Stark im Job
hat? Oder doch wieder das Kamel, weil es sich nicht intensiv genug gegen die Beladung gewehrt hat?
Dieses einfache Bild zeigt: Es gibt bei einer Überforderung keine eindeutigen Ursache-Wirkungszusammenhänge; und erst recht gibt es nicht die eine Ursache. In der Regel kommen mehrere Faktoren zusammen. Entscheidend ist ihr Zusammenspiel.
Dementsprechend helfen auch kurzsichtige Schuldzuweisungen nicht bei der Lösungssuche. Weder ist es hilfreich zu sagen: „Die Arbeitsbelastungen in dieser Abteilung machen mich krank“, noch ist es gerechtfertigt zu behaupten: „Sie sind halt zu schwach für diese Position“. Die Passung zwischen Mensch und Aufgabe ist es, die offenbar nicht stimmt.
Individualität akzeptieren
Auch der Vergleich mit anderen Personen verbietet sich. Ein Satz wie: „Die Frau Schmidtke kommt mit der Arbeit aber prima klar und schafft auch jeden Tag ihr Pensum“ wird ganz sicher nicht zu einer Leistungssteigerung führen. Der Empfänger einer solchen Nachricht wird beleidigt reagieren und sich unverstanden fühlen.
Der Sender macht es sich sehr leicht, indem er alle Mitarbeitenden über einen Kamm schert. Wir sind aber nun einmal alle verschieden. Das gilt auch für unsere Belastungsgrenzen und Arbeitsvorlieben. Der eine kommt frisch aus dem Urlaub, der andere geht kraftmäßig schon auf dem Zahnfleisch; der eine mag herausfordernde Situationen, der andere liebt die Routine; der eine arbeitet gern im Team, für den anderen bedeutet genau das Stress. – Diese unterschiedlich gearteten Menschen werden je nach Zeitpunkt und Fitnesszustand ganz unterschiedlich mit identischen Situationen umgehen. Was für X heute Stress ist, macht Y mit links; zu einem anderen Zeitpunkt, wenn er sich fit fühlt, ist aber vielleicht X der Überlegene.
Nett mit sich und anderen umgehen
Schuldzuweisungen oder Eigenschaftszuschreibungen („Der war immer schon eine Lusche“) führen daher nicht weiter. Stattdessen sollte man im Umgang mit anderen akzeptieren, dass jeder Mensch gute und schlechte Tage hat und wir alle unterschiedlich gestrickt sind. Wenn jemand grundsätzlich falsch an seinem Platz ist, ist ein Tätigkeitswechsel oder eine Nachqualifizierung erforderlich. Aber bei den meisten Überlastungsproblemen geht es nicht um so etwas Grundsätzliches, sondern eher darum, dass die Passung zwischen Mensch und Job vorübergehend nicht stimmt.
Und auch im Hinblick auf uns selbst sollten wir Gnade vor Recht ergehen lassen, wenn wir uns einmal nicht so leistungsfähig fühlen wie sonst. Niemand kann täglich 100 % geben. Wenn Sie sich nach einer Erkältung noch nicht wieder richtig fit fühlen und den Eindruck haben, der Arbeit nicht gewachsen zu sein: Keine Sorge – das wird sich wieder legen.
Vielleicht können Sie Ihren Vorgesetzten um eine vorübergehende Entlastung (und die Kollegen dafür um Verständnis) bitten, bis Sie wieder vollständig auf der Höhe sind. Immerhin ist es nett von Ihnen, trotz der Restsymptomatik überhaupt anwesend zu sein. Manchmal ist es ohnehin sinnvoller, sich zu Hause in Ruhe richtig auszukurieren.
Sie können etwas tun
In Kapitel 8 erfahren Sie, ob tatsächlich „zu viel Arbeit“ das Problem ist – und auch, wie Sie sich angemessen gegen Arbeitsüberlastung abgrenzen können. Vielleicht denken Sie jetzt im Augenblick noch: „Ich bin einfach zu schwach für diesen Job“. Aber Sie haben sich dieses Buch gekauft, um etwas daran zu ändern. Und es trägt nicht den Titel „Wie kündige ich meinen Job?“. Sie glauben nämlich daran, dass Sie noch etwas ändern können.
Und das ist genau richtig. In Teil II und III werden Sie viele mögliche Ansatzpunkte finden. Dabei geht es weniger um die Frage „Wer ist schuld an meiner Überlastung?“, sondern vor allem um Themen wie: „Was kann ich tun, um trotzdem gesund zu bleiben?“ Ihre Bewältigungsfähigkeiten sollen durch die Lektüre gefördert werden. Und insbesondere, wenn Sie die Aufforderungen, sich Notizen zu machen, ernst nehmen, werden Sie genau dies bald spüren können: dass Sie stärker werden.
Das Waagen-Modell
Man kann sich die Logik des Buches anhand des Waagenmodells verdeutlichen: Auf der einen Seite sind die Stressoren zu sehen, also die belastenden Faktoren Ihres Lebens: Streit mit dem Partner, Ärger über die Kollegin, Zeitdruck im Job, ein krankmachender Chef; eine nicht richtig auskurierte Erkältung, die noch in den Knochen steckt. All das kostet Energie.
Auf der anderen Seite gibt es die Ressourcen.
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