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Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half

Titel: Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Artikeln erschien. Schon ihre Größe verhinderte, daß man sie übersah.
    Dodie war eine Hure mit dem Herzen eines Bankangestellten und der Seele einer räuberischen Küchenschabe. Zwei ihrer Stammkunden, der eine ein Senator von den Demokraten, der andere ein Abgeordneter der Republikaner, beide erheblich älter als sie, hatten ihr so viel Geld vermacht, daß sie sich aus dem Geschäft zurückziehen konnte. Beide hatten
es nicht ganz aus freien Stücken getan, aber Dodie war sich klar darüber, daß das Krankheitsrisiko nicht gerade geringer wurde (und hohe Regierungsbeamte waren für AIDS und Geschlechtskrankheiten ebenso anfällig wie gewöhnliche Sterbliche); außerdem wurde sie nicht jünger. Sie hatte sich nicht darauf verlassen, daß die beiden Herren sie in ihrem Testament bedachten, was beide versprochen hatten. Tut mir leid, hatte sie zu ihnen gesagt, aber ich glaube nicht mehr an den Weihnachtsmann. Little Dodie muß zusehen, wie sie zurechtkommt.
    Mit dem Geld hatte Little Dodie drei Mietshäuser gekauft. Die Jahre waren vergangen. Aus den fünfundachtzig Kilo, die starke Männer auf die Knie gezwungen hatte (wobei sie gewöhnlich nackt vor ihnen stand), waren fast hundertfünfzig geworden. Investitionen, die in den siebziger Jahren einträglich gewesen waren, waren in den achtzigern verfallen, obwohl es schien, als ob alle anderen Leute, die ihr Geld in Aktien gesteckt hatten, gut zurechtkämen. Zu ihren Kunden hatten zwei hervorragende Börsenmakler gehört; es gab Zeiten, in denen sie sich wünschte, sie hätte auch nach ihrem Rückzug ins Privatleben mit ihnen Verbindung gehalten.
    Ein Haus war sie 1984 losgeworden, das zweite 1986 nach einer verheerenden Buchprüfung durch die Steuerbehörde. An diesem in der L Street hatte sie festgehalten, weil sie überzeugt war, daß es in einer Gegend lag, in der sich etwas tun würde. Aber bisher hatte sich noch nichts getan, und sie glaubte auch nicht, daß sich in absehbarer Zeit etwas tun würde. Wenn es doch geschah, würde sie ihre Koffer packen und nach Aruba ziehen. Bis dahin würde sie zusehen müssen, wie sie zurechtkam.
    Was sie seit jeher getan hatte.
    Was sie auch weiterhin tun würde.
    Und Gott helfe jedem, der sich ihr in den Weg stellte.
    Wie zum Beispiel Mr. Frederick »Großmaul« Clawson.
    Sie erreichte den Treppenabsatz im zweiten Stock. Aus der Wohnung der Shulmans dröhnte Guns ’n’ Roses.
    »DREHT DAS SCHEISSDING LEISE!« brüllte sie aus voller Lunge - und wenn Dodie Eberhart ihre Stimme auf höchste
Lautstärke erhob, dann zerbarsten Fensterscheiben, platzte kleinen Kindern das Trommelfell, und Hunde fielen tot um.
    Sofort verwandelte sich das Kreischen der Musik in ein Flüstern. Sie konnte direkt spüren, wie sich die Shulmans zitternd aneinanderdrückten wie zwei verängstigte junge Hunde im Gewitter und beteten, daß nicht sie es waren, denen die böse Hexe einen Besuch abstatten wollte. Sie hatten Angst vor ihr, und sie taten gut daran. Shulman war Anwalt und arbeitete bei einer einflußreichen Firma, aber er war noch zwei Magengeschwüre weit davon entfernt, selbst so einflußreich zu sein, daß Dodie sich vorsehen mußte. Wenn er ihr in diesem Stadium seines jungen Lebens in die Quere kam, würde sie Kleinholz aus ihm machen; er wußte es, und das war sehr befriedigend.
    Wenn sowohl die Bankkonten als auch die Börsenkonten in die roten Zahlen rutschten, dann mußte man zusehen, wo man seine Befriedigung herbekam.
    Ohne innezuhalten, bog Dodie um die Ecke und begann, die Treppe zum dritten Stock emporzusteigen, wo Mr. Frederick »Großmaul« Clawson in einsamer Höhe residierte. Sie bewegte sich nach wie vor wie ein Nashorn in der Savanne, mit hoch erhobenem Kopf, nicht im mindesten außer Atem trotz ihres Gewichts, das die solide gebaute Treppe leicht erbeben ließ.
    Sie freute sich auf die Begegnung mit ihm.
    Clawson stand noch nicht einmal auf einer der unteren Stufen einer Firmenleiter. Bisher stand er noch auf überhaupt keiner Stufe.
    Wie alle Jurastudenten, die sie je kennengelernt hatte (zumeist als Mieter; zu ihrem Kundenkreis in dem, was sie jetzt ihr »anderes Leben« nannte, hatte ganz bestimmt keiner gehört), bestand auch er überwiegend aus hochgesteckten Zielen und leerem Portemonnaie, die beide auf einem reichlichen Quantum heißer Luft schwebten. In der Regel wußte Dodie durchaus, was sie von diesen Elementen zu halten hatte. Auf das Geschwätz eines Jurastudenten hereinzufallen, war ihrer Ansicht nach

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