Staub Im Paradies
nach.
»Ich hab hier jemand anders kennengelernt«, gesteht sie schließlich.
»Einen Forscher?«
»Ja, einen Tropenmediziner und Mikrobiologen von der hiesigen Universität in Kandy.«
Aha.
»Tschaggat Kanagasundram heißt er. Er leitet unsere Forschungsgruppe und freut sich sehr, dich kennenzulernen.«
»Das will ich ihm auch raten!«, knurre ich.
Sie grinst und ich blicke wieder in die hügelige Landschaft hinaus und beschließe, mich weiterer Kommentare zu enthalten. Das Liebesleben meiner Tochter aus erster Ehe ist nicht gerade eintönig. Aber über die Macht, dies zu ändern, verfüge ich leider nicht, weshalb ich schon vor Jahren murrend beschlossen habe, sie in Gottes Namen einfach machen zu lassen, solange es ihr dabei gut geht. Das scheint durchaus der Fall zu sein. Jedenfalls hat sie das Ende ihrer Beziehungen und Affären immer relativ gelassen hingenommen. Jetzt ist sie also bei einem Farbigen als Freund angekommen, bravo! Zugegebenermaßen irritiert mich das ein wenig, auch wenn der Anteil an Idioten meiner Meinung nach bei allen Rassen und Nationalitäten ziemlich exakt gleich hoch ist. An weniger guten Tagen beziffere ich ihn gerne mit rund fünfundneunzig Prozent.
In Pelmadulla machen wir Rast. Das heißt, wir stellen den Jeep in den mageren Schatten einiger Palmen und suchen nach einer Bar, in welcher der Kühlschrank funktioniert. Viele freundliche Helfer weisen uns in alle möglichen Richtungen, bis wir schließlich in einer mit Palmwedeln bedeckten Bretterbude tatsächlich einen funkelnagelneuen Kühlschrank finden, der uns von seinem Besitzer entsprechend stolz vorgeführt wird. Leider funktioniert der Generator, der das Gerät normalerweise mit Strom versorgt, im Moment gerade nicht.
Deshalb trinken wir einmal mehr Tee und setzen uns auf dicke Zeitungsbündel, die uns gegen etwaige Wanzen in den Korbstühlen schützen sollen. Wieder bedauere ich, dass in diesem Land kein anständiger Kaffee zu bekommen ist, nicht einmal in unserem Luxushotel. Ich hätte mir unbedingt ein Glas Instantkaffee mitbringen sollen! Aber andererseits: Wer rechnet denn schon mit solchen Widrigkeiten?
Plötzlich springt Anna erfreut auf: Zwei Weiße kommen um die Ecke und begrüßen meine Tochter herzlich. Es sind Mitglieder ihres Forschungsteams, die mir sofort stolz vorgestellt werden.
»Rainer Schütz ist Mikrobiologe, Jürg Deiss Biochemiker«, sagt Anna.
Ich schüttle den beiden brav die Hand. Sie sehen zwar nicht aus, wie ich mir Forscher vorstelle, sondern eher wie ausgemergelte Tramper. Aber immerhin verhalten sie sich so, als wären sie ganz begeistert, mich kennenzulernen. Nach einigem Hin und Her setzen sie sich zu uns. Der Barbesitzer wieselt dauerlächelnd um uns herum und verschiebt mehrfach die Unterteller und Teegläser auf dem Holztisch. Selbst meine Packung Muratti verschont er nicht und platziert sie drei Mal um. Auch Rainers einheimische Goldleaf werden sorgsam zurechtgerückt, bis sie im richtigen Winkel zu den dampfenden Teegläsern liegen.
»Möchten Sie eine?«, bietet mir Rainer eine seiner Kippen an. Ich schätze ihn auf gute dreißig und einen Meter neunzig. Seine Storchenbeine stecken in beigefarbenen Shorts, um seine Brust schlottert ein dünnes grünes Seidenhemd. Er hat hellblondes Kraushaar auf dem sonnenverbrannten Kopf und sieht aus, als ob er sich seit mindestens drei Tagen nicht mehr rasiert hätte.
»Gerne«, sage ich und inhaliere bald den Rauch einheimischen Krauts. Die Glimmstängel schmecken leicht süßlich, aber durchaus angenehm.
»Helfen gegen die Fliegen«, meint Rainer und Jürg grinst. Dieser ist im Unterschied zu seinem Kollegen glatt rasiert und dunkelhaarig. Er trägt weiße Jeans, ein unter den Achselhöhlen durchgeschwitztes hellblaues Hemd, eine Nickelbrille mit dicken Gläsern und einen Ehering. Scheint Nichtraucher zu sein.
Meine Gedanken schweifen ab, ich beobachte eine Schar palavernder Buben, die versuchen, einen Karren mit Brennholz die staubige Straße hinaufzuziehen. Es ist schätzungsweise fünfunddreißig Grad warm, der Schweiß rinnt mir den Rücken hinunter und die Zigarette beginnt jetzt doch, im Hals zu kratzen. Von fern klingen Bruchstücke einer Debatte an mein Ohr, die fremdwörterlastig die Ergebnisse der neuesten Versuchsreihen von Annas Forschungsgruppe zum Inhalt hat.
Ein röchelndes Motorrad zuckelt vorbei. Zahllose Fliegen surren uns um die Köpfe, trotz der Raucherei. Der Barmann schenkt unaufgefordert Tee nach und ordnet die
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