Star Trek - Vanguard 03 - Ernte den Sturm
zwecklos erweisen würde.
Sie hatte gerade mit Gene Harris’ Arrangement von „Black and Blue“ begonnen, als für sie offensichtlich wurde, dass das Abendessen des Commodore ins Peinliche abrutschte. Obwohl sie nicht hören konnte, was am Tisch des ehemaligen Paares geredet wurde, vermutete T’Prynn, dass es etwas mit ihrer nicht mehr bestehenden ehelichen Verbindung zu tun hatte.
Sie überlegte, ob sie ihren Tastenanschlag weicher machen und leiser spielen sollte, um lauschen zu können, als Manón ein anderes Paar direkt in ihre Sichtlinie setzte. Als die Gastgeberin zurücktrat, sah T’Prynn, dass der weibliche Gast Anna Sandesjo war. Mit ihr am Tisch saß ein Mann in Zivil, den T’Prynn als Roger Shear erkannte, einen leitenden Angestellten eines auf dem Mars beheimateten Minenkonzerns, der seine Beteiligungen durch das Aufkaufen schwer zugänglicher Grubenfelder in der Taurus-Region aggressiv erweitert hatte. Die Offenheit, mit der Sandesjo dem Mann zugewandt saß, gepaart mit ihrem unterwürfig gesenkten Kinn und der Art, wie sie scheinbar gedankenverloren mit den kastanienbraunen Locken ihres Haares spielte, machten es offensichtlich, dass sie mit ihm flirtete. Von T’Prynns erhöhten Blickpunkt auf der Bühne sah es ganz danach aus, dass er von Sandesjos Zurschaustellung regelrecht hypnotisiert war.
Stens Ellbogen drückt gegen meine Schläfe …
Ein Stoß psychosomatischer Schmerzen durchfuhr T’Prynns Schädel. Ihre Hände hielten auf der Tastatur des Pianos inne, blockiert von der Heftigkeit und Stärke von Stens konzentrierter
Katra
-Attacke. Nur durch reine Willenskraft gelang es ihr, die Augen aufzuhalten, obwohl ihr Gesicht vor lauter Mühe, den Schmerz zu verbergen, ganz angespannt war. Ohne Vorwarnung oder Entschuldigung schloss sie den Pianodeckel, stieß den Hocker zurück, stand auf und ging ohne einen weiteren Blick auf Sandesjo von der Bühne. Jeder Schritt brachte einen weiteren stechenden Psychoangriff und drängte sie tiefer in sich selbst hinein. Nur mit allergrößter Anstrengung gelang es ihr, den schmalen Pfad vor ihr zu sehen, als sie über den getrimmten Rasen von Vanguards ausgedehnter Terrestrischer Anlage eilte.
Ich fühle Stens Schmerz, als die Klinge meiner
Lirpa
drei seiner Fingerspitzen abtrennt
.
Meter für Meter ließ sie mit langen Schritten hinter sich. Stens Attacken kamen schneller hintereinander als jemals zuvor.
Ein Tritt in meinen Solarplexus raubt mir den Atem
.
Ich höre Stens Zähne brechen, während mein Knie seinen Kiefer trifft
.
In der Mitte des weitreichenden kreisförmigen Parks, der das gesamte Innere der oberen Primärhülle der Station ausfüllte, ragte der breite, zylindrische Kern der Sternenbasis auf und war alles, worauf sich T’Prynn konzentrieren konnte. Einen mühsamen Schritt nach dem anderen schleppte sie sich zu einer Reihe von Turboliften, wo der Kern auf den tiefsten Punkt der Anlage traf.
Er stößt das stumpfe Ende seiner
Lirpa
in meinen Bauch. Mein Dolch durchtrennt die Sehne unter seinem Knie
.
Sie wusste nicht, wie oder wann sich Stens mentale Reserven so aufgefüllt hatten, vor allem nicht, da sie Musik gespielt hatte, was seine
Katra
normalerweise in Schach hielt. Sie stolperte in einen leeren Turbolift und packte seinen Bedienungsgriff. Für einen kurzen Moment blitzte in ihrem Kopf das Bild von einer mit dem Mann im Cabaret flirtenden Sandesjo auf; die Erinnerung verschwand in einer Serie psionischer Stiche, die ihrem Hals ein leises Wimmern entlockten.
Stens Forderung hallte in ihren tiefsten Gedanken wieder, wie sie es die letzten dreiundfünfzig schrecklichen Jahre getan hatten:
Ergib dich!
Ihre Antwort blieb unverändert:
Niemals!
Kapitel 6
Lieutenant Ming Xiong grinste über beide Ohren, während er mit seinem vollgestopften Rucksack beladen den Gang entlanglief, um schnell die Landungsbrücke der
Sagittarius
zu erreichen.
Es war mehr als zwei Monate her, seit er das Schiff der
Archer
-Klasse zum letzten Mal betreten hatte. Er hatte während seiner zwölfjährigen Dienstzeit in der Sternenflotte auf einigen Schiffen gedient, aber dieses kleine Spähschiff, mit seinen winzigen Quartieren und der eng verbundenen Besatzung, war sein absoluter Liebling. Bei seinem letzten Besuch hatte ihm Captain Nassir ein Abschiedsgeschenk überreicht, einen der grünen Arbeitsanzüge der Besatzung, auf dem sein Name prangte. So einfach die Geste auch geschienen haben mag, hatte ihn das Geschenk doch zu einem Ehrenmitglied
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