Staatsanwalt sucht Polizist
säuberlich in die Handakte und zog mir die schwarze Robe aus.
Als ich fünf Minuten später auf den Flur hinaustrat, war mein süßer Polizist leider schon weg. Richter Gotthardt hatte ihn bereits entlassen. Enttäuscht machte ich mich auf den Heimweg.
Nun hieß es noch eine ganze Woche abwarten und ein langes Wochenende im Kreise der Familie überstehen. Meine Schwester feierte ihren zweiunddreißigsten Geburtstag und die ganze Familie war eingeladen. Eigentlich besuchte ich meine Eltern gerne, aber zu Katjas Geburtstag sollten auch etliche Tanten und Onkel kommen, die ich schon ewig nicht mehr gesehen hatte. Ich wusste genau, was mir blühte.
„ Ach, Marten, mein Junge. Du bist aber groß geworden. Wo ist denn deine Frau? Hast du gar keine Kinder? “
Wie gruselig! Ich entschied mich, meine Akten mit nach Hause zu nehmen und Feierabend zu machen, ohne noch im Büro vorbeizuschauen. Für heute hatte ich genug getan. Außerdem würde ich mich sowieso nicht mehr konzentrieren können. Unvermittelt blieb ich stehen. Mir fiel ein, was ich während der Verhandlung eigentlich nachschlagen wollte.
„He, was soll das? Kannst du nicht aufpassen, Mann?“
Ein großer, bulliger Mann war in mich hineingeprallt und hatte mir dabei fast die Tasche aus der Hand geschlagen.
Ärgerlich schaute ich ihn an. Was musste der Typ auch so dicht auflaufen? Kopfschüttelnd entfernte er sich, während ich meine Tasche öffnete und die Handakte herauszog. Nervös blätterte ich sie durch, bis ich endlich auf den Polizeibericht stieß, auf dem sein Name stehen musste. Nico Krohninger …hm. Nett! Ich blickte auf. Nico hieß er also. Ich verstaute die Akte und lief zur nächsten U-Bahnstation. Eine halbe Stunde später war ich zu Hause und machte mir erst einmal einen heißen Cappuccino und eine Kleinigkeit zu essen.
* * *
Bereits um zwei Uhr am darauffolgenden Tag saß ich im Zug nach Wilhelmshaven, um meine Familie zu besuchen. Meine Freude hielt sich in Grenzen bei dem Gedanken, dass ich mir wieder anhören durfte, wie schade es doch sei, dass ich niemanden mitgebracht hatte, wo doch meine große Schwester Katja bereits einen Ehemann und zwei entzückende Kinder vorweisen konnte. Und jedes Mal rang ich mir ein schwaches Lächeln ab und vertröstete meine Eltern. Ich war halt ein vielbeschäftigter Mann. Dass es nicht so einfach war, den Richtigen zu finden, verschwieg ich.
Mein Vater wartete bereits am Bahnhof auf mich.
„Hallo, mein Sohn! Wie war die Fahrt?“ Er umarmte mich und klopfte mir auf die Schultern.
„Hallo Papa! Ruhig, wie immer. Ich habe ja immer zu tun, wie du weißt..
Das war natürlich glattweg gelogen. Ich war so unkonzentriert, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Der bloße Gedanke an Nico hinterließ ein flaues Gefühl in meinem Magen, als hätte ich eine Achterbahnfahrt hinter mir und dazu noch ein Glas Wein zu viel getrunken. Also hatte ich meine Akten lieber gleich zu Hause gelassen und war mit einer kleinen Reisetascheund meinem MP3-Player bewaffnet losgefahren. Auf soeiner Bahnfahrt konnte man seinen Träumen hervorragend freien Lauf lassen.
„Ach, Marten! Du arbeitest zu viel. Du solltest mal wieder ausspannen und jemanden kennenlernen. Sieh dir deine Schwester an….
Ich stöhnte innerlich auf. Jetzt kam die Leier wieder.
„Ich weiß, Papa. Katja ist verheiratet, hat zwei süße Kinder und ein großes Haus. Demnächst kauft sie sich noch einen Hund und für die Kinder ein Meerschweinchen. Ach, Papa, ich bin halt nicht wie Katja. Außerdem bin ich ja noch jung ....
Mein Vater nahm mir die kleine Reisetasche ab, als sei ich sechs Jahre alt.
„Papa, du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen. Ich bin neunundzwanzig Jahre alt, habe einen Beruf, der mir viel Spaß macht und irgendwann treffe ich auch den Richtigen …Und die Tasche kann ich übrigens auch alleine tragen..
Mein Vater winkte ab und ging voraus. Für ihn werde ich wahrscheinlich immer noch der kleine Marten sein, wenn ich schon ergraut bin und am Stock laufe. Achselzuckend folgte ich ihm.
Wir stiegen in seinen neuen Audi A9 und fuhren zum Haus meiner Eltern. Meine Mutter freute sich riesig, mich zu sehen und ließ mich gar nicht wieder los.
„Ach, mein Schatz! Du kommst viel zu selten nach Hause. Du siehst gar nicht gut aus … du bist so blass! Bestimmt arbeitest du zu viel ….
Ich grinste meine Mutter an. „Wäre es dir lieber, ich wäre arbeitslos und hätte viel Zeit zum Vögeln?“
Meine Mutter
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