Stefan Bonner und Anne Weiss
Flasche, die er in den Automaten schob, den grünen Knopf für den Pfandrückgabebon. Das Resultat: zwölf einzelne Bons und acht verärgerte Kunden hin-ter ihm. Auf den geduldigen Hinweis einer älteren Dame: »Man kann die Flaschen auch alle nacheinander reinschieben und erst am Ende die grüne Taste drücken«, murmelte der junge Mann: »Laber nich so’n shit, Alte« und trollte sich mit dem frisch gedruckten Pfand-Scheckbuch.
Unwillkürlich stellte sich uns die Frage: Wenn der Deutschland ist – was wird dann aus Deutschland?
Wer erinnert sich nicht an die Werbekampagne »Du bist Deutschland«? In Werbespots oder von Plakatwänden lächelten uns Prominente und Ausnahmetalente wie Rosenbäckchen Kati Witt an, flankiert von einst erfolgreichen deutschen Boxern und bereits ver-storbenen Geistesgrößen. Die Absicht der Kampagne war, wie so oft, eine gute. Der Einzelne sei gefordert, wollte man uns sagen. Es kom me auf individuelle Fähigkeiten, Wagemut und Initiative an. Habt Mut, suggerierten uns die prominenten Köpfe, wenn jeder von euch sich verantwortlich fühlt, dann schaffen wir das schon.
Bei der Generation Doof dürfte diese Aufforderung zum Arschhochwuchten auf taube Ohren gestoßen sein. Verantwortung und Eigeninitiative sind für unsere Generation schlimmer als ein Betriebsausflug mit dem Finanzamt. Wir sind zwar mit vielem unzu frieden, aber letztendlich sind wir froh, wenn sich ein anderer um die Probleme unseres Landes kümmert. Denn nur dann können wir die Nachmittage vor der Playstation wirklich genießen.
Eine BRAVO-Umfrage ergab: Jeder zweite Jugendliche hat kei ne klare Vorstellung davon, wo es in Zukunft mit ihm hingehen soll. Die Orientierungslosigkeit treibt komische Blüten. Viele haben das Gefühl, dass sie nur noch zwischen Extremen wählen können. So antwortete eine Talkshow-Teilnehmerin auf die Frage nach ih rem Berufswunsch: »Entweder hier, wie heißt es noch, Hartz oder so oder Superstar.«
Beispielsweise dümpeln viele von uns in eine ungewisse Zukunft, wenn sich in den Lebensbereichen, die wir untersucht haben, nicht bald etwas ändert: Was sich die junge Dame aus der Talkshow in Wirklichkeit wünscht, ist kein Job, sondern automatischer Geldfluss und möglichst viel Freizeit. Von Letzterem besitzen wir mehr als frühere Generationen, die von morgens bis abends ackern mussten. Inzwischen gibt es sogar schon Studiengänge zum Thema »Freizeitwissenschaft«. Nicht ohne Grund: Rund 120 Milliarden Euro gaben die Deutschen im Jahr 2006 für Freizeit, Unterhaltung und Kultur aus, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. Und das war rund eine Milliarde mehr als im Vorjahr. Freizeit nimmt also einen beträchtlichen Teil unseres Lebens ein und saugt das Geld aus unserem Portemonnaie.
Trotzdem verbringen wir unsere Mußestunden überwiegend passiv, ohne wirklich von ihnen zu profitieren. So ist Fernsehen ungebrochen Freizeitbeschäftigung Nummer eins. Die Generation Doof könnte die viele freie Zeit jedoch sinnvoller nutzen als für ein Date mit Dr. McDreamy aus Grey’s Anatomy. Um unser eigenes Le-ben aktiv zu gestalten, müssen wir schon von der Couch aufstehen, auf der es so kuschelig und bequem ist. Damit wir uns dann aber auch in der Welt außerhalb der Seifenopern zurechtfinden, müssen wir vielfach noch eine Menge dazulernen.
Vor allem ihre Bildung vernachlässigt die Generation Doof oft sträflich. Die allseits beliebte Popkultur hat die Beschäftigung mit »ernsten« und »anstrengenden« Inhalten unattraktiv werden lassen. Dennoch ist Bildung für unsere Generation und unser Land wichtig. Wollen wir den Lebensstandard halten, den wir haben, und uns unsere Wünsche erfüllen, ist Bildung die einzige Chance und Fernsehen der tote Gaul, der uns nirgendwohin bringt. Wissen ist die wichtigste Ressource Deutschlands, ohne Experten und echtes Talent fallen wir international zurück.
»Jeder Job ist zumutbar. So bin ich auch an meinen gekommen.« Harald Schmidt Wenn Sie uns Autoren fragen, was wir anders machen müssen, müssten wir eigentlich antworten: Woher sollen wir das wissen? Wir zählen uns immerhin auch zur Generation Doof.
Dennoch können wir mit an Sicherheit grenzender Wahrschein lichkeit sagen: Hirnlosigkeit, Ignoranz, Naivität, Leichtgläubigkeit und Torheit hat es immer gegeben und wird es immer geben. Dummheit ist ein weites Feld, und sie ist universal. Der Tag, an dem es keine Doofen mehr gibt, wird vermutlich der sein, an dem Straßentauben unter Naturschutz
Weitere Kostenlose Bücher