Star Trek - New Frontier 04 - Die Waffe
Jeder wusste, dass seine scheinbare Zerstreutheit täuschte.
Calhoun saß auf dem Kommandosessel und las einen Bericht. Er blickte auf, als Shelby eintrat. Es war, als hätte er sie erwartet. Aber sie hatte es nicht besonders eilig, in seine Nähe zu gelangen, sondern fühlte sich auf der erhöhten Ebene der Brücke ganz wohl – von wo aus sie hinunterschauen konnte. Es vermittelte ihr ein angenehmes Gefühl der Dominanz, sie fühlte sich wie eine Königin, die auf ihr Reich hinabblickte. Zak Kebron, der an der taktischen Station stand, drehte sich nicht einmal zu ihr um.
Der Captain hob fragend eine Augenbraue. »Schön, Sie zu sehen, Commander. Haben Sie vor, herunterzukommen und sich zu uns zu gesellen?«
»Natürlich, Sir. Es tut gut, wieder hier zu sein.«
Langsam spazierte sie die Rampe hinunter und behielt dabei das Brückenpersonal im Auge. Sie versuchte, zu erkennen, ob irgendwer in ihre Richtung grinste, ob irgendwo getuschelt wurde oder ob es sonst irgendein Anzeichen der Respektlosigkeit oder Unhöflichkeit gab, das nicht dem üblichen Sternenflottenanstand entsprach.
Calhoun warf ihr einen Blick zu und forderte sie mit einer kaum merklichen Geste auf, sofort zu ihm zu kommen. Als sie neben ihm stand, fragte er leise: »Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
»Mir geht es gut, Sir. Wieso?«
»Sie wirken etwas … steif.«
»Ich habe lediglich die Haltung angenommen, die für einen Sternenflottenoffizier angemessen ist«, erwiderte sie.
Es verschaffte ihr eine gewisse Genugtuung, zu sehen, dass Calhoun unwillkürlich eine aufrechtere Sitzhaltung einnahm. Sie nickte leicht, als hätte sie damit einen persönlichen Triumph verbucht, und ging zu ihrem Sessel.
»Nur um Sie über unsere gegenwärtige Situation auf dem Laufenden zu halten«, sagte Calhoun. »Wir befinden uns immer noch im Orbit um Zondar und warten auf Lieutenant Soletas Rückkehr. Dann werden wir Kurs auf den Planeten Momidium setzen, um eine Person an Bord zu nehmen, die dort … unter ungewöhnlichen Umständen festgehalten wird.«
Lefler, die das Gespräch mithörte, stieß einen leisen Seufzer der Erleichterung aus, weil der Captain sich bewusst vage ausdrückte. Es wäre ihr gar nicht recht gewesen, wenn die bizarren Umstände ihrer möglichen Familienzusammenführung über die ganze Brücke hinausposaunt würden.
»Alle weiteren Informationen«, fuhr Calhoun fort, »befinden sich in Ihrem Dienstlogbuch, Commander. Sie können sie dort jederzeit nachlesen.«
»Vielen Dank, Captain«, sagte sie förmlich.
Dann wartete sie … dass er etwas sagte oder irgendeine Bemerkung bezüglich ihres Verhaltens während seiner Abwesenheit machte. Doch es kam kein angemessenes „Gut gemacht!“ über seine Lippen. Er ließ sich noch nicht einmal zu einer scherzhaften Bemerkung über die Leistung seiner „Mädels“ hinreißen, wie es für ihn sehr viel typischer gewesen wäre. Shelby erwartete irgendeine Anerkennung dafür, dass sie den Konflikt mit dem Kriegsschiff der Erlöser bewältigt hatte.
Aber Calhoun sagte nichts. Stattdessen widmete er sich wieder dem Bericht. Er hatte die Beine übereinandergelegt und wippte lässig mit dem linken Fuß.
Sie sah sich gründlich auf der Brücke um. Niemand schaute in ihre Richtung. Niemand schien ihre Rückkehr mit mehr als einem knappen Nicken zur Kenntnis zu nehmen.
Eigentlich hätte sie froh darüber sein müssen, vielleicht sogar erleichtert. Trotzdem fühlte sie sich aus irgendeinem Grund unzufrieden, auch wenn sie nicht wusste, warum.
Der Turbolift öffnete sich, und Lieutenant Commander Burgoyne 172, der Chefingenieur der
Excalibur
, betrat die Brücke. Shelby drehte sich zu dem Hermat um. Wenn es jemanden gab, der unter Garantie eine hemmungslose Bemerkung fallen lassen würde, dann war es Burgoyne.
»Chief«, begrüßte Calhoun ihn/sie.
»Captain«, erwiderte Burgoyne mit der Andeutung einer Verbeugung. »Ich würde gerne ein paar Daten überprüfen, die im Zusammenhang mit unseren Energietransferproblemen stehen. Dürfte ich vielleicht die Brückenstation benutzen, da die entsprechende Konsole im Maschinenraum für Forschungszwecke benötigt wird?«
»Selbstverständlich«, gestattete Calhoun.
»Guten Tag, Burgy«, sagte Shelby.
»Commander«, erwiderte Burgoyne und machte sich an die Arbeit.
Das war alles. Mehr wurde nicht gesagt.
Shelby fühlte sich am Boden zerstört.
Es gab nicht den geringsten Grund, warum die Brückenbesatzung ein großes Aufheben darum machen sollte, wie
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