Staatsverschuldung
Wirtschaft und auf dem allgemeinen Kapitalmarkt auch zu steigenden effektiven Zinsen auf Staatspapiere. Wenn der Staat dann neue Anleihen begeben will (also neue Schulden aufnehmen möchte), muss er einen höheren Nominalzins bieten als vorher, um genügend Käufer für seine Anleihen zu finden. Schuldenmachen wird dann für den Staat teurer.
Damit haben wir einen ersten Bestimmungsfaktor für die Höhe der Zinsen gefunden, die der Staat den Anlegern bieten muss, damit sie ihm Geld leihen: Je höher die Renditen sind, die andere Wertpapiere abwerfen, umso höhere Zinsen muss auch der Staat seinen Anlegern bieten. Doch nicht nur das aktuelle Zinsniveau bestimmt die Höhe der Zinsen, die der Staat bieten muss. Die folgenden Faktoren sind ebenfalls von großer Bedeutung für die Höhe der Nominalverzinsung:
– Die
Laufzeit
einer Anleihe. Je länger die Laufzeit einer Anleihe, desto höher der Zins, den der Staat zahlen muss. Je länger Anleger auf ihr Geld zugunsten des Staates verzichten sollen, umso höher ist normalerweise die Entschädigung, die sie dafür verlangen.
– Die Höhe der
Inflationsrate.
Je höher die Inflationsrate ist, umso stärker wird im Zeitablauf das Geld entwertet, das man dem Staat geliehen hat – also fordert man als Gläubiger zum Ausgleich höhere Nominalzinsen.
– Die
Bonität
eines Staates, also die vermutete Fähigkeit des Staates, seine Schulden wieder zurückzuzahlen. Je größer die Gefahr ist, dass der Staat seine Schulden in absehbarer Zeit nicht mehr begleichen kann, umso höher ist der Zins, den die Anleger verlangen. Der hohe Zins enthält dann eine
Risikoprämie.
Die Bonität eines Staates hängt maßgeblich von den Bonitätsurteilen des Marktes und der Marktbeobachter ab. In institutionalisierter Form werden diese Urteile von den
Rating-Agenturen
erteilt (mehr dazu in Abschnitt 6).
– Die
Erwartungen
der Anleger hinsichtlich der zukünftigen Inflationsrateund der Bonität des Staates. Diese Erwartungen sind auf den
Terminmärkten
ablesbar, also auf demjenigen Teil des Kapitalmarktes, auf dem Geschäfte mit Durchführung und Wirkung zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen werden. Man kann dort beispielsweise das Recht erwerben, ein Wertpapier zu einem späteren Zeitpunkt zu einem bereits feststehenden Preis zu kaufen oder zu verkaufen. In Bezug auf Staatsanleihen ist beispielsweise der
Bund-Future
ein Terminkontrakt auf fiktive Bundesanleihen. Vereinfacht gesagt erhält der Käufer eines Bund-Future das Recht, zu einem späteren, genau festgelegten Zeitpunkt eine vereinbarte Menge an Bundesanleihen zu einem bereits heute vereinbarten Preis zu kaufen. Der Marktpreis eines solchen Bund-Future gibt Aufschluss darüber, welche Kurse (und damit welche effektive Verzinsung) die Anleger für Bundesanleihen in den kommenden Monaten erwarten.
Diese Bestimmungsfaktoren der Zinsen auf Staatsverschuldung werden uns später noch beschäftigen, doch zuvor stellen wir noch ein paar wichtige Details der Organisation der Staatsverschuldung in Deutschland vor.
5. Organisation der Staatsverschuldung
In der Bundesrepublik Deutschland ruht die Organisation der Staatsverschuldung auf der Ebene des Bundes auf drei Pfeilern: dem Finanzministerium, der Bundesschuldenverwaltung und der Bundesbank. Das Finanzministerium vertritt die Bundesrepublik Deutschland als Schuldner (
Emittent
von Staatsanleihen) an den Kapitalmärkten. Der zentrale Dienstleister bei der Kreditaufnahme und beim Schuldenmanagement des Bundes ist seit 2001 die Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH (Finanzagentur). Die Agentur ist der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen unterstellt und soll die Kreditaufnahme des Bundes am Markt professioneller und effektiver betreiben und Zinseinsparungsmöglichkeiten durch den Einsatz moderner Finanzinstrumente ausschöpfen. Die Finanzagenturauktioniert Anleihen des Bundes, steuert dessen Liquidität und übernimmt vielfältige weitere Aufgaben, die mit dem Auftritt der Bundesrepublik am Kapitalmarkt anfallen.
Des Weiteren führt die Agentur das
Bundesschuldbuch
– hier dokumentiert und verwaltet der Bund seine Schulden und sonstigen Verbindlichkeiten (inklusive der Schulden der so genannten Sondervermögen, mehr dazu in Kapitel III). Die Eintragung in dieses elektronisch geführte Buch ersetzt die Beurkundung einer Anleihe – statt eines Ausdrucks auf Papier ist diese nur noch elektronisch gespeichert. Das Bundesschuldbuch beinhaltet auch die
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