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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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nachmittags Schule.“ Vincent sah, wie Ivo sich straffte, die Aale waren vergessen. „Sie halten mich auf Trab.“
    Und ob, dachte Vincent. Ivos Sohn war vor neun Jahren bei der Rückerob erung der Stadt Knin getötet worden. Jetzt unterstützte der Alte seine Schwiegertochter und die drei Enkel. Bei den Touristen war er beliebt,  gehörte zum Ort, wie die Steinfassaden der Altstadt. Die Kameras liefen heiß, wenn er mit seinem Kahn an der Uferpromenade lag, Späßchen machte und Fische verkaufte.
    Reiner Zufall, dass sie sich kennen gelernt hatten. Aufziehender Sturm ha tte Vincent eines Abends in die geschützte Bucht von Makarska getrieben. Als er an den Kai fuhr, hatte Ivo die Leinen gefangen und ihn auf einen guten Liegeplatz bugsiert. Kein großes Getue, als Vincent mit der Flasche winkte. Bei gegrillten Rotbarben und zollfreiem Whisky war ihre erste Nacht ziemlich lang geworden.
    „Da wartete ein Mann auf das Pärchen bei dir am Tisch. Ich schätze mal, ein Bosnier.“ Ivo nippte am Rakija und goss den Kaffee hinterher. „Ich habe dem Jungen gesagt, er soll ihnen ein Stück folgen.“ Der Junge hieß Milan, fuhr auf dem Boot seit Ewigkeiten als Ivos zweite Hand und war vor kurzem Großvater geworden.
    Vincent schob seinen Stuhl tiefer in den Schatten. „Kann ein Vermieter g ewesen sein.“ Vormittags trieben sich eine Menge Leute auf der Uferpromenade herum, die Neuankömmlingen Privatzimmer anboten.
    „Sie haben dem Bosnier die Kamera gegeben und er hat sie eing esteckt.“ 
    Merkwürdig. Der Blonde hatte die Digicam nicht auf Vincent gerichtet. Wenn sie Bilder von ihm wollte n, hätten sie ihn auf dem Boot bequemer filmen können. Wegen des Sturms hatte er zwei Tage am Kai gelegen, Klarschiff gemacht und den Motor inspiziert. Alle naslang waren Spaziergänger stehen geblieben und hatten zugeschaut. Im Restaurant, schräg über die Strasse, hatte er abends unter der beheizten Markise gesessen. Genug Material für viele Stunden Amateurkino.
    Und wenn sie nur seine Stimme wollten? Das Mikro der kleinen Kamera war dafür sicher perfekt. Blödsinn. War er vor kurzem jemandem auf die Füße getreten? Fehlanzeige. Und OVID? Da spielte man kein Laientheater.
    Milans massiger Schatten verdunkelte den Tisch. „Da war noch ein vierter Mann, ein Fahrer.“  Er ließ sich in einen freien Stuhl fallen. „Der Bosnier und das Pärchen sind zur Kirche hoch. Oben wartete ein neuer Mercedes, bosnische Nummer.“ Er schob Vincent einen Geldschein zu, auf dem er das Kennzeichen notiert hatte. „Sie fuhren gemeinsam weg.“
    „Gute Reise“, sagte Vincent.
    Vom Kai gegenüber hörte er einen gedämpften Knall.Frauen und Kinder kreischren, Männer riefen durcheinander.
    „Da liegt dein Boot.“ Ivo drückte sich aus dem Sessel und trabte los, Milan hinter ihm her. Vincent lief an den beiden vorbei, schob sich durch die Neugierigen und sah grauweißen Rauch, der aus dem Inneren seines Bootes quoll. Die Kappe über dem Niedergang ins Bootsinnere war weit zurück geschoben. Vincent sprang hinunter ins Cockpit und versuchte etwas zu erkennen. Die Kajüte voller Qualm, aber auf den ersten Blick kein offenes Feuer.
    „Hier, nimm das.“ Ivo zog ein feuchtes Handtuch von der Reling  Er drückte es vor Mund und Nase, riss den Feuerlöscher von der Wand des Niedergangs und stieg hinunter. Überall Rauch, aber keine Hitze, kaum Geruch. Dann ein Geräusch aus der Waschkabine, die Tür flog auf, der Schatten eines Mannes sprang auf ihn zu. Vincent holte Schwung und hieb den Feuerlöscher gegen den Kopf des Angreifers. Der ging stöhnend zu Boden und regte sich nicht mehr
    Vincent stieß das Klappluk in der Kajütdecke auf und stellte den Hauptscha lter der Batterie ab. Der Rauch verzog sich, aber es qualmte weiter aus der Ecke unter dem Navigationstisch. Sein Hals brannte, er bückte sich. Zwei olivgrüne Behälter, offenbar Rauchbomben. Er wickelte das feuchte Tuch um die Zylinder und warf sie nach oben. Die Dinger zischten nur noch schwach. Undeutlich sah er, dass Milan mit einem Eimer Hafenwasser bereit stand.
    Er richtete sich auf, schaute sich um, kein weiterer Rauch, es schien vorbei zu sein. Dann bemerkte er den Zettel auf dem Esstisch. Filzschreiber, Großbuc hstaben, deutsch. „Halt dich raus, du Stasiwichser.“
    Er beugte sich über den Eindringling, der schwer atmend auf der Seite lag, blutverschmiertes Gesicht, die Nase sicher gebrochen. Er trug teure Jeans und angesagte Tennisschuhe. Ein junger Strandgeier.

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