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Stadtfeind Nr.1

Stadtfeind Nr.1

Titel: Stadtfeind Nr.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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habe Kameraeinstellungen skizziert, anstatt Szenen zu schildern, eine völlig durchsichtige und inakzeptable Praxis, wenn man außerhalb des Milieus von Gerichtssälen und Serienkillern schreibt.
    »Hör zu«, sagt Owen, »ich habe mich noch kaum eingelesen, diese Unterhaltung ist also etwas verfrüht. Sprich nach dem Wochenende mit mir.«
    »Aber dass du begeistert bist, können wir schon jetzt ausschließen.«
    »Wird es denn noch besser?«
    »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Aha.«
    »Komm mir nicht mit >Aha<.«
    »Hmm«, sagt Owen.
    »Also«, sage ich nach einer Weile. »Was jetzt?«
    Er hüstelt leise. »Hör zu, Joe, du bist ein guter Schriftsteller. Bla bla bla. Du musst mir nichts beweisen. Aber ich will wirklich nicht über dieses Buch reden, bevor ich nicht alles gelesen habe. Dann können wir uns hinsetzen und entscheiden, was ihm noch fehlt.«
    Was ihm noch fehlt, nehme ich an, ist, in den Reißwolf gesteckt und zerschreddert zu werden. »Und wenn wir es in den Müll werfen müssen?«
    »Dann werden wir es in den Müll werfen«, sagt er leichthin. »Und du wirst mir etwas Neues schreiben. Passiert ständig.«
    »Soll ich mich jetzt etwa besser fühlen?« »Es ist nicht mein Job, dir einen runterzuholen. Wenn du dich besser fühlen willst, geh zurück zu deiner Therapie. Mein Job ist es, dafür zu sorgen, dass du besser schreibst, und nach meiner umfangreichen Erfahrung kann ich sagen, je schlechter du dich fühlst, desto besser schreibst du.«
    »Na wunderbar«, sage ich niedergeschlagen. Ich spare es mir, ihm zu erklären, dass ich mich die letzten sechs Monate hundeelend gefühlt und es trotzdem nicht geschafft habe, einen einzigen Satz zu schreiben, der auch nur einen Pfifferling wert ist, und dass mir die Vorstellung eindeutig Angst macht, ich könnte eines dieser armen Schweine sein, die nur ein einziges Buch in sich haben.
    Owen wechselt das Thema. »Du fährst also zurück nach Falls. Lass es mich noch einmal sagen: Wow! Das könnte interessant sein.«
    »Ich hoffe vor allem, schnell vorbei.« »Na ja, halt mich auf dem Laufenden. Ich will alles bis ins letzte Detail wissen.«
    »Owen«, sage ich. »Irgendwann in Zukunft solltest du dir wirklich überlegen, dir selbst ein Leben zu suchen.«
    Er kichert. »Ich hatte einmal eines, und ich habe festgestellt, dass sie überbewertet werden. Außerdem brauche ich keins mehr. Ich habe ja deins.« »Mach's gut.«
    Ich drücke auf die »Ende«-Taste, schalte die Stereoanlage wieder ein und trete etwas fester aufs Gaspedal. Der Motor reagiert augenblicklich mit einem tiefen, leisen Brummen. Binnen weniger Minuten bin ich auf dem Merritt Parkway und genieße es, wie der Mercedes die steilen Kurven der zweispurigen Asphaltstraße nimmt. Ich bin noch immer in den prägenden Phasen einer Hassliebe zu dem Wagen. Es lässt sich nicht leugnen, dass er sich traumhaft lenken lässt und praktisch jeden meiner Schritte vorausberechnet. Andererseits gehört nicht unbedingt jeder, der sich einen Mercedes leisten kann, wirklich in ihn hinein, und ich neige immer mehr zu der Überzeugung, dass ich in diese Kategorie falle. Der Wagen bringt mich in Verlegenheit, und manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich vorbeifahrende Autofahrer in Fords und Toyotas entschuldigend angrinse, als wüssten diese völlig Fremden, dass ich im Grunde einer von ihnen bin und nur eben einen sozialen Aufstieg austeste, der mir gar nicht zusteht. Das schlanke deutsche Design war nie dafür gedacht, meine erbärmliche Unsicherheit zu beherbergen. Der Parkway schlängelt sich durch das grüne Laub von Connecticut, in dem sich die Außenränder der Blätter rötlich zu verfärben beginnen und den nahenden Herbst ankündigen. Ich singe laut zu »Thunder Road«, ein Versuch, mich von der Angst abzulenken, die mit jeder verstreichenden Meile höher in mir aufsteigt, aber es nützt nichts. Ich werde mit einem steten Hagel von Szenen aus meiner Vergangenheit bombardiert, die zu schnell vorbeischießen, als dass ich sie richtig erkennen könnte, aber trotzdem eine leise Verwirrung bei mir hinterlassen. Und dann, als ich durch Norwalk komme, beginnt Bruce » Backstreets « zu singen, und wie aufs Stichwort taucht auf einmal Sammy Haber ohne jede Vorwarnung aus meinem Hinterkopf auf und stolziert entschlossen in seiner karierten Hose und mit dieser lächerlichen Stirntolle über die Bühne meines Gehirns. Das Bild ist so vollkommen, so überwältigend perfekt, dass ich spüre, wie sich meine Kehle zuschnürt

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