Stadt ohne Namen
Einheimischer schrie und klagte ob des unglaublichen Grauens, das sie heimgesucht hatte, und niemand zweifelte an ihren Worten.
Sie hatten ihn zwar nicht gesehen, hatten aber aus einem ihrer Weiler derartige Schreie gehört, daß sie wußten, der schleichende Tod war gekommen.
Am nächsten Morgen folgten Bürger und berittene Staatspolizisten den verschreckten Gebirglern zu der Stelle, wo, wie sie sagten, der Tod eingekehrt sei. Der Grund unter einem der Siedlerdörfer war nach einem Blitzschlag abgesackt und hatte einige der übelriechenden Hütten zerstört; aber zu diesem Eigentumsverlust kam ein Verlust an Menschenleben hinzu, der ersteren bedeutungslos erscheinen ließ. Von den etwa fünfundsiebzig Einheimischen, die an der Stelle gewohnt hatten, war nicht ein einziger lebend zu sehen. Die aufgeworfene Erde war mit Blut und menschlichen Überresten bedeckt, die eindrucksvoll von dem Wüten dämonischer Zähne und Krallen Zeugnis ablegten, dennoch führte keine sichtbare Spur von der Metzelei hinweg. Alle waren sich sofort darin einig, daß ein schreckliches Tier die Ursache sein müsse, auch wagte niemand, die Beschuldigung zu wiederholen, daß nur die unerquicklichen Morde, die in solch dekadenten Gemeinwesen üblich sind, die rätselhaften Todesfälle bildeten. Diese Beschuldigung wurde erst wiederaufgegriffen, als man herausfand, daß ungefähr fünfundzwanzig der geschätzten Bevölkerung unter den Toten fehlten, aber selbst dann wäre ein 105
Mord an fünfzig Personen durch eine halb so große Anzahl schwer zu erklären gewesen. Aber die Tatsache blieb bestehen, daß in einer Sommernacht ein Blitzstrahl aus dem Himmel herniedergefahren war und ein totes Dorf hinterlassen hatte, dessen Leichen schrecklich verstümmelt, zerbissen und zerkratzt waren.
Die erregte Bevölkerung brachte das Schreckliche sofort mit dem Spuk im Martense−Wohnsitz in Verbindung, obwohl die Örtlichkeiten mehr als drei Meilen auseinanderlagen. Die Polizisten waren etwas skeptischer und bezogen den Wohnsitz nur oberflächlich in ihre Untersuchungen ein und ließen sie ganz fallen, als sie ihn völlig verlassen fanden. Land− und Dorfbewohner untersuchten indessen den Ort mit unendlicher Sorgfalt, indem sie im Haus alles drunter und drüber kehrten, Teiche und Bäche auspeilten, Büsche niederklopften und den angrenzenden Forst durchstöberten. Es war alles vergebens, der Tod war gekommen, ohne außer der Zerstörung selbst eine Spur zu hinterlassen. Am zweiten Tag der Suche wurde die Angelegenheit von den Zeitungen ausführlich behandelt, deren Berichterstatter Tempest Mountain überrannten. Sie beschrieben sie mit vielen Einzelheiten und vielen Interviews, um die Geschichte des Grauens, wie sie die alten Frauen der Gegend erzählten, aufzuhellen. Ich verfolgte die Berichte zunächst ohne viel Interesse, denn ich bin ein Kenner des Grauenhaften, aber nach einer Woche fand ich eine Atmosphäre vor, die mich merkwürdig erregte, so daß ich am 5. August 1921
mich mit all den Reportern, die sich in dem Hotel in Lefferts Corner drängten, dem Dorf, das Tempest Mountain am nächsten liegt und das das anerkannte Hauptquartier der Suchtrupps bildete, ins Hotelregister eintrug. Noch drei Wochen, und das Auseinandergehen der Reporter verschaffte mir die Freiheit, eine schreckliche Untersuchung, fußend auf genauen Erkundigungen und Prüfungen, mit denen ich mich in der Zwischenzeit beschäftigt hatte, zu beginnen.
So verließ ich nun, während fern der Donner rollte, in einer Sommernacht das Auto, nachdem ich den Motor abgestellt hatte, und stieg mit zwei bewaffneten Begleitern die letzten mit Erdwällen bedeckten Weiten des Tempest Mountain empor und ließ den Strahl der elektrischen Taschenlampe auf die geisterhaften grauen Mauern fallen, die bereits hinter den riesigen Eichen vor uns auftauchten. In dieser angekränkelten nächtlichen Einsamkeit und der schwachen wechselnden Beleuchtung enthüllte der große, kastenähnliche Gebäudekomplex dunkle Andeutungen des Schrecklichen, die der Tag nicht enthüllen konnte; ich zögerte trotzdem nicht, da ich ja mit der finsteren Entschlossenheit hergekommen war, eine Theorie zu erproben. Ich glaubte, der Donner locke die Dämonen aus irgendeinem furchtbaren Geheimversteck, und ob nun dieser Dämon ein greifbares Wesen oder nur ein Pesthauch sei, ich hatte die Absicht, ihn zu sehen.
Ich hatte die Ruine schon vorher gründlich durchsucht, ich wußte deshalb genau, was ich vorhatte, als ich
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