Star Trek - Vanguard 04 - Offene Geheimnisse
hätte essen können, entschied Pennington und starrte auf seine Suppenschüssel. Das war es hier immer, abgesehen von einer Stunde vor Sonnenauf- und ein paar Stunden nach Sonnenuntergang. Soweit es ihn betraf, war Vulkan der Föderationsgeheimtipp für Leute, die unbedingt abnehmen wollten.
Von seinem Tisch auf der Veranda von Sobons Heim blickte Pennington über den Hof zu den Dorfbewohnern, die dort ihrer Arbeit nachgingen. Die selbst in dieser Höhenlage noch drückende Hitze machte ihnen nichts aus, wie immer. Selbst M’Benga schien sich seit ihrer Ankunft akklimatisiert zu haben, einzig Pennington litt nach wie vor unter den Temperaturen.
Ich war schon immer ein Spätzünder
.
„Möchten Sie noch mehr Wasser, Mr. Pennington?“
Er blickte auf und sah in das Gesicht eines jungen vulkanischen Mädchens, das neben seinem Tisch erschienen war und eine steinerne Karaffe trug. Pennington schätzte sie auf höchstens fünfzehn, zumindest nach irdischen Altersmaßstäben. Sie trug eine kleinere Version des weichen Gewandes, in das nahezu jeder aus der Kommune gekleidet war. Ihr langes schwarzes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden und mit einem ledernen Band fixiert, auf ihrem braungebrannten Gesicht zeigten sich noch keine der Altersfalten, die ihre glatte Haut in den kommenden Jahren zeichnen würden.
Er hielt die große Tasse hoch, die neben seinem Essen auf dem Tisch stand. „Das wäre großartig, meine Liebe. Vielen Dank.“ Während sie ihm einschenkte, sagte er: „Ich glaube, ich habe dich noch nie hier gesehen. Wie ist dein Name, wenn du mir die Frage gestattest?“
„Ich bin T’Lon“, antwortete das Mädchen. „Meine Mutter ist eine von Sobons Haushälterinnen, und wenn ich nicht in der Schule bin, helfe ich ihr dabei.“
Die Tasse war kaum gefüllt, da nahm Pennington schon einen tiefen Schluck und genoss das kühle Wasser. Es kam aus einem Brunnen, der von einem komplexen, von einer unterirdischen Gebirgsquelle kommenden Bewässerungssystem gespeist wurde. Das Wasser hatte einen lebendigen, erfrischenden Beigeschmack, was Pennington verwunderte. Auf seinen frühmorgendlichen Spaziergängen hatte er die Leitungen gesehen, ihre Bauweise und das hinter ihnen steckende handwerkliche Geschick bewundert. Wie alles, was die Bürger von Kren’than erschufen, war nichts daran mechanisch.
Ich könnte mich an diesen Ort gewöhnen
, dachte er nicht zum ersten Mal. Zwar stammte er aus einer Kultur, in der nahezu jeder Aspekt des täglichen Lebens auf die eine oder andere Weise mit moderner Technik verbunden war, doch hatte das einfache, bodenständige Leben der Dorfbewohner zweifellos seinen Reiz. Es hatte etwas, entschied Pennington, wenn man
nicht
mit der ganzen Galaxis oder auch nur dem Nachbarort verbunden war, ohne dafür aufstehen und den Weg dorthin nach eigener Kraft absolvieren zu müssen.
Wenn’s hier nur vielleicht zwanzig Grad kühler wäre und ein oder zwei Kneipen gäbe, wäre es nahezu perfekt
.
Plötzlich fiel ihm auf, dass das junge Mädchen noch immer an seinem Tisch stand und ihn erwartungsvoll ansah. „Verzeihung“, sagte er und richtete sich in seinem Sitz auf. „Ist noch etwas? Habe ich mich falsch verhalten?“
T’Lon schüttelte den Kopf und deutete auf den Stapel an Schriften, die auf seinem Tisch lagen. „Nein, Sie haben sich nicht ungebührlich benommen. Ich war nur neugierig, woran Sie wohl schrieben.“
„Wüsste ich auch gerne“, sagte Pennington und blickte auf die Papiere hinab. Beim Anblick seiner Handschrift verzog er das Gesicht. „Dem Aussehen nach würde ich sagen, mein Stift hatte einen epileptischen Anfall.“ Er sah auf und zu T’Lon, die ihn anstarrte. „Tut mir leid“, sagte er dann und hielt ein Blatt hoch. „Ich habe mich so sehr an Diktier–geräte und Tastaturen gewöhnt, dass ich handschriftlich ein wenig aus der Übung bin. Das hier ist eine Art Reisetagebuch, könnte man wohl sagen. Ein Bericht über meine Zeit an diesem Ort.“ Zum Zeitvertreib hatte er damit begonnen, sich Notizen über jeden Tag zu machen, den er unter den Bewohnern von Kren’than verbrachte – eine recht ungewöhnliche Erfahrung, erst recht, da er sich alles per Hand notieren musste. Innerhalb der Dorfgrenzen waren keinerlei elektronische Gerätschaften gestattet, und dazu zählte auch der tragbare Datenmanager, der für einen Reporter wie ihn doch so wichtig wie die Luft zum Atmen war. Diese Regelung zwang ihn zurück zu den Wurzeln. Er genoss die direkte
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