Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
Prolog
E rhabener!« Yusuf warf sich vor seinem Herrn zu Boden, als würde er zu Allah beten. Khalil lächelte. Er liebte es, wenn seine Männer ihm die rechte Demut zeigten. Dafür war er sogar geneigt, Yusuf die frühe Störung zu verzeihen. Durch die Fenster des Palastes fielen die ersten hellen Sonnenstrahlen herein und spiegelten sich in den kostbaren Gläsern und goldenen Schüsseln, die vor Khalil aufgereiht auf einem Tischchen standen. Das Frühgebet lag hinter ihm, nun wollte er sich dem Morgenmahl widmen. Ein schwarzer Sklave stand in der Ecke und schwenkte einen großen Fächer aus Straußenfedern. Zu Khalils Füßen kniete ein junges Mädchen, das ihm Tee einschenkte.
»Bringst du gute Neuigkeiten?«
Yusuf richtete den Oberkörper auf, blieb aber auf den Knien.
»Es gibt eine Spur nach Djeseru-Sutech.«
Khalils Lächeln schwand. Seit Jahren wartete er darauf. Träumte davon, die verborgene Stadt in der Wüste zu finden, in der heidnische Völker seit Jahrhunderten unermessliche Schätze angehäuft haben sollten. Jedenfalls versprachen das die Legenden, und Khalil war geneigt, ihnen zu glauben. Es gab viele Hinweise, auch wenn ihn bislang keines dieser Gerüchte zum Ziel geführt hatte.
»Wo?«
»Im Haus des Mikhail von Alexandria.«
»Im Haus des Mikhail«, wiederholte Khalil bedächtig. Er griff nach dem Teeglas und trank einen Schluck. »Zu dumm, dass sein Anwesen so gut geschützt ist. Es wird uns schwerfallen, unbemerkt dort einzudringen. Und für einen Überfall ist es noch zu früh. Mikhail hat viele einflussreiche Freunde.«
»Ja, Herr. Und es gibt eine weitere Schwierigkeit.« Yusuf bedachte seinen Herrn mit einem sorgenvollen Blick. »Es heißt, Mikhails Enkel werde in nächster Zeit zurückerwartet.«
»Philip!« Khalil sprang auf und schleuderte sein Teeglas gegen die Wand. Die kleine Sklavin zu seinen Füßen zuckte zusammen, der fächelnde Mohr geriet ins Stocken, nur Yusuf kniete weiterhin unbeeindruckt vor seinem Herrn.
»Ist dieser ungläubige Hund etwa am Leben?«, brüllte Khalil. »Ich dachte, die Geier hätten ihn geholt, nachdem seine Schande durch alle Gassen und Basare getragen wurde! Wieso weilt er noch unter den Menschen?« Der Tee lief an der Wand herunter und hinterließ dunkle Flecken auf dem Teppich.
»Herr, vielleicht ist es Allahs Wille, dass er noch lebt, damit du deine Rache vollenden kannst.«
Khalil sank zurück auf sein Sitzkissen. »Möglicherweise hast du recht, und es ist ein Zeichen Allahs. Mit dieser Ausgeburt der Dschehenna und seinem verdammungswürdigen Freund Said al-Musawar, den der Dscheitan fressen soll, wollte ich längst abrechnen. Erheb dich, Yusuf! Du bist mein Auge und mein Ohr. Ich muss alles erfahren, was im Haus des Mikhail vor sich geht. Ich will als Erster wissen, wann dieser ungläubige Bastard und sein nichtswürdiger Gefährte den Boden Alexandrias betreten.«
»Ja, Herr.« Yusuf stand auf. »Und wenn sie zurück sind? Schlagen wir dann zu?«
»Nein.« Khalils Lächeln war zurückgekehrt. »Erst will ich Philip leiden sehen. Ihn und alle, die ihm teuer sind. Der Windhauch der Verdammnis soll ihn treffen, die Hölle, der er entkam, in seiner Erinnerung zum Paradies werden, denn die Qualen, die ich ihm zugedacht habe, werden unermesslich sein.«
1. Kapitel
D u sagtest, Hamburg sei eine große Hafenstadt.« Lena musterte Philip mit zweifelnder Miene, während sie auf ihren Pferden am östlichen Stadttor warteten. Händler drängten sich in beide Richtungen, die Torwächter überprüften einzelne Wagenladungen und Reisende.
»So ist es«, bestätigte Philip. »Johann sagte mir, Hamburg sei ein großer Flusshafen.«
»Ich dachte, die Stadt liege am Meer.«
»Bist du enttäuscht?« Philip lächelte sie liebevoll an. »Keine Sorge, du siehst das Meer noch früh genug.«
In der Reihe vor ihnen fluchte ein Händler gotteslästerlich. Die Sonne brannte an diesem Apriltag wieder einmal besonders heiß vom Himmel herab und machte das Warten nicht angenehmer. Allerdings war es Lena lieber als die schneereichen kalten Tage, die hinter ihnen lagen.
»Eins verstehe ich nicht.« Said lenkte sein Pferd neben Philips Rappen. »Warum überprüfen die Stadtwachen Reisende am helllichten Tag? Das haben wir bislang noch nirgendwo erlebt.«
»Vielleicht suchen sie jemanden.«
»In den Wagen der Händler?« Said verdrehte die Augen.
Hinter ihnen hatte sich schon eine beachtliche Schlange gebildet. Witold und Rupert,
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