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Stefan Zweig - Gesammelte Werke

Stefan Zweig - Gesammelte Werke

Titel: Stefan Zweig - Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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du leugnen die Schrift?
    JEREMIAS:
    Doch es stehet auch geschrieben daselbst: »Wenn ihr stille bleibet, würde euch geholfen, durch Stillesein und Hoffen werdet ihr stark sein.«
    STIMMEN:
    Ja, so ist es geschrieben… er redet wahr… ja, so ist es geschrieben… weise ist sein Wort… nein, er drehet es zu seinem Sinne.
    HANANJA:
    Unheiligem Krieg ist es gesagt, Zwist der Geschlechter Israels! Doch dies ist ein heiliger Krieg, ein Gotteskrieg ist es, Jerusalem, um deines ewigen Namens willen, ein Gotteskrieg, ein Gotteskrieg!
    JEREMIAS:
    Abtut Gottes Namen vom Kriege, denn nicht Gott führet Krieg, sondern die Menschen! Heilig ist kein Krieg, heilig ist kein Tod, heilig ist nur das Leben.
    BARUCH:
    Du lügst! Du lügst! Das Leben ist uns einzig gegeben, daß wir es hinopfern für Gott und seinen Geist. Ich will mich opfern auf seinem Altare, ich will sinken vor seinen Feinden, ich will sterben für Israel und seine Herrschaft auf Erden. Nie wird Israel besiegt sein, wenn alle meines Sinnes sind!
    HANANJA:
    Nie wird es besiegt sein, solang die Sterne vor Gott leuchten, doch in dreien Monden wird Babel in unsere Hand gegeben sein, so wir ausziehen mit Ägypten.
    STIMMEN (jauchzend):
    In drei Monden… Heil Hananja… höret ihn… in drei Monden…
    HANANJA:
    Israel wird siegen, gegen tausend und tausend.
    BARUCH:
    Angst streut er aus, wie sie ihm Gold streuten.
    STIMMEN:
    Israel über den Völkern… auf wider Assur… Krieg… Krieg… nein, Friede… Friede über Israel… Krieg… Krieg… für Assur spricht er… ein Verräter… sind die nur wahrhaft, die Krieg schreien?… gekauft ist er… übereilet nicht…
    BARUCH:
    Ins Weiberhaus mit dem Feigling! Ins Weiberhaus!
    EIN WEIB (Jeremias anspeiend):
    Schmach wär er für uns! Da dem Manne, der sich verkriecht und uns schändet! Krieg… Krieg wider Assur!
    JEREMIAS (in Zorn ausbrechend):
    Wer bist du, die du so brünstig bist nach dem Blute? Hast du deine Lenden aufgetan für das Grab und deine Kinder gesäugt für die Grube? Fluch über den Mann, der nach Blut schreit, aber siebenmal Fluch über die Frauen, die brünstig sind nach dem Kriege, denn die Frucht ihres Leibes wird er fressen, und die Knechte Assurs werden worfeln um sie und um ihr Gewand. Klageweiber werdet ihr sein und mit den Nägeln zerren an euren Wangen, schrill Heulen wird aus euren Zähnen brechen, die gespien wider mich und wider den Frieden…
    STIMMEN (Weiber):
    Wehe… wehe… höret den Fluch… unsere Söhne… wehe… wehe… der Furchtbare… wehe…
    BARUCH:
    Die Frauen schreckst du, du Zagherziger, doch die Männer nicht. Hinunter mit dir!
    EINIGE KRIEGER:
    Hinunter! Jagt ihn in die Gasse!
    HANANJA:
    Sperrt ihm den Mund!
    STIMMEN:
    Fort… er verstört die Frauen… fort… genug Unheil gekündet… kalt ward mein Gebein, da er sprach… er schweige… schweige…
    JEREMIAS:
    Ich schweige nicht, ich schweige nicht, denn in mir schreit Jerusalem! Jerusalems Mauern stehen in meinem Herzen, und sie wollen nicht sinken, Israels Lande blühen in meiner Seele, und ich will sie behüten! Dein eigen Blut schreiet aus mir, Jerusalem, daß es nicht vergossen werde, dein Same, daß er nicht versprengt werde, deine Steine, daß sie nicht stürzen, und dein Name, daß er nicht vergehe! Halte dich fest, du Schwankende, und birg deine Kinder an dich, höre, Jerusalem, des Warnenden Stimme höre, meine liebende Angst, meine ängstende Liebe höre! Höre sie, Zion, du Gottesburg, und wahre den Frieden, wahre den Frieden…
    STIMMEN (jetzt im vollen Widerstreit):
    Ja… Gottes Friede über Israel… Verräter… Gekaufter… Gottes Friede über uns… meine Söhne will ich bewahren… Krieg… Krieg wider Assur… dem König die Entscheidung… ein Verräter… wir wollen in Frieden leben… feige ist er… gekauft… Krieg… Friede… Hananja sagt die Wahrheit… nein Jeremias… wir glauben ihm… recht redet er… Krieg… nein… zerbrechet das Joch… Krieg… Friede…
    (EIN GETÜMMEL erhebt sich in der Richtung des königlichen Palastes, eine Gruppe Menschen kommt mit Abimelech in der Mitte, der schwertlos aus der Säulenhalle stürzt.)
    DIE STIMMEN DER NAHENDEN:
    Verrat… Verrat… Verrat in Israel.
    (DIE MENGE läßt ab von dem Streite um Jeremias.)
    STIMMEN:
    Was ist geschehen… Abimelech… was ist ihm widerfahren… vom Könige kommt er… Abimelech… Zorn schattet seine Brauen… was ist geschehen.
    ABIMELECH (vorne auf den Stufen, neben Jeremias):
    Verkauft ist Israel von den

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