Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
vertrauensselige Lächeln einem Stirnrunzeln, denn Jennings richtete die Pistole auf Saunders und betätigte langsam, aber bestimmt den perfekt geschwungenen Abzug. Der Sergeant ging zu Boden. Ein schwarzes, schwelendes Loch klaffte dort, wo ihn die Kugel an der Stirn getroffen hatte.
Ja, es gab wahrlich nur eine Lösung, wie Jennings sich bewusst machte, während er die noch qualmende Pistole nachlud. Er würde das Ende des Kampfes abwarten, jeden erschießen, der so töricht war, ihn hier aufzustöbern, und dann in dem allgemeinen Durcheinander fliehen. Ein Pferd würde er sicherlich irgendwo auftreiben können. Er trug immer noch die Uniform eines britischen Majors. Demnach gehörte er offenbar der siegreichen Armee an. Nach wie vor hatte er die belastenden Briefe bei sich, die Marlborough zu Fall bringen würden. Sein Proviant reichte für mehrere Tage. Und sobald die Franzosen besiegt waren, würde sich ihm in den alliierten Linien niemand mehr in den Weg stellen oder ihn auf seinem Weg zur Kanalküste behindern. Jennings bezweifelte nicht, dass der Sergeant recht hatte. Er konnte bereits englische Stimmen unten in den Straßen hören.
Das Ende stand kurz bevor. Der Major langte nach dem halb vollen Glas Cognac und blickte beim Trinken auf Saunders’ reglosen Körper hinunter. Langsam sickerte das Blut aus der Wunde, die die Kugel beim Austreten am Hinterkopf hinterlassen hatte. Schade drum, dachte er. Der Mann hätte vielleicht das Zeug zum Sergeant-Major gehabt. Was soll’s. Beizeiten ließen sich noch genügend Freiwillige finden.
***
Tom Williams wusste jetzt, dass er seine wahre Berufung gefunden hatte. Er führte seinen Zug Grenadiere schon wie ein erfahrener Veteran durch das Dorf, von Ost nach West. Nach und nach traten sie die Türen der Häuser in den Straßen Blenheims auf. Vier Gebäude hatten sie bereits gesäubert und mehr als fünfundzwanzig französische Gefangene zusammengetrieben. Diese Männer waren kampfesmüde, aber für Williams’ Trupp war es nicht immer einfach gewesen.
Gleich aus dem ersten Gebäude stieg noch der Rauch eines Granateneinschlags. Im Innern war Williams über die verkohlten Überreste eines Franzosen gestolpert. Zwei andere Gegner lagen halb verbrannt am Boden und schrien vor Schmerzen – sie ließen sie liegen. Sie konnten ihnen nicht mehr helfen und weigerten sich, ihnen den Gnadenschuss zu geben. Beim zweiten Haus stießen sie auf erbitterten Widerstand, den die Grenadiere nur durch den Einsatz ihrer Bajonette und Gewehrkolben brechen konnten. Beim dritten Gebäude ergaben die entgeisterten Infanteristen sich sofort bereitwillig und kamen mit erhobenen Händen heraus.
Das war das Soldatentum, von dem Williams immer geträumt hatte. Der Stoff für Geschichten, die sie sich als Jungs erzählt hatten. Geschichten, die seine Fantasie beflügelt hatten, als sein Vater ihm mitteilte, er habe ihm den Eintritt in die Armee erkauft. Für seine Familie mochte er ein hoffnungsloser Fall sein. Aber wenn sie ihn jetzt sehen könnten, würden sie Achtung vor ihm haben.
Er führte zwei Grenadiere zu der geschlossenen Tür eines Hauses an einer Straßenecke ganz im Westen von Blenheim. Durch einen Torbogen weiter unten am Dorfrand konnten sie die Wiesen entlang der Donau sehen. Das Gras war durchtränkt vom Blut toter französischer Dragoner und britischer Rotröcke, die beim ersten Sturmlauf am Morgen gefallen waren. Williams wandte sich an Corporal Taylor.
»Taylor, ich denke, dies hier erledige ich. Ein paar Mann zu mir. Ihr geht mit den Gefangenen weiter. Bringt sie zurück zu Mr. Steel.«
Er trat gegen die Tür und war verblüfft, dass sie nicht nachgab. Sie war verschlossen. Einer der Grenadiere hämmerte mit dem Gewehrkolben auf den Knauf, bis die Tür aufsprang. Im Haus schien niemand zu sein. Kein Laut drang aus dem kühlen Halbdunkel der Stube nach draußen. Der Tisch, bereits für die Frühmahlzeit gedeckt, war seit Tagen nicht mehr berührt worden. Während die Männer ins Innere spähten, sprang eine Ratte von einem der Stühle und flitzte ins Freie. Williams entspannte sich.
»Niemand hier, McCance. Ich schaue noch kurz ins obere Stockwerk. Ihr geht weiter. Und vergesst die Gasse dort nicht.«
Mit gezogenem Degen stieg Williams die Treppenstufen nach oben. Er wähnte das Haus unbewohnt und war davon überzeugt, dass die Besitzer in Eile das Dorf verlassen hatten. Dennoch war er gespannt, was es im oberen Stock zu entdecken gab. Steel hatte ihm einmal von
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