S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
hier irgendwann ein Grab für verstrahlte Technologie ausgehoben. Einige Maschinen strahlten tatsächlich jede Menge Radioaktivität aus, andere wiederum befanden sich weit unter dem Durchschnittswert der Müllhalde. Die Baugrube war mittlerweile jedoch von einem Heißen Fleck bedeckt, was bedeutete, dass man sich hier auf keinen Fall länger aufhalten sollte.
Die Grube hatte ein merkwürdiges Profil. Je länger ich es betrachtete, desto sicherer war ich mir, dass sich hier doch kein Friedhof für Geräte befand. Dafür war die Struktur zu verästelt.
In einigen Metern Entfernung machte die Grube eine neunzig Grad-Biegung. Dahinter schlängelte sich der Weg noch dreimal hin und her und wurde schließlich doppelt so breit. Die Mitte der Grube bildete ein dreißig mal fünfundzwanzig Meter großes Loch. Darin befanden sich halb zerstörte Metallgegenstände, die dermaßen vom gelben Schwamm der Rosthaare überwuchert waren, dass es unmöglich war, den ursprünglichen Zweck der Gegenstände zu erkennen. Überall ragten hohe Metallstreben empor, die über Kreuz aneinanderklebten.
Am Rand des Lochs befand sich eines der Phänomene der Zone —ein schwerer Raupenbagger, der über die Jahre immer weiter auf dem regennassen Lehmboden abgerutscht war und nun bedrohlich über dem Loch thronte. Entgegen allen Regeln der Physik hing er dort wie an unsichtbaren Stahlseilen, obwohl er eigentlich längst am Grund des Lochs zertrümmert hätte liegen müssen. Die riesige Baggerschaufel war zwischenzeitlich durchgerostet und abgefallen. Nur den Bagger selbst hielt etwas Unsichtbares über dem Abgrund fest und ließ ihn der Schwerkraft trotzen.
Ich hatte mir schon längst abgewöhnt, mich über Phänomene, wie sie in der Zone häufig auftraten, zu wundern.
Und genau dort, im Zentrum der Grube, nicht weit entfernt von dem schwebenden Bagger, das spürte ich,war irgendetwas faul.
Ich injizierte mir mit einer Einwegspritze ein Mittel gegen Tollwut in die Schulter und hob danach mein Messer auf. Es war dem Blinden Hund bei seiner Flucht aus dem Maul gefallen. Ich säuberte es an meiner Jacke, steckte es zurück in den Gürtel und aktivierte mein PDA.
In der Grube bewegte sich laut Display nichts. Aber von der anderen Seite des Bahndamms kam ein heller Punkt auf meinen Standort zu. Während ich ihn beobachtete, wurde er langsamer. Offenbar beobachtete der Betreffende auch meine Bewegungen. Als er merkte, dass ich stehen blieb, ging er vorsichtig weiter, als rechnete er mit einer Falle.
Ich setzte mich in Bewegung, machte einen großen Bogen um den Metallschrott, der von Rosthaar übersät war, und spähte ständig nach rechts und nach links. Ich konnte immer noch nicht feststellen, was in der Grube glänzte — und das machte mich nervös. Am wahrscheinlichsten handelte es sich um ein harmloses Phänomen, das nach dem Blowout entstanden war. Allerdings tat man gut daran, alle Anomalien zunächst als potenziell gefährlich einzustufen, solange jedenfalls, bis die Wissenschaftler sie genau untersucht und Entwarnung gegeben hatten.
Wissenschaftler oder irgendwelche unvorsichtigen Stalker, die die Wirkung des Phänomens am eigenen Leib erprobten.
Vor der Abbiegung in Richtung Grubenmitte zögerte ich. Ich musste meinen ganzen Willen aufbieten, um mich zu zwingen, vorsichtig um die Ecke zu linsen.
Ich hatte ein ausgesprochen mieses Gefühl. Mein Instinkt drängte mich zur Umkehr. Irgendetwas flüsterte mir ein, dass es besser wäre,meinen Verfolgern in die Arme zu laufen, als auch nur einen Schrittweiterzugehen.
Normalerweise konnte ich meiner Intuition vertrauen. Allerdings hatte ich auch gelernt, auf meinen Verstand zu hören. Und der machte mir schonungslos klar, dass mir nur ein Weg blieb — der geradeaus. Denn hinter mir lauerte der sichere Tod, vor mir hingegen nur ...Ungewissheit.
Im Zentrum der Grube, die von einer dicken Schicht aus Haushaltsmüll bedeckt war, gab es kaum Metallschrott. Hier und da erhoben sich verrostete Gitterkonstruktionen, die Baggerschaufel und zwei ausgebrannte Autowracks. Ansonsten lag nur Undefinierbares herum, das über die Jahre seine Form eingebüßt hatte. An den Böschungen, wo es von Zeit zu Zeit zu kleinen Erdrutschen kam, wuchs hässliches Gestrüpp, dessen Äste an gespreizte Finger erinnerten.
Ich fand keine Anzeichen für irgendwelche Anomalien. Demzufolge musste ich eigentlich nur noch die Grube durchqueren, zweimal abbiegen, und schon konnte ich direkt vor dem Wald wieder
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