Star Trek - New Frontier 04 - Die Waffe
Quartier. Einer ihrer Freunde hatte einmal gesagt, dass Robin Lefler sich nur vor einer Sache in der ganzen Galaxis fürchtete, nämlich davor, allein zu sein. Ihr Bedürfnis nach Gesellschaft sei so dominant, dass es ihr vor der bloßen Vorstellung völliger Einsamkeit regelrecht graue. Als die Einschätzung ihres Freundes an ihre Ohren gedrungen war, hatte Lefler sie vehement zurückgewiesen, sich allerdings insgeheim gefragt, ob vielleicht ein Körnchen Wahrheit darin stecken könnte.
Doch zum gegenwärtigen Zeitpunkt wünschte sie sich nichts sehnlicher, als allein zu sein. Obwohl sie im Dienst war, obwohl sie eigentlich ihren Posten auf der Brücke besetzen sollte, verkroch sie sich in ihrem Quartier und war froh, als die Tür hinter ihr zuglitt. Sie schloss die Augen, lehnte sich gegen eine Wand und schüttelte langsam den Kopf. »Sie kann es nicht sein«, flüsterte sie. »So etwas kann sie unmöglich getan haben. Sie kann es einfach nicht sein.«
Sie wiederholte diese Sätze noch einige Male, bevor sie sich zusammenriss und an einen Schrank trat. Sie öffnete eine Schublade, kramte eine Weile darin herum und holte dann eine Holoröhre hervor. Der Zylinder war etwa fünfzehn Zentimeter lang und enthielt ein sorgsam konserviertes Hologramm ihrer Mutter Morgan Lefler.
Sie erinnerte sich noch genau an den Tag, als sie den Zylinder erhalten hatte. Es war einen Tag vor dem Tod ihrer Mutter gewesen.
Und sie erinnerte sich an die Ironie, die ihr schwer zu schaffen gemacht hatte. Wie ihre Mutter das Hologramm angeblich ganz spontan anfertigen ließ. Als Geschenk für ihre geliebte Tochter, ein Souvenir ohne besondere Bedeutung, außer dass ihre Mutter an sie dachte. Nein … nein, es hatte doch eine Bedeutung gehabt, wie Lefler sich jetzt erinnerte. Am Abend zuvor war es zu einem heftigen Streit mit ihrer Mutter gekommen. Dann hatte Morgan erklärt, dass sie sich um andere Dinge kümmern und am nächsten Tag unbedingt Verwandte besuchen musste, sodass sie ihre Tochter – zum letzten Mal, wie sich später erwies – allein zurückließ, ohne den Streit beigelegt zu haben. Robin zermarterte sich das Hirn und versuchte, sich zu erinnern, was der Anlass für ihre Auseinandersetzung gewesen war, aber es wollte ihr nicht gelingen.
Sie wusste nur noch, wie schuldig sie sich gefühlt hatte, als sie das Hologramm bekam, einen Tag bevor ihre Mutter gestorben war.
Nicht gestorben.
Nachdem sie sie verlassen hatte.
Mit einem erstickten Schrei der Verzweiflung, Wut und Erniedrigung holte Lefler aus und schleuderte die Holoröhre mit aller Kraft von sich. Sie verfolgte den Flug quer durch den Raum und stellte sich bereits vor, wie das Ding an der Wand zersplitterte, wie sich die empfindliche Technik in Form metallener Schneeflocken über den Boden verteilte.
Bedauerlicherweise – oder glücklicherweise, je nachdem, wie man es betrachtete – war die Holoröhre sehr stabil konstruiert. Sie prallte lediglich von der Wand ab und landete mit einem nicht allzu lauten Poltern auf dem Boden. Sie rollte noch ein Stück weiter und kam dann zur Ruhe.
Lefler betrachtete den Gegenstand und hatte das Gefühl, er würde ihren Blick spöttisch erwidern. Neue Wut baute sich in ihr auf, dann lief sie zur Holoröhre und trat mit dem Stiefelabsatz darauf. Doch das Ding sprang einfach zur Seite weg, rollte bis zur Wand und blieb dort liegen.
Robin stieß einen Seufzer aus, als ihre größte Wut verraucht war. Sie hob die Holoröhre wieder auf, betrachtete sie nachdenklich und schüttelte langsam den Kopf. »Du hattest schon immer die Begabung, alles von dir abprallen zu lassen, Mutter«, sagte sie bedauernd, bevor sie die Röhre sorgfältig in die Schublade zurücklegte, aus der sie sie genommen hatte.
Shelby war überzeugt, dass sie alle anstarrten.
Hör auf! Du leidest an Verfolgungswahn!
, tadelte sie sich, aber sie konnte einfach nicht anders. Als sie durch die Korridore der
Excalibur
lief, interpretierte sie eine verborgene Bedeutung in jeden Blick und jedes Nicken hinein, obwohl sie sich früher bei genau denselben Reaktionen nichts Besonderes gedacht hätte. Sie war sich sicher, dass die gesamte Besatzung hinter ihrem Rücken über sie lachte.
Farben?
Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Was in Gottes Namen war ihr durch den Kopf gegangen?
Obwohl sie sich alle Mühe gab, konnte sie sich keinen Grund vorstellen, warum ihr eine so unsinnige Bemerkung über die Lippen gekommen sein sollte. Gut, sie war etwas angeschlagen gewesen.
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