Stadt Aus Blut
Tom hält endlich die Schnauze.
– War’s das, Tom? Bist du fertig? Bist du wieder cool?
Tom nickt.
– Ja. Ich bin cool, Terry.
– Gut. Dann geh spazieren.
Er klopft ihm auf die Schulter und sieht ihm hinterher, wie er Hurley die Treppe hoch folgt.
– Lydia.
Lydia sieht von der Tasse Kaffee auf, in die sie die ganze Zeit gestarrt hat.
– Willst du nicht mitgehen?
– Klar.
Sie folgt ihnen, ohne mich anzusehen. Terry wartet, bis sich die Tür hinter ihnen schließt. Dann setzt er sich mir gegenüber auf den alten Kartentisch.
– Er ist so ein Hitzkopf. Aber sehr überzeugt von seinen Idealen.
Ich spiele mit meinem Zippo.
– Was ja nicht schlecht ist, oder?
– Ich kann dir nicht folgen, Joe.
– Weißt du, manchmal hab ich den Eindruck, dass er irgendwann mal meinen Platz einnehmen wird. Er wird gute Arbeit leisten. Er mag es, mal die Sau rauszulassen.
Terry schüttelt den Kopf.
– Du warst immer der Beste, Joe. Keiner kann deinen Platz einnehmen.
– Tja, die Zeiten sind vorbei.
– Nicht unbedingt. Du kannst jederzeit wiederkommen.
Darauf brauche ich nicht zu antworten. Stattdessen zünde ich mir eine an. Terry hebt die Hand.
– Rauchen verboten, Joe.
– Ach ja.
Ich mache sie wieder aus.
– Du bist in einem Stück zurückgekommen.
– Ja.
– Wie ist es da oben gelaufen?
Er seufzt.
– Die alten Zeiten sind vorbei, Joe. Digga ist ein anderer Mensch als Luther. Luther war ein Mann der alten Schule, wie ich. Ein Revolutionär, kein Reaktionär. Luther hatte die Sechziger erlebt, wusste, dass man wirklich etwas bewirken kann. Und Luther hat viel bewirkt. Es ist schwer, den Leuten zu erklären, was wir damals geleistet haben, indem wir die Koalition rausgeworfen haben. Um ehrlich zu sein: Ich weiß nicht, ob wir heute hier wären, wenn es Luther X nicht gegeben hätte. Für einen Jungspund wie Grave Digga bedeutet Geschichte gar nichts. Aber ich glaube, ich konnte ihm ein bisschen ins Gewissen reden. Er weiß, dass er alleine nicht in den Krieg ziehen kann und dass wir ihm nicht helfen werden, selbst wenn die Koalition Luther umgebracht hat. Mit Rachegefühlen im Herzen kann man die Welt nicht verändern. Das sind keine produktiven Schwingungen, Mann.
– Aha. Wie bist du wieder hierhergekommen?
– Ich konnte was aushandeln. Mit Geduld und Anpassungsfähigkeit kann man immer was aushandeln.
– Was du da ausgehandelt hast – hat das zufällig damit zu tun, dass Predo einfach so bei mir aufgetaucht ist?
Terry zuckt mit den Schultern.
– Also gut, ich habe ihnen erlaubt, mein Gebiet zu betreten. Aber ich hab nicht gefragt, wer und wann.
– Das war ein Teil des Deals?
– Man muss sich verbiegen, um nicht zu zerbrechen, Joe.
– Es hat dich ja auch nicht weiter gewundert, dass Predo bei mir aufgetaucht ist.
– Das ist jetzt nicht fair. Du weißt, dass ich immer für dich da bin. Du bist mein Freund.
– Klar. Bin ich deswegen hier? Freundschaft?
Er beugt sich in seinem Stuhl vor.
– Ich hätte gern, dass alle unsere Abmachungen auf Freundschaft beruhen, Joe. Aber Tom hat recht. Es ist eine Menge passiert. Und ich würde gerne deine Version der Geschichte hören.
– Geht in Ordnung.
Ich nehme mir einen Augenblick Zeit, um meine Gedanken zu sortieren.
– Also, Terr, es war folgendermaßen: Erst gab’s ein bisschen Ärger.
Ich unterbreche mich. Terry nickt mir aufmunternd zu.
– Und dann hab ich mich drum gekümmert.
Terry wartet. Und wartet. Dann lächelt er.
– Wollen wir so verbleiben, Joe?
– Ja, ich denke schon.
– Okay, Bruder. Das ist okay. Aber da sind noch ein paar andere Sachen.
– Zum Beispiel?
– Du weißt ja, dass ich nicht viel vom Kapitalismus halte. Ich bin auch nicht der größte Fan der WTO. Aber manchmal hat es durchaus Vorzüge, auf einer quid-pro-quo- Basiszu arbeiten. So eine Art Tauschwirtschaft. Also lass uns mal aufrechnen.
– Was meinst du?
– Die Dusters zum Beispiel. Die fahren nicht umsonst nach Uptown und holen dich da raus. Unnötig zu erwähnen, dass die Aktion unser ohnehin angeschlagenes Verhältnis zur Koalition verschlechtert hat. Also das sind, wie soll ich sagen... die ersten Miesen auf deinem Konto.
Er hebt einen Finger.
– Auf einer weniger greifbaren Ebene wären da die negativen Schwingungen, die du in den letzten Tagen hier verbreitet hast.
Er hebt einen weiteren Finger.
– Außerdem verlangst du von uns, dass wir dir vertrauen, wenn du sagst, dass sich alles erledigt hat. Vertrauen, Joe, und ich
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