Stark (Dark Half)
woher?«
Er konnte nur vor ihr niederknien und ihre kalten Hände halten. Woher konnte er so viel über ihn wissen?
Das wurde er immer wieder gefragt. Die Leute benutzten unterschiedliche Formulierungen - wie sind Sie darauf gekommen? wie konnten Sie das schreiben? wieso erinnern Sie sich daran? wie haben Sie das erkannt? -, aber es lief immer auf dasselbe hinaus: woher wissen Sie das? Und er konnte die Frage nicht beantworten. Er wußte nicht, woher er es wußte.
Er wußte es eben.
»So viel«, wiederholte sie, und sie sprach wie jemand, der schlief und einen quälenden Alptraum hatte. Dann schwiegen sie beide. Er rechnete ständig damit, daß die Zwillinge den Kummer ihrer Eltern spürten, daß sie aufwachten und weinten, aber es war nichts zu hören außer dem stetigen Ticken der Uhr. Er nahm auf dem Fußboden neben ihrem Sessel eine bequemere Stellung ein und hielt weiter ihre Hände, hoffte, sie aufwärmen zu können. Als fünfzehn Minuten später das Telefon läutete, waren sie immer noch kalt.
»Er hat ihr die Kehle durchgeschnitten«, sagte Alan mit, wie Thad glaubte, beabsichtigter Brutalität. Und eine Sekunde später fragte er: »Sind Sie immer noch sicher, daß es nichts gibt, was Sie mir mitteilen wol en?«
»Morgen früh. Wenn wir einander ansehen können.«
»Okay. Ich dachte nur, fragen schadet nichts.«
»Nein. Das tut es nicht.«
»Die New Yorker Polizei fahndet nach einem Mann namens George Stark, Ihre Beschreibung.«
»Gut.« Und das war es wohl auch, obwohl es gleichzeitig zwecklos war. Sie würden ihn nicht finden, wenn er nicht gefunden werden wollte, und wenn jemand ihn fand, so würde er es, wie Thad glaubte, zu bereuen haben.
»Um neun«, sagte Alan. »Sehen Sie zu, daß Sie dann da sind, Thad.«
»Ich werde da sein«
Pangborn war kühl und sachlich. Rick Cowley befand sich in seiner Wohnung und stand unter Polizeischutz.
Er würde sich bald zu seiner geschiedenen Frau begeben. Aber die Aussöhnung, das Wiederzusammenfinden, von dem beide des öfteren gesprochen hatten, würde nicht mehr stattfinden können. Miriam war tot. Rick würde sie im Leichenschauhaus von Manhattan formell identifizieren. Thad sollte nicht damit rechnen, heute abend noch von Rick zu hören, und ihn auch nicht selbst anrufen; daß zwischen Thad und Miriams Mörder eine Beziehung bestand, war Rick »bis auf weiteres« vorenthalten worden. Phyl is Myers war ausfindig gemacht und gleichfal s unter Polizeischutz gestellt worden. Mike Donaldson hatte sich als härtere Nuß erwiesen, aber sie hofften, seinen Aufenthalt bis Mitternacht ermittelt zu haben, um ihn gleichfal s schützen zu können.
»Wie wurde sie getötet?« fragte Thad. Er kannte die Antwort, aber manchmal mußte man trotzdem fragen, Gott weiß, warum.
Liz nahm ein Beruhigungsmittel und schlief schließlich ein, Thad driftete in einen leichten Halbschlaf und wieder heraus, und um Viertel nach drei stand er auf, um ins Badezimmer zu gehen. Als er dastand und urinierte, glaubte er die Sperlinge zu hören. Er erstarrte, lauschte, und der Fluß seines Wassers geriet ins Stocken. Das Geräusch wurde weder stärker noch schwächer, und nach ein paar Augenblicken begriff er, daß es nur Gril en waren.
Er schaute aus dem Fenster und sah, daß auf der anderen Straßenseite ein Streifenwagen der Staatspolizei parkte, dunkel und schweigend. Er hätte sich einbilden können, daß der Wagen leer war, wenn er nicht das Aufglühen einer Zigarette gesehen hätte. Es sah so aus, als stünden er, Liz und die Zwil inge gleichfal s unter Polizeischutz. Oder unter Bewachung, dachte er und kehrte ins Bett zurück. Was es auch sein mochte - es schien ihm etwas Seelenfrieden zu verschaffen.
Er schlief ein und wachte um acht auf, ohne die Erinnerung an schlimme Träume. Aber der schlimme Traum war natürlich da draußen. Irgendwo.
Vierzehntes Kapitel
Metzgerfüllsel
Der Typ mit dem affigen kleinen Schnurrbart war wesentlich behender, als Stark vermutet hatte.
Stark hatte auf dem Flur im neunten Stock des Hauses gewartet, in dem Michael Donaldson wohnte, in der Ecke neben Donaldsons Wohnungstür. Es wäre besser gegangen, wenn er in seine Wohnung hätte eindringen können, wie er es bei der Frau getan hatte, aber ein einziger Blick hatte genügt, um ihm klarzumachen, daß diese Schlösser, im Gegensatz zu den ihren, nicht vom Heiligen Geist eingesetzt worden waren. Dennoch hätte alles gut laufen müssen. Es war spät, alle Kaninchen würden tief und fest in
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