Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
das Knie steif blieb, ehe sie sich den Kolben der Waffe in die Höhlung zwischen Brust und Schulter drückten. Die Dragoner waren inzwischen gefährlich nah herangekommen. Steel konnte die Gesichter der Männer erkennen: gebräunt, mit dichten Schnurrbärten unter roten Mützen mit Pelzbesatz.
Steel wartete noch. Nur noch dreißig Schritte. Zwanzig.
»Feuer!«
Die mittlere Reihe der Grenadiere eröffnete das Feuer. Während sie dann nachluden, standen die in der vordersten Reihe knienden Schützen auf und gaben ihre tödliche Salve ab, ehe sie sich über den linken Fuß umdrehten und sich hinter die zweite Reihe begaben. Inzwischen legten die Männer in der dritten Reihe an und feuerten durch die Lücken der Kameraden hindurch. Das war die neue Vorgehensweise. Die angemessene Art, die neuen Musketen zu bedienen. Deshalb hatte »Corporal John«, wie die Männer ihren Oberbefehlshaber Marlborough nannten, sie alle so sorgfältig instruiert. Das war in Steels Augen eine regelrechte Kunst. Es war die moderne Art der Kriegsführung.
Sekunden später bekam er den Beweis, dass er recht hatte, denn als die Rauchfäden sich auflösten, fiel sein Blick auf die am Boden liegenden rot uniformierten Feinde. Die französischen Dragoner in der zweiten Reihe, die den Musketenbeschuss überlebt hatten, blieben stehen und blickten hinüber zu ihren Feinden, unschlüssig, was sie tun sollten. Die Corporals in den britischen Reihen riefen Befehle: »Nachladen … neu formieren!«
Steel schaute über den dezimierten Haufen Dragoner hinweg und entdeckte weitere Infanteristen in roten Uniformen, die auf die britischen Grenadiere zuhielten. Eine zweite Einheit mit neuen Offizieren.
Zu Slaughter gewandt rief er: »Da, schaut, noch mehr von diesen Schweinehunden! Zurück zu den Gabionen. Wir müssen sie aufhalten, Jacob.«
Er ließ den Blick über die Linien der Alliierten unten in der Talsohle schweifen. »Wo bleibt die Verstärkung, zum Teufel?«
Schnell wichen die beiden Züge britischer Grenadiere zurück zur Brustwehr und den Schanzkörben.
Steel hielt Ausschau nach Hansam. Mit einem Lächeln auf den Lippen rief er ihm zu: »Schaffst du das, Henry? Können wir sie aufhalten?«
»Ich würde ihnen anbieten, sich zu ergeben, Jack, aber ich fürchte, sie haben andere Pläne.«
Steel ließ ein grimmiges Lachen folgen und wandte sich Slaughter zu. »Also gut, Jacob. Wie Ihr wollt. Zeigen wir ihnen, wie man es macht.«
Erneut formierten die Grenadiere sich drei Glieder tief, und wieder kamen die rot uniformierten Dragoner heran. Verzweifelt blickte Steel hinüber zu den Linien der Alliierten. Pearson hatte versagt. Niemand kam ihnen zu Hilfe. Kein Entsatz im letzten Moment. So viel zu seinem brillanten Plan. Als einziger Ausweg bliebe nun, so viele Franzosen wie möglich mit in die Hölle zu reißen. Hoffnungsvoll blinzelte Steel in die Ferne, doch was er sah, versetzte ihn nur noch mehr in Schrecken.
»Großer Gott!«
Durch den Rauch konnte Steel große, weiß uniformierte Gestalten ausmachen, die in dicht geschlossenen Reihen die Anhöhe hinaufmarschierten und geradewegs auf Steels Stellung zuhielten. Französische Infanterie. Ein Bataillon. Nein, eine ganze Brigade. Inzwischen hatte auch Slaughter die Männer entdeckt.
»Gütiger Himmel! Wie zum Teufel ist das möglich, Sir? Die sind uns in den Rücken gefallen.«
Steel lehnte an der Brustwehr und schloss die Augen.
»Tut mir leid, Jacob. Das sollte nicht sein.«
»Im Krieg ist nichts so, wie man will, Mr. Steel. Das ist nicht zu ändern.«
Steel ließ die Männer kehrtmachen. Wenn eine Reihe sich nun umdrehte, hätten sie vielleicht noch eine Chance, die Franzosen aus beiden Richtungen abzuwehren. Zumindest eine Weile.
Aber da ahnte er schon, dass es zu spät war. Die weiß uniformierte Infanterie war bereits zu nah herangekommen. Steel warf seine Schusswaffe zu Boden und zog seinen Degen. Während er sich auf das Schlimmste gefasst machte, wehte eine einsame, fremd klingende Stimme aus den Reihen der weißen Soldaten zu ihm herauf.
»Heda, in den Verteidigungen! Seid ihr Engländer?«
Steel knirschte mit den Zähnen. Das war der Gipfel der Beleidigungen. Musste er es sich gefallen lassen, auf diese Weise zur Aufgabe gezwungen zu werden? Eins stand für ihn fest: Kapitulieren würde er nicht.
»Wir sind Schotten!«, rief er hinunter. »Jedenfalls die meisten von uns. Und wir halten die Stellung im Namen von Queen Anne.«
»Dann danken wir Gott, mein Freund. Wir sind
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