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Stark im Job

Stark im Job

Titel: Stark im Job Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Katrin Matyssek
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Gesprächsthema. Weit gefehlt. Oder wird in Ihrem Unternehmen darüber gesprochen, wie man mit Kollegen umgehen sollte, die sich in psychischer Hinsicht auffällig verhalten? Oder darüber, wie sich Arbeitsstress durch Veränderungen der Arbeitsbedingungen reduzieren ließe? Falls ja: Gratulation!
Leugnen hilft nicht
    Das Thema ist in vielen Lebensbereichen noch immer tabubehaftet. Bei meinen Seminarveranstaltungen mit Führungskräften habe ich oft gemerkt: Auch in der Arbeitswelt gehört das Thema für viele Unternehmen noch immer unter den Teppich, ähnlich wie früher das Thema Sucht. Damals hieß es, egal in welchen Betrieb man kam: „Wie? Alkoholprobleme?! So etwas gibt’s bei uns nicht!“ Und es dauerte lange, bis auch Unternehmensleitungen überzeugt waren, dass ihre Belegschaft (bis in die Führungsriege!) ein Abbild der Gesellschaft darstellt. Und das bedeutet: 5 bis 10 % aller Menschen sind suchtgefährdet.
    Und heute also die psychischen Erkrankungen. „Haben wir nicht!“ – sagt die Geschäftsleitung, bis eine Krankenkasse den ersten Gesundheitsbericht anfertigen darf. Basierend auf einer anonymen Befragung ist dann Schwarz auf Weiß zu sehen: Das Phänomen macht vor keinem Unternehmen halt. Psychische Erkrankungen sind auf dem Vormarsch, und zwar in allen Branchen. Vermutlich nehmen auch in Ihrem Betrieb die Fälle zu.
Gesellschaftliche Gründe für die Zunahme psychischer Erkrankungen
    Sind wir alle verrückt geworden? Mit Sicherheit nicht. Es gibt mehrere Ursachen für den rasanten Anstieg psychischer Erkrankungen. Da ist zum einen das veränderte Diagnostikverhalten der Ärzte: Wo früher eine Frischzellenkur verschrieben wurde, schauen Ärzte heute genauer hin, ob sich nicht vielleicht eine Depression hinter der Antriebslosigkeit verbirgt. Wahrscheinlich gibt es gar nicht viel mehr psychische Erkrankungen als früher, aber sie werden heute besser und schneller erkannt.
    Auch gesamtgesellschaftlich sind in den vergangenen Jahrzehnten große Veränderungen zu verzeichnen: Psychische Erkrankungen haben die Tabuzone verlassen. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist deutlich gestiegen. Noch vor 30 Jahren wäre es unmöglich gewesen, sich am Arbeitsplatz dazu zu bekennen, dass man eine ambulante Psychotherapie macht. Man hätte mit sozialer Ausgrenzung rechnen müssen und mit Sätzen wie: „Gehörst du also eigentlich in die Klappse und hast heute bloß Ausgang?“
    Diese Zeiten sind vorbei. Immer mehr Menschen haben verstanden, dass es neben der körperlichen Gesundheit auch eine psychische gibt. Und dass beide Aspekte des Wohlbefindens beeinträchtigt sein können – nicht zuletzt aufgrund der Veränderungen in der Arbeitswelt. Vermutlich sehen Sie das genauso, sonst hätten Sie nicht dieses Buch gekauft.
Gründe in der Arbeitswelt: Arbeiten geht heute anders
    Im Gegensatz zu unseren Vorfahren arbeiten wir heute in der Regel weniger körperlich. Dafür haben aber psychische Belastungen stark zugenommen: Zeitdruck, Reizüberflutung, Multitasking – das sind Anforderungen, die in der Arbeitswelt unserer Eltern und Großeltern so gut wie gar nicht vorkamen.
    Auch die Entgrenzung der Arbeit war kein so großes Thema: Wenn Sonntag war, war Sonntag. Heute werden am Sonntagabend die Mails gecheckt, damit man am Montag überhaupt sein Pensum schaffen kann. Ständige Erreichbarkeit, Rufbereitschaft bis in den Feierabend oder sogar bis in den Urlaub – das erschwert echte Erholung. Man muss aber topfit sein, um den Anforderungen am Arbeitsplatz überhaupt gerecht werden zu können. Das kennen Sie bestimmt auch von sich selbst.
    Viele Beschäftigte klagen über Arbeitsverdichtung: Immer weniger Menschen müssen Arbeitsmengen bewältigen, die früher auf viel mehr Köpfe verteilt waren. Die Schlagzahl hat sich quasi erhöht. Zeiträume für Kurzpausen wurden wegrationalisiert, Handlungsspielräume verkleinert. Die Zeit für Entscheidungsprozesse hat sich stark verkürzt. E-Mails müssen möglichst sofort beantwortet werden. Das Leben ist schneller geworden.
Mehr Mobilität, mehr Flexibilität, weniger Sicherheit
    Daneben ist auch das Privatleben komplexer geworden. Es gibt heute weniger Sicherheit als noch vor drei oder vier Jahrzehnten, auch in Sachen Lebensplanung. Es wird mehr Flexibilität gefordert. Früher machte man eine Ausbildung, blieb in dem Unternehmen oder bewarb sich einmal woanders hin – und dann blieb man in diesem Betrieb, bis zur Rente. Heute sind mehrere Unternehmens- und sogar

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