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0235 - Disco-Vampir

0235 - Disco-Vampir

Titel: 0235 - Disco-Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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»Hier war mal im vorigen Jahrhundert ein Friedhof!« klang in Karl Seiberts Innerem die Stimme Bruno Jäckels nach. Bruno Jäckel wurde von den Kollegen immer gehänselt, weil er als total abergläubisch galt und schon beim Anblick eines schwarzen Katers in Panik geriet.
    »Es ist nicht gut, die Toten in ihrer Ruhe zu stören!« hatte Jäckel noch hinzugesetzt. »Wir können das Kabel auch etwas anders verlegen, um nicht die Rache der Geister… !«
    Ein dröhnendes Gelächter der Männer der Tiefbaukolonne war die Folge gewesen. Niemand glaubte daran, daß es den vermodernden Gebeinen noch etwas ausmachen könnte, wenn die Zivilisation über ihre letzte Ruhestätte hinwegglitt.
    »Denen da unten tut kein Zahn mehr weh!« beendete Karl Seibert seine hohnvolle Rede, in deren Verlauf Bruno Jäckel immer mehr in sich zusammensackte. »Und der Teufel soll mich holen, wenn einer von den alten Knochen da unten was dagegen hat! Ansonsten sollen sie sich beim Bundespostminister beschweren. Oder bei mir direkt. Denen werde ich was erzählen.«
    Und nun entstand offenbar die Situation, daß Karl Seibert seine höhnischen Worte wahr machen konnte.
    Denn mit weit aufgerissenen Augen sahen die Männer des Bautrupps, daß ihr Vorarbeiter schon bis zur Brust eingesunken war.
    In Seiberts Gesicht lag nur noch hündische Angst vor dem Sterben. Sein Brüllen war zu einem überschnappenden Kreischen geworden.
    In diesem Augenblick gab sich Bruno Jäckel einen Ruck. Was es auch immer war, was hier sein Wesen trieb; er durfte den Vorarbeiter nicht hilflos versacken lassen. Das klare Denken und die würgende Angst gewaltsam ausschaltend, stürmte er vor. Ausrufe der Überraschung wurden laut, als sich ausgerechnet Jäckel, den jedermann als Feigling ansah, ein Herz faßte.
    Karl Seibert ergriff die Hände seines Untergebenen, wie ein Ertrinkender nach einem Rettungsring schnappt. Bruno Jäckel starrte in ein Gesicht, das von Todesgrauen verzerrt war.
    »Zieh mich raus… bitte!« bebten die Lippen des Vorarbeiters. »Laß mich hier nicht krepieren… !«
    »Faßt mal mit an!« rief Jäckel statt einer Antwort in die Runde. »Er ist schwer… verdammt schwer!«
    Durch Jäckels Beispiel wurden die anderen mutig. Drei kräftige Männer sprangen hinzu. Mit glasigen Augen nahm Seibert wahr, daß ihn die Kollegen nicht im Stich ließen. Kräftige Hände packten ihn. Und Seibert spürte, wie er Zentimeter um Zentimeter nach oben gezogen wurde.
    »Noch einmal - alle zusammen!« keuchte einer der Männer. »Dann haben wir ihn draußen. Hau… !«
    »…ruck!« kam es aus den rauhen Kehlen der anderen Männer. Alle ihre Kräfte legten sie in diesen Gewaltakt.
    Karl Seibert wurde förmlich aus der Erde gerissen. Die Männer taumelten zurück.
    Und dann wurde Werner Süßenbach, der Stärkste der Kolonne, grau im Gesicht. Die Pupillen seiner Augen weiteten sich unnatürlich.
    »Da… da…!« stammelte es aus seinem Mund, während der ausgestreckte Zeigefinger seiner rechten Hand die Richtung wies.
    Und dann sahen es alle. Es hatte nach Karl Seibert gegriffen… Um das Gelenk seines linken Fuße? krallte sich eine Knochenhand…
    ***
    VERGANGENHEIT!
    Tobias Fürchtegott Heinleyn bemerkte den auf ihn zurasenden Schatten erst, als er dicht vor ihm war. Abwehrend hob seine Hand den knotigen Wanderstock.
    Was mochte das sein? Eine Eule oder sonst ein Nachtgetier? Eine Fledermaus vielleicht, ein lautloser Jäger der Nacht?
    Der ungefähr zwanzigjährige Mann mit dem in Nacken zum Zopf geflochtenen Blondhaar, dem schwarzen Radmantel und den silberbeschlagenen Schnallenschuhen war nicht der Typ, der sich vor etwas fürchtete. Wurde auch sonst über die ehrbare Zunft der Schneider hinter vorgehaltener Hand gelästert; niemand der ihn genauer kannte, würde Tobias Fürchtegott Heinleyn einen Feigling nennen.
    Als er die Gefahr bemerkt hatte, war es zu spät. Das Geschöpf der Nacht dehnte sich unnatürlich aus. Dem Schneidergesellen, der seit mehr als zwei Jahren auf der Wanderschaft war und noch vor einigen Tagen bei einem Schneidermeister in Cochem in Lohn und Brot stand, fiel auf, daß das Wesen menschliche Konturen annahm.
    Aus der Schwärze der Nacht schoß es auf ihn zu. Heinleyn sah nur noch ein totenblasses, verschrumpeltes Gesicht, aus dem alle Bosheit der Welt zu sprühen schien. Ein Greis. Ganz offensichtlich ein alter Mann. Was mochte der wollen?
    »Was ist Euer Begehr, Gevatter?« fragte der Schneidergeselle, während seine Rechte den

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