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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Segelflugzeug sauste durch unser Gesichtsfeld, prallte auf den Boden und zerbarst in einem Spritzer aufsteigender Bäume. Yl und Sib heulten auf beim Anblick von Shonas’ Tod.
    Ich hatte nicht geglaubt – nicht wirklich –, dass EzCal ein Luftgefährt erübrigen würde: für diese Aktion, für uns, jetzt. Ich schrie, und der Boden unter uns explodierte.
    Ich erwachte bei Lärm. Ich hustete, schrie auf und schaute in die vielen Augen eines Ariekei. Darüber sah ich unser aufgerissenes Fahrgestell, das den Blick auf den Himmel und die torkelnde Vegetation zuließ. Neben mir war das bewegungslose Gesicht eines anderen Ariekei – tot. Einige Momente lang dachte ich, dass ich im Sterben läge. Ich zog meine Äoli-Maske hoch, als der lebende Ariekei mich mit seinem Präsentflügel packte, mich durch einen großen Riss im umgestürzten Gefährt zerrte und davon wegzog.
    Ich begriff, dass seit unserer Zerstörung noch nicht viele Sekunden vergangen waren. Ich stolperte und stützte mich auf Spanischer Tänzer. Wir waren in einem Krater, der von Vegetation umsäumt war, die sich auf ausgefransten Stängeln nach oben streckte.
    Es gab mehr als einen ariekenischen Toten. Die Lebenden schleppten sich aus dem Hohlraum; sie schleiften Bren, Yl und Sib mit sich. Der Absurde stolperte desorientiert herum, und einer der verwundeten Ariekei schubste ihn, beförderte ihn auf uns zu und stieß ihn mit dem Präsentflügel in unsere Richtung. Wir hörten ein Keuchen, und aus dem Wald – an den Rändern unserer grausam geschlagenen Lichtung – ging ein weiterer Baum hoch, in dem sich ein Mann verheddert hatte und herabbaumelte: einer der Zentauren-Reiter. Er war von seinem Reittier abgeworfen worden. Er klammerte sich fest, fuhr jedoch sehr schnell in die Höhe. Was immer ihn gefangen hatte, gab nach, und er fiel abrupt nach unten – ohne einen Schrei, den ich hören konnte, während die Pflanze weiterhin hochstieg. Wir sahen nicht, wie er am Boden aufkam, doch er konnte das nicht überlebt haben.
    Ich stolperte über zerstörte Bio-Fabrikate. Als der mordgierige Flieger wieder über der Bombeneinschlagstelle war, erblickte er dort keine Lebenden mehr. Wir beobachteten ihn von unserem Versteck aus, das sich ein paar Meter im Waldesinneren befand. Er kreiste mehrere Male und zog dann los – auf die Armee der Sprache losen zu.

26
    »Wir müssen laufen«, sagte Bren. »Ein paar Tage vielleicht. Wir müssen durch den Wald.«
    Die Botschaftsstadt-Armee war uns voraus, aber wir wussten, dass sie das Gefecht hinauszögern würden, und wir hofften immer noch, die Angreifer vor ihnen zu erreichen. Doch alles hing davon ab, ob wir die Ariekei das lehren konnten, was wir mussten. Alle paar Stunden unterbrachen wir unseren humpelnden, Blasen hervorrufenden Marsch und wiederholten eine Lektion oder versuchten eine neue. Weder die Ariekei noch ihre Batterie-Tiere schienen zu ermüden. Ich weiß nicht, ob oder wie sie wegen ihrer Gefährten trauerten. Selbst unser Gefangener stapfte stur vor uns her, scheinbar bezwungen durch die Umgebung oder den Angriff oder durch sonst was.
    Bren führte uns mit irgendeinem technischen Handgerät. Mir war die Dunkelheit des Waldes bewusst, der von einer blutergussfarbenen Pflanzenwelt geprägt wurde. Er war voller Geräusche. Um uns herum bewegten sich stern- und spiralförmige Wesen. Wir verwirrten die Tiere: Von den Beutetieren wurden wir nicht als Raubtiere angesehen, was auch umgekehrt galt, und weder fürchteten noch bedrohten sie uns. Jene mit Augen beobachteten uns fragend. Einmal sagte einer der Ariekei, etwas Gefährliches sei in der Nähe. Ein kosteb  |  f loranshi , der so groß wie ein Zimmer war, öffnete und schloss seinen Rachen. Sicherlich hätte er die Ariekei angegriffen, wären sie alleine da gewesen. Doch seine Verwirrung beim Anblick von uns Fremden, die nicht in seinen Instinkten verankert waren, hielt ihn zurück, sodass wir unsere ariekenischen Gefährten schützten.
    Sie hatten einen Haufen der Datchips gerettet, aber nicht alle. Sie würden sparsam damit umgehen müssen. Nacheinander, wie sie es mussten, zogen sie sich in die Ungestörtheit des Waldes zurück und lauschten emsig EzCals Stimme. Anschließend holten sie uns wieder ein, ein wenig high, aber klar im Kopf.
    Wir liefen weiter bis in den Abend hinein. Der Wald wurde lichter und ging schließlich in eine Grassavanne mit vereinzelten Bäumen über, die sich unter dem Schimmern von Wrack erstreckte. Wir gestatteten uns einen

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