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Stadt ohne Namen

Stadt ohne Namen

Titel: Stadt ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.P. Lovecraft
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Arbeit hier bedeuten und vielleicht Gefängnis für uns beide, West und mich. Diese herumschwirrenden Gerüchte von einem Boxkampf wollten mir nicht gefallen. Nachdem die Uhr drei geschlagen hatte, schien mir der Mond ins Gesicht, aber ich drehte mich um, ohne aufzustehen und den Rolladen herunterzulassen. Dann folgte ein ständiges Rütteln an der Hintertür.
    Ich lag ruhig und etwas verwirrt da, aber kurz darauf hörte ich West an meine Tür klopfen. Er war mit einem Schlafrock und Hausschuhen bekleidet und hatte einen Revolver und eine elektrische Taschenlampe in der Hand. Aus dem Revolver schloß ich, daß er eher an den verrückten Italiener als an die Polizei dachte.
    »Es wäre besser, wenn wir alle beide gingen«, flüsterte er. »Es wäre auf keinen Fall angängig, nicht aufzumachen, und es könnte ein Patient sein− es würde diesen Narren ähnlich sehen, an die Hintertür zu kommen.«

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    Dann gingen wir beide auf Zehenspitzen hinunter, mit einer Furcht, die teilweise gerechtfertigt und teilweise von der Art war, wie sie dem Wesen der unheimlichen frühen Morgenstunden entspringt. Das Rütteln setzte sich fort, etwas an Lautstärke zunehmend. Als wir die Tür erreichten, öffnete ich vorsichtig den Riegel und stieß sie auf, und da der Mond klar auf die sich abzeichnende Gestalt herniederschien, tat West etwas Ungewöhnliches. Trotz der offensichtlichen Gefahr, Aufmerksamkeit zu erregen und uns eine polizeiliche Untersuchung auf den Hals zu hetzen − ein Umstand, der durch die verhältnismäßig einsame Lage unseres Hauses noch einmal gnädig abgewendet wurde −, entleerte mein Freund, erregt und ganz überflüssig, alle sechs Kammern seines Revolvers in unseren nächtlichen Besucher. Aber dieser Besucher war weder Italiener noch Polizist. Sich schrecklich gegen den gespenstischen Mond abhebend, ragte ein riesiges, mißgestaltetes Geschöpf, wie man es sich nur im Alptraum vorstellen kann − eine Erscheinung mit verglasten Augen, tiefschwarz, beinah auf allen vieren, bedeckt mit Moder, Blättern und Ranken, mit geronnenem Blut verschmiert, zwischen den leuchtenden Zähnen ein schneeweißes, schreckliches, länglichrundes Etwas, das in einer winzigen Hand endete.
    IV Der Schrei des Toten
    Der Schrei des Toten rief zusätzliches, akutes Grauen vor Dr. West hervor, das mich in späteren Jahren unserer Verbindung heimsuchte. Es ist verständlich, daß so etwas, wie der Schrei des Toten Grauen einflößt, denn es ist offensichtlich kein angenehmes und gewöhnliches Erlebnis; aber ich war an ähnliche Erlebnisse gewöhnt, deshalb litt ich bei dieser Gelegenheit nur wegen der außergewöhnlichen Umstände. Und wie ich angedeutet habe, es waren nicht so sehr die Toten selbst, die mir Angst einflößten.
    Herbert West, dessen Teilhaber und Assistent ich war, besaß wissenschaftliche Interessen, die weit über die übliche Routine des Gemeindearztes hinausgingen.
    Das war der Grund, daß, als er seine Praxis in Bolton eröffnete, er dieses abgelegene Haus nahe dem Potters Field gewählt hatte. Um es kurz und ohne Umschweife auszudrücken, Wests einziges, ihn ganz in Anspruch nehmendes Interesse war das geheime Studium der Lebenserscheinungen und ihres Aufhörens, das zur Wiedererweckung der Toten mit Hilfe einer anregenden Lösung führen sollte. Für diese schrecklichen Experimente war es notwendig, über eine Dauerversorgung mit ganz frischen Leichen verfügen zu können, ganz frisch, da selbst der geringste Verfall die Himstruktur hoffnungslos schädigt, und Menschen, weil wir herausgefunden hatten, daß die Lösung für die verschieden gearteten Organismen verschieden zusammengesetzt sein mußte. Scharen von Kaninchen und Meerschweinchen hatten wir getötet und behandelt, aber die Spur führte ins Nichts. West war nie ganz erfolgreich gewesen, weil es uns nie geglückt war, eine genügend frische Leiche zu erhalten. Was wir brauchten, waren Körper, aus denen das Leben soeben erst entflohen war; Körper mit unbeschädigtem Zellsystem und imstande, auf den Impuls in Richtung der Bewegungsart, Leben genannt, zu reagieren. Es bestand die Hoffnung, daß dieses zweite, künstliche Leben durch wiederholte Injektionen zu einem ewigen werden könne, aber wir hatten erfahren, daß ein gewöhnliches, natürliches Leben auf den Eingriff nicht ansprechen würde. Um die künstlichen Lebensantriebe herzustellen, muß das natürliche Leben 72
    erloschen sein − die Versuchsobjekte müssen zwar ganz frisch, aber wirklich

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