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ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten

Titel: ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David R. George III
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Leningrad einzunehmen, und Japan kontrollierte mittlerweile alle australischen Häfen und Städte. McCoy hatte die Berichterstattung über den Krieg jedoch erwartet und wusste, dass das auch für Lynn galt. Er war davon ausgegangen, dass sie die schnelle Zusammenfassung der Ereignisse schon überstehen würde und danach den Film genießen konnte.
    Doch als
Gefundene Jahre
mit einer Szene im Militärflügel einer psychiatrischen Anstalt begann, in der ein an Amnesie leidender Soldat mit einem Kriegstrauma saß, war McCoy innerlich zusammengezuckt. Phils Erfahrungen im Krieg waren natürlich ganz anders und sehr viel schlimmer gewesen, aber McCoy befürchtete dennoch, dass die sich auf der Leinwand des dunklen Kinosaals abspielende Geschichte dafür sorgen könnte, dass Lynn den Schmerz über den Verlust ihres Mannes erneut durchleben musste. Er hatte überlegt, sie zu fragen, ob sie lieber gehen wollte. Jedoch entschied er sich das Thema nur dann anzuschneiden, wenn er Anzeichen dafür sah, dass sie sich unwohl fühlte. Schließlich hatte er einfach neben ihr gesessen und sie im schwachen Licht hin und wieder betrachtet, um ihren emotionalen Zustand zu beurteilen.
    Nun, als sie mitten in der Nacht die Merrysville Road entlangfuhren, dachte McCoy über Lynn nach und darüber, wie sie die letzten vier Jahre ihres Lebens gemeistert hatte. Sie und Phil waren einundzwanzig Jahre lang verheiratet gewesen, als er sich bei der Armee eingeschrieben hatte. Zwei Jahre später hatte sie die Nachricht erhalten, dass er in der Schlacht bei Portmagee gefallen war. Der Verlust eines Partners gehörte zu den schwersten emotionalen Bürden, die ein Mensch tragen konnte. Es war in den meisten Fällen sogar noch schlimmer als der Tod eines Kindes. Noch bedenklicher war, dass Menschen, die ihren Partner nach einer langen Beziehung verloren, oftmals gesundheitliche Probleme bekamen und nicht selten unter psychologischen Krankheiten litten.
    Lynn schien es jedoch gut zu gehen. Seit McCoy die Dickinsons damals kennenlernte, hatte er sehr viel Zeit mit ihnen verbracht. Und seit Phil nach Fort Jackson und später nach Europa gegangen war, hatte McCoy sogar noch mehr Zeit mit Lynn verbracht. Sie besaß eine unglaubliche innere Kraft, wie ihre Reaktion auf den Film an diesem Abend einmal mehr bewies.
    Natürlich vermisste sie Phil nach wie vor und hatte auch um ihn getrauert. Doch gleich nach Phils Eintritt in die Armee war McCoy Zeuge geworden, wie sie sich zusammenriss und ihr Leben tapfer weiterführte. Nach seinem Tod schien sie diese Bemühungen sogar noch zu verdoppeln. Es wäre durchaus verständlich gewesen, wenn sie sich einer Depression hingegeben und sich aus der Gesellschaft sowie von ihren Freunden zurückgezogen hätte, doch das hatte sie nicht getan. Und sie hatte auch nicht versucht, die Lücke, die die Abwesenheit ihres Mannes in ihrem Leben hinterlassen hatte, mit anderen Menschen zu füllen.
    Als Phil im Jahr 1946 starb, standen ihr die Stadtbewohner zur Seite und halfen ihr, die Baumwollernte zu Ende zu bringen. Im vergangenen sowie in diesem Jahr hatte sie dafür einfach Wanderarbeiter angeheuert und die restliche Arbeit selbst erledigt, obwohl sie nebenbei noch in der Mühle schuftete. Sie traf sich weiterhin mit ihren Freunden und schien das Beste aus dem machen zu wollen, was manche wohl als tragisches Leben bezeichnen würden. Ihr Vater war bei einem Holztransport auf dem Fluss ertrunken, als sie erst dreizehn gewesen war. Und ihre Mutter, der Lynn sehr nah gestanden hatte, war fünfzehn Jahre später an einer schmerzhaften Krankheit gestorben. Nach Phils Tod hatte sie nun die drei wichtigsten Menschen in ihrem Leben verloren. Und doch hielt sie nicht einfach nur durch, sondern schien regelrecht aufzublühen.
    Als McCoy langsamer fuhr und auf die Church Street einbog, erinnerte er sich, wie leicht es ihm einst gefallen war, die Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts aus einem elitären Blickwinkel zu betrachten. Die kaum entwickelten Technologien sowie die oftmals rückständig wirkende Gesellschaft verleiteten ihn häufig dazu, auch von den Menschen einen Mangel an seelischer Stärke zu erwarten. Doch seine Arbeit in der Mission in New York und die späteren Erfahrungen mit den primitiven medizinischen Methoden in Hayden hatten ihm gezeigt, wie schwierig die Lebensumstände in den 1930ern und während der Großen Depression gewesen waren. Auch die 1940er und der Zweite Weltkrieg machten es den Menschen nicht leichter.

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