Starcraft II - Flashpoint (German Edition)
scharfer Gliedmaßen. Sie hatte gekämpft, bis ihre Waffe nur noch klickte, dann psionisch um sich geschlagen und Welle um Welle vernichtet, bis der Feind sie endlich durch seine schiere Zahl überwältigte.
Dunkelheit … Gefangenschaft, die Unfähigkeit, sich der Freiheit entgegenzubewegen. Aber irgendetwas bewegte sich. In ihrem Körper. Ihre Knochen, Muskeln und Sehnen verdrehten und verschoben sich, formten sich um, und es war die pure Qual. Fremde Gedanken berührten die ihren, während sie neu und anders erschaffen wurde.
Die Macht. So viel Kraft, so viele Leben, die an ihres gebunden waren, so viel Liebe …
Liebe …
Sie hatte Liebe schon gekannt, bevor sie an sie gebunden wurden. Hatte sie erfahren als einfache Menschenfrau, die still in den Armen eines starken, aber zärtlichen Mannes mit wettergegerbtem, bärtigem Gesicht lag.
James Raynor. Marshal, Outlaw, Vater, Witwer. Liebster.
Jim …
Das kurze Nachlassen des Schmerzes verging. Blutige Bilder traten an seine Stelle. Unzählige Zerg, die über Planetenoberflächen schwärmten und alles Lebende befielen, das ihnen in den Weg kam, inklusive ihrer selbst, inklusive …
Sie konnte ihre knochigen Flügel spüren, jede Spitze so scharf wie ein Dolch – sie spannten und streckten sich. Ihr Kopf fühlte sich schwer an. Er war nicht mehr mit Haaren bewachsen, sondern mit etwas Schwererem, etwas, das sich aus eigener Kraft bewegte. Ihre Augen konnten weiter sehen als je zuvor. Ihr Geist hatte sich geöffnet …
… war ausgedehnt worden …
… um viel, viel mehr aufzunehmen, als sie je zuvor verarbeiten konnte, selbst als Ghost. Um zu wissen, zu spüren und unvorstellbare Macht zu handhaben.
Um in unvorstellbarem Ausmaß zu töten.
Wie viele?
Ozeane von Gesichtern. Aber eines hatte sich ihr regelrecht ins Gehirn gebrannt. Kerrigan war ihr nie begegnet, aber durch die Augen der Zerg hatte Sarah sie sterben sehen.
Hatte sie zugesehen, wie eine Mutter verzweifelt versuchte, ihre schluchzende Tochter in Sicherheit zu bringen, als es keine Sicherheit gegeben hatte …
Oh ja, Sarah hatte schon vorher getötet. Aber wann immer sie einem anderen Menschen das Leben genommen hatte, war auch ihr etwas genommen worden. Sie erinnerte sich an einen Todestanz, den sie aufgeführt hatte und dessen Zeuge bedauerlicherweise der Journalist Mike Liberty geworden war. Mal zu sehen, dann wieder unsichtbar, hatte sie hier jemandem den Hals durchgeschnitten, dort einem anderen das Genick gebrochen, einen Projektilwerfer abgefeuert, war sie an einer Stelle verschwunden und an einer anderen wieder aufgetaucht. Verblassende Gesichter, aufgeschlitzte Leiber. Sie hatte eine Spur des Todes hinterlassen, wie Brotkrumen, denen Liberty nur zu folgen brauchte. Und schließlich hatte er sie gefunden, sie war erschöpft auf die Knie gesunken …
„Waffeln“, murmelte sie.
„Was sagst du da, Liebling? Hast du Hunger?“
Eine Stimme aus ihrer Vergangenheit. Eine, die einst zärtliche Worte gesprochen und ein anderes Mal gedroht hatte, sie umzubringen. Sie musste aus der Vergangenheit kommen, denn jetzt konnte er nicht hier sein …
Waffeln. Einer der Techniker, die sie in jenem Todestanz auf Antiga Prime getötet hatte, wünschte sich im Sterben, doch die Waffeln gegessen zu haben, die es am Morgen zum Frühstück gegeben hatte.
Weil ich alles zerstöre.
Und dann erhoben sich die Leichen plötzlich mit verwesten, blutigen oder entstellten Gesichtern. Und nicht nur die Toten jenes Tages, sondern eines jeden Tages, an dem sie den Tod beschert hatte, als Mensch und als Königin der Klingen. Alle Männer, alle Frauen und alle Kinder, die ums Leben gekommen waren, seit sie erst ein Ghost und dann die Königin der Zerg – ihre Mutter – geworden war, streckten ihr jetzt die blutverkrusteten Hände entgegen; einige flehten sie an, ihnen zurückzugeben, was sie ihnen entrissen hatte, andere verlangten Vergeltung dafür, dass ihr Leben viel zu früh beendet worden war.
Sie bildeten ein Meer aus zerfetztem, blutigem Fleisch. Sie sah ihnen entgegen, war wie benebelt, als sie jeden Winkel ihres Blickfelds ausfüllten und darüber hinausdrängten. Dutzende … Hunderte … Tausende … Millionen … Milliarden …
… und zwei – Mutter und Tochter …
Ihre Schreie, geboren aus Schmerz, Zorn und Angst, füllten Sarahs Kehle, und sie verlieh ihnen allen eine Stimme.
Die Schreie ließen Jim die Haare zu Berge stehen. Sarahs schönes Gesicht war zu einer Grimasse blanken
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