Stadt ohne Namen
kränklichen, spindeldürren Jungen entwikkelt hatte. In diesem Jahr starb die Dienerin Mehitabel, und der andere Diener, Preserved Smith, kündigte ohne vernünftige Erklärung oder zum mindesten nur mit unglaublichen Geschichten und Klagen, er verabscheue den Geruch des Hauses. Eine Zeitlang konnte Mercy keine weitere Hilfe mehr auftreiben, da sieben Todesfälle und ein Fall von Wahnsinn, die sich alle innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren ereignet hatten, einen Komplex von Haus zu Haus geflüsterten Gerüchten auslöste, der später so ausartete. Sie bekam indessen am Ende zwei Bedienstete von außerhalb, Ann White, eine mürrische Frau aus jenem Teil von North Kingston, der dann als Stadtgemeinde Exeter abgetrennt wurde, und einen tüchtigen Mann aus Boston, namen Zenas Low. Es war Ann White, durch die das unheimliche, müßige Geschwätz endgültig Gestalt annahm. Mercy hätte soviel Verstand haben müssen, zu wissen, daß man niemand aus dem Nooseneck Hill Country anstellen dürfe, denn diese abgelegene Hinterwäldlergegend war damals, genau wie heute, der Sitz unmöglichen Aberglaubens. Sogar noch 1892 grub die Gemeinde Exeter eine Leiche aus und verbrannte mit vielen Zeremonien ihr Herz, um bestimmte vermutete Heimsuchungen zu verhindern, die der Volksgesundheit und dem Frieden abträglich waren, und man kann sich die Denkweise derselben Gegend im Jahre 1768 vorstellen. Anns Zunge war bösartig aktiv, weshalb Mercy sie nach ein paar Monaten entließ und die treue und liebenswürdige Amazone aus Newport, Maria Robbins, an ihre Stelle setzte.
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Währenddessen äußerte die arme Rhoby Harris in ihrem Wahnsinn Träume und Einbildungen der verheerendsten Art. Zeitweise wurden ihre Schreie unerträglich und sie stieß lange Zeit schreiend grauenhafte Dinge hervor, die es notwendig machten, ihren Sohn vorübergehend bei seinem Vetter Peleg Harris in der Presbyterian Lane, nahe dem neuen Collegegebäude einzuquartieren.
Dem Knaben schien es nach diesen Besuchen besser zu gehen, und wäre Mercy so klug gewesen, wie sie wohlmeinend war, hätte sie ihn für immer bei Peleg wohnen lassen. Was es genau war, das Mrs. Harris in ihren Anfällen von Gewalttätigkeit herausschrie, verrät die Tradition nicht; oder vielmehr bringt sie derart widersinnige Darstellungen, die sich durch ihre schiere Absurdität aufheben. Es klingt bestimmt widersinnig, wenn eine Frau, die nur die Grundlagen der französischen Sprache beherrscht, häufig stundenlang in einer rohen Dialektform dieser Sprache schrie, oder daß die gleiche Frau, allein und behütet, sich wild über ein Ding, das sie anstarre beschwerte, das sie biß und an ihr herumknabberte. Im Jahre 1772 starb der Diener Zenas Low, und als Mrs.
Harris davon hörte, lachte sie mit einem abstoßenden Entzücken, das sr gar nicht zu ihrem Wesen paßte. Im nächsten Jahr starb sie selbst und wurde an der Seite ihres Gattenim North Burial Ground zur letzten Ruhe gebettet. Bei Ausbruch des Konfliktes mit Großbritannien irr. Jahre 1775 brachte es William Harris trotz seiner knapp sechzehn Jahre und seiner schwachen Konstitution fertig, in die Erkundungsarmee unter General Greene einzutreten, und er erfreute sich von dieser Zeit an einer ständigen Verbesserung seiner Gesundheit und seines Prestiges. Im Jahre 1780 traf und heiratete er als Hauptmann der Rhode−Island−Streitkräfte unter Oberst Angell Phebe Hetfield aus Elizabethtown, die er nach seiner ehrenvollen Ent lassung im folgenden Jahr, nach Providence brachte. Die Rückkehr des jungen Soldaten war kein Ereignis von ungemischter Freude. Das Haus, es stimmt, war noch in guter Verfassung; die Straße war verbreitert worden und hatte ihren Namen von Back Street in Benefit Street geändert. Aber Mercy Dexters einst robuste Gestalt war zusammengesunken und merkwürdig verfallen, so daß sie jetzt eine gebeugte, bemitleidenswerte Figur mit einer hohlen Stimme und von beunruhigender Blässe war − Eigenschaften, welche die einzige, verbliebene Dienerin Maria in einzigartiger Weise teilte. Im Herbst des Jahres 1782 brachte Phebe Harris eine totgeborene Tochter zur Welt, und am 15. Mai des folgenden Jahres schied Mercy Dexter aus ihrem nützlichen, kargen und tugendhaften Leben.
William Harris, der nun endlich von dem von Grund auf schädlichen Charakter seines Heims überzeugt war, ergriff nun Maßnahmen, es zu verlassen und für immer zu schließen. Nachdem er sich mit seiner Frau zusammen vorübergehend im neu eröffneten
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