht. Antworten auf Fragen, die sie nicht einmal stellen konnte, Antworten, die sie vermutlich auch dann nicht verstünde, wenn sie ihr gegeben würden.
    »Warum bin ich so?«, fragte sie. »Warum finde ich keine Ruhe? Anderen Leuten geht es nicht so. Warum geht

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