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Stadt ohne Namen

Stadt ohne Namen

Titel: Stadt ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.P. Lovecraft
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und floß schließlich unter den Tisch durchs Zimmer, wo der geschwärzte Kopf mit den Augen mich noch immer anstarrte. Sie schloß sich um den Kopf und verschluckte ihn völlig und hatte im nächsten Moment begonnen zurückzuweichen, die unsichtbare Beute mit sich nehmend, ohne mich zu berühren, dann flutete sie wieder zur schwarzen Türöffnung hinaus, die unsichtbaren Stiegen hinunter, die knarrten wie vorher, nur diesmal in umgekehrter Reihenfolge.
    Dann gab der Boden endlich nach, und ich rutschte nach Luft ringend in den finsteren Raum darunter, von Spinnweben erstickt und halb ohnmächtig vor 102
    Schrecken. Der grüne Mond, der durch die zerbrochenen Fenster schien, zeigte mir die halboffene Tür in die Halle und als ich mich von dem verputzbestreuten Boden erhob und mich von der durchhängenden Zimmerdecke befreite, sah ich eine Sturzflut von Schwärze an mir vorbeifließen, in der eine Menge unheilvoller Augen glühten. Sie suchte die Kellertür und verschwand darin, als sie sie gefunden hatte. Ich fühlte nun, daß der Boden dieses tiefergelegenen Raumes nachzugeben begann, wie der des oberen Zimmers es getan hatte, und einmal war dem Krachen oben der Fall eines Gegenstandes vorbei am Westfenster gefolgt, dies mußte die Kuppel gewesen sein. Da ich mich für einen Moment aus den Schuttmassen befreit hatte, raste ich durch die Halle zur Eingangstür, und als ich mich außerstande fand, sie zu öffnen, ergriff ich einen Stuhl, zerschlug ein Fenster und kletterte hastig auf den ungepflegten Rasen hinaus; wo das Mondlicht über yardhohem Gras und Unkraut tanzte. Die Mauer war hoch und alle Tore versperrt, aber indem ich einen Stapel Kisten aus einer Ecke heranholte, gelang es mir, die Mauerkrone zu erreichen und mich an der großen Steinvase festzuhalten, die dort stand.
    In meiner Erschöpfung konnte ich um mich herum nur fremde Mauern und Fenster, sowie alte Giebeldächer erkennen. Die steile Straße, auf der ich hergekommen war, war nirgends zu sehen, und das bißchen, was ich sehen konnte, wurde rasch von einem Nebel verschluckt, der sich vom Fluß her trotz des gleißenden Mondscheins heranwälzte. Plötzlich begann die Vase, an der ich mich festhielt, zu schwanken, als ob sie meine eigene, tödliche Schwindligkeit teile, und im nächsten Moment fiel mein Körper hinunter in ein unbekanntes Schicksal.
    Der Mann, der mich auffand, sagte, ich müsse trotz meiner Knochenbrüche einen weiten Weg gekrochen sein, denn eine Blutspur erstreckte sich, soweit er zu schauen wagte. Der aufkommende Regen verwischte bald dieses Bindeglied mit dem Schauplatz meiner schweren Prüfung, und die Berichte konnten nichts weiter feststellen, als daß ich aus unbekannter Richtung am Eingang eines kleinen, dunklen Hofes an der Perry Street aufgetaucht war.
    Ich habe nie mehr den Versuch gemacht, in diese finsteren Labyrinthe zurückzukehren, noch würde ich einen vernünftigen Menschen dorthin schicken, wenn ich könnte. Ich habe keine Ahnung, wer oder was der Alte war, aber ich wiederhole, daß die Stadt tot und voll ungeahnten Grauens ist. Wohin Er gegangen ist, ich weiß es nicht; aber ich kehrte nach Hause zurück, zu den sauberen Wegen New Englands, durch die am Abend ein würziger Seewind weht.
    Die lauernde Furcht
    Der Schatten am Kamin
    Ein Gewitter lag in jener Nacht in der Luft, als ich zum verlassenen Wohnsitz auf dem Tempest Mountain ging, um der lauernden Furcht zu begegnen. Ich 103
    war nicht allein, denn Tollkühnheit verband sich damals noch nicht mit der Vorliebe für das Groteske und Schreckliche, das meine Laufbahn zu einer Reihe von Nachforschungen nach seltsamen Gruseldingen, literarischen und erlebten, hat werden lassen. Bei mir waren zwei treue und kräftige Männer, die ich zu gegebener Zeit hatte kommen lassen, die seit langem wegen ihrer besonderen Eignung in meinen schrecklichen Forschungszügen meine Verbündeten waren. Wir waren vom Dorf heimlich aufgebrochen, wegen der Reporter, die sich nach der unheimlichen Panik vom vergangenen Monat − dem Alpdruck schleichenden Todes − noch hier herumdrückten. Später, so dachte ich, könnten sie mir vielleicht behilflich sein, aber momentan brauchte ich sie nicht. Wolle Gott, ich hätte sie an der Suche teilnehmen lassen, damit ich das Geheimnis nicht hätte so lange allein herumtragen müssen, es aus Angst allein herumtragen, die Welt könne mich für verrückt halten, oder sie könne wegen der dämonischen Begleiterscheinungen der Geschichte selbst

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