Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half
nur noch entfernt einem Menschen ähnelte, hob sich auf einem Kissen aus Sperlingen in die Luft. Es bewegte sich durch das Arbeitszimmer, stürzte beinahe ab, hob sich dann schwankend von neuem. Er näherte sich dem großen, ausgesplitterten Loch in der Ostwand.
Weitere Vögel kamen durch dieses Loch herein; diejenigen, die sich noch im Gästezimmer befunden hatten, flatterten ins Arbeitszimmer hinüber.
Fleisch fiel von Starks zuckendem Skelett wie ein schauriger Regen.
Der Körper schwebte durch das Loch, umschwirrt von Sperlingen, die ihm die letzten Haare ausrissen.
Alan und Liz stolperten über den Teppich aus toten Vögeln ins Arbeitszimmer. Thad mühte sich langsam auf die Füße, auf jedem Arm einen schreienden Zwilling. Liz rannte auf ihn zu und nahm ihm die Kinder ab. Ihre Hände suchten flatternd nach Verletzungen.
»Okay«, sagte Thad. »Ich glaube, sie sind okay.«
Alan trat an das ausgefetzte Loch in der Wand. Er schaute hinaus und sah ein Bild wie aus einem grausamen Märchen. Der Himmel war schwarz von Vögeln, aber an einer Stelle war er schwarz wie Ebenholz, als wäre in das Gewebe der Realität ein Loch gerissen worden.
Dieses schwarze Loch hatte die unverwechselbare Form eines sich wehrenden Mannes.
Die Vögel hoben es höher, höher, immer höher. Es erreichte die Wipfel der Bäume und schien dort innezuhalten. Alan glaubte, aus dem Zentrum der Wolke einen schrillen, unmenschlichen Schrei zu hören. Dann setzten sich die Sperlinge wieder in Bewegung. In gewisser Weise war es, als schaute man sich einen Film an, der rückwärts abgespult wurde. Aus allen zerbrochenen Fenstern des Hauses ergossen sich
schwarze Ströme von Sperlingen; sie stiegen von der Auffahrt empor, von den Bäumen und dem runden Dach von Rawlies Volkswagen.
Und alle bewegten sich auf die zentrale Schwärze zu.
Der menschenähnliche Fleck begann sich wieder zu bewegen - über die Bäume, in den Nachthimmel -, und dann war er dem Blick entschwunden.
Liz saß in der Ecke, hatte die Zwillinge auf dem Schoß, schaukelte sie, beruhigte sie - aber beide Kinder schienen nicht mehr sonderlich aufgeregt zu sein. Sie blickten fröhlich in ihr verstörtes, tränennasses Gesicht. Wendy patschte darauf, wie um ihre Mutter zu trösten. William pflückte eine Feder aus ihrem Haar und betrachtete sie eingehend.
»Er ist fort«, sagte Thad heiser. Er war neben Alan vor das Loch in der Wand getreten.
»Ja«, sagte Alan. Plötzlich brach er in Tränen aus. Er war nicht darauf gefaßt gewesen; es passierte einfach.
Thad versuchte, einen Arm um ihn zu legen, doch Alan trat beiseite; unter seinen Stiefeln knackten die Knochen toter Sperlinge.
»Nein«, sagte er. »Nicht nötig.«
Thad schaute wieder durch das zerfetzte Loch in die Nacht hinaus.
Ein Sperling kam aus der Dunkelheit und landete auf seiner Schulter.
»Danke«, sagte Thad zu ihm. »Ich danke...«
Der Sperling hackte auf ihn ein, plötzlich und bösartig, und dicht unter seinem Auge quoll Blut hervor.
Dann flog er davon, um sich den anderen anzuschließen.
»Warum?« fragte Liz. Sie sah Thad bestürzt und verwundert an. »Warum hat er das getan?«
Thad schwieg, aber er glaubte die Antwort auf diese Frage zu kennen. Rawlie DeLesseps würde sie auch gekannt haben. In dem, was gerade geschehen war, hatte genügend Magie gesteckt - aber ein Märchen war es nicht gewesen. Vielleicht war dieser letzte Sperling von irgendeiner Macht ausgesandt worden, die überzeugt war, daß Thad darauf hingewiesen werden mußte. Nachdrücklich darauf hingewiesen.
Seien Sie vorsichtig, Thaddeus. Kein Mensch ist imstande, die Agenten des jenseitigen Lebens zu kontrollieren. Jedenfalls nicht lange und er muß immer einen Preis dafür zahlen.
Welchen Preis werde ich dafür zahlen müssen? fragte er sich schaudernd. Und die Rechnung - wann wird sie fällig?
Aber das war eine Frage für ein andermal, einen anderen Tag. Und vielleicht war die Rechnung bereits bezahlt.
»Ist er tot?« fragte Liz - fast flehend.
»Ja«, sagte Thad. »Er ist tot. Zum dritten und allerletzten Mal. Jetzt ist endgültig Schluß mit George Stark. Und nun kommt - sehen wir zu, daß wir hier herauskommen.«
Und genau das taten sie.
Epilog
Henry küßte Mary Lou an diesem Tag nicht, aber er verließ sie auch nicht wortlos, wie er es hätte tun können. Er sah sie an, ertrug ihren Zorn und wartete darauf, daß er zu diesem verschlossenen Schweigen abebbte, das er so gut kannte. Ihm war bewußt geworden, daß der
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