Stadt ohne Namen
verrückt werden.
Jetzt, da ich sie sowieso erzähle, weil sonst das Grübeln mich rasend macht, wünsche ich, ich hätte sie nie geheimgehalten. Denn ich, nur ich weiß, welcher Art die Furcht war, die auf dem gespenstischen und trostlosen Berg lauerte.
In einem kleinen Auto legten wir die Meilen durch wilden Forst und Hügel zurück, bis der bewaldete Aufstieg das Weiterfähren unmöglich machte. Das Land sah düsterer aus als gewöhnlich, als wir es bei Nacht und ohne die übliche Menge von Untersuchenden betrachteten, so daß wir oft versucht waren, unsere Acetylenscheinwerfer zu gebrauchen, trotz der Aufmerksamkeit, die es erregen könnte. Es war nach Einbruch der Dunkelheit keine einladende Landschaft, und ich glaube, ihr angekränkeltes Aussehen wäre mir auch aufgefallen, hätte ich nichts von dem Grauen gewußt, das hier umging. Es gab keine Tierwelt −Tiere bemerken es, wenn der Tod sie belauert. Die uralten, blitzvernarbten Bäume schienen unnatürlich groß und verkrümmt, die übrige Vegetation dick und fiebrig wuchernd, während merkwürdige Erdwälle und Hügel in der kümmerlichen, von Blitzröhren zerfurchten Erde mich an Schlangen und Totenschädel erinnerten, die zu riesigen Proportionen angeschwollen sind.
Die Furcht hatte auf dem Tempest Mountain für mehr als ein Jahrhundert gelauert. Ich erfuhr dies sofort aus den Zeitungsberichten über die Katastrophe, die zuerst die Aufmerksamkeit der Welt auf diese Gegend gelenkt hatte. Der Ort ist eine abgelegene, einsame Höhe in jenem Teil der Catskillberge, wohin die Holländer mit ihrer Zivilisation einst schwach und vorübergehend eindrangen, sie ließ, als sie sich wieder zurückzog, nur einige verfallene Wohnsitze und eine degenerierte Siedlerbevölkerung zurück, die auf abgelegenen Hängen jämmerliche Weiler bewohnte. Normalmenschen besuchten die Gegend selten, bis die Staatspolizei ins Leben gerufen wurde, und auch jetzt patrouillierten nur selten berittene Polizisten dort. Die Furcht ist indessen eine alte Tradition in allen benachbarten Dörfern, da sie in den einfachen Unterhaltungen der armen Kümmerlinge, die manchmal ihre Täler verlassen, um handgeflochtene Körbe für die einfachen Lebensnotwendigkeiten einzutauschen, die sie nicht durch Jagd, Aufzucht oder Selbstherstellung erwerben können, das Hauptgesprächsthema bildet.
Die lauernde Furcht hauste in dem gemiedenen und verlassenen Martense−Wohnsitz, der die hohe, allmählich ansteigende Erhebung krönt, die häufig Gewittern ausgesetzt ist und der man deshalb den Namen Tempest 104
Mountain (Berg des Sturmes) gab. Seit über hundert Jahren ist das alte, von Waldungen umgebene Steinhaus Gegenstand unglaublich verworrener und schrecklicher Geschichten von einem schweigenden, riesigen, schleichenden Tod, der im Sommer auf der Lauer liegt. Die Siedler erzählten mit jammernder Eindringlichkeit Geschichten von einem Dämon, der sich einsamer Wanderer nach Einbruch der Dunkelheit bemächtigt und sie entweder fortschleppt oder in einem schrecklichen Zustand angeknabberter Verstümmelung zurückläßt; während sie manchmal von einer Blutspur flüsterten, die zu dem abgelegenen Wohnsitz führt. Die einen sagten, der Donner riefe die lauernde Furcht aus ihrer Behausung, während andere behaupteten, der Donner sei ihre Stimme.
Niemand außerhalb dieser abgelegenen Wälder glaubte diese variierenden und widersprüchlichen Geschichten mit ihren unzusammenhängenden, ausgefallenen Beschreibungen des nur flüchtig gesehenen Ungeheuers, dennoch bezweifelte kein Farmer oder Bauer, daß im Martense−Wohnsitz ein fleischfressender Dämon umginge. Die Ortsgeschichte schloß derartige Zweifel aus, obwohl kein Nachweis für einen Geist von den Untersuchenden je erbracht worden war, die das Gebäude nach einer besonders farbigen Erzählung der Siedler besucht hatten. Großmütter berichteten seltsame Sagen von dem Martense−Gespenst;
Sagen, die die Martense−Familie selbst betrafen, ihre merkwürdige Verschiedenheit der Augen, ihre langen, geschraubten Annalen und den Mord, der sie mit einem Fluch belegt hatte.
Der Schrecken, der mich zu dem Schauplatz brachte, war eine plötzliche und unheilvolle Bestätigung der unglaublichsten Legenden dieser Bergbewohner.
Nach einem Gewitter von noch nie dagewesener Heftigkeit wurde die Gegend in einer Sommernacht von einer panischen Massenflucht der Siedler hochgeschreckt, die nicht nur von Einbildung herrühren konnte. Der jammervolle Haufe
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